Der Kreis der Dämmerung 02 - Der Wahrheitsfinder
Tür auf.
Mit Rebekka an der Hand lief er in einen weitläufigen Garten mit gepflegten Rasenflächen. Bäume und Büsche schirmten das Areal gegen neugierige Blicke von außen ab. Das Paar rannte einen Kiesweg entlang. David hatte eine Pforte entdeckt. Einen Hinterausgang. Die Rettung! Gleich hatten sie es geschafft.
Höchstens zehn Meter vor dem Ausgang sprangen zwei Männer hinter den beiderseits des Weges stehenden Büschen hervor. Rebekka stieß einen Schrei aus.
»Überlass das mir«, sagte David schnell, ließ ihre Hand los und näherte sich den beiden Sicherheitsbeamten. In diesem Moment krachte es in seinem Rücken. Die Tür des Konferenzraums hatte unter den Hieben der Verfolger nachgegeben. In Kürze würde er es mit sechs, wahrscheinlich sogar noch mehr Gegnern zu tun haben.
Einer der Wachleute, ein stämmiger Mann mit pomadigem dunklem Haar, stürzte sich auf David. Der bog sich wie ein Schilfrohr im Wind und kehrte den Schwung des Angreifers gegen diesen selbst. Der Pomadenkopf bekam einen trockenen Schlag hinter das Ohr ab. Er landete hart und blieb wie ein nasser Sack liegen.
Der Partner des eben Gescheiterten war ein deutscher Norm-Arier: groß, v-förmiger Körperbau, blond und blauäugig. Er grinste und hielt sich auf Abstand, versperrte allerdings den Fluchtweg. Vom Gebäude her kam bereits Verstärkung. David musste sofort handeln.
»Lauf um ihn herum zum Tor!«, rief David seiner Frau zu und deutete mit dem Arm nach rechts.
Zwei Personen zugleich konnte der Herrenmensch nicht den Weg verstellen. Diese Erkenntnis verwirrte den Mann gerade lange genug, um David Gelegenheit zum Angriff zu geben. Während der Wachmann der flüchtenden Frau nachblickte, packten zwei Hände zu und hebelten ihn aus dem Gleichgewicht. Bevor noch der blonde Eliteagent richtig am Boden aufkam, war er auch schon betäubt.
Sofort stürzte David seiner Frau hinterher, die gerade das Gartentor erreichte. Der Ausgang führte auf eine Nebenstraße, die – angesichts des Tumults an der Vorderseite des Anwesens – erstaunlich leer war. David packte wieder Rebekkas Hand und riss sie nach rechts. Mehrmals schrie sie vor Schmerz auf, wenn ihre nur mit Seidenstrümpfen bekleideten Füße auf einen spitzen Stein traten. Aber Rebekka war tapfer und lief weiter.
Fieberhaft suchte David nach einem Ausweg aus einer eigentlich aussichtslosen Situation. Im Laufen blickte er sich wieder um. Sieben oder acht Verfolger schossen gerade aus dem Garten heraus, kamen auf dem Pflaster schlitternd zum Stehen, um sich einen Augenblick lang zu orientieren. Dann setzten sie die Verfolgung fort. Notfalls würde David seine besonderen Gaben einsetzen, aber bei den immer neu auftauchenden Sicherheitsleuten war der Erfolg eher ungewiss.
Wie zur Bestätigung erschienen jetzt auch direkt vor dem Paar vier oder fünf Polizisten. Schwer atmend blieb David stehen. Wohin sollte er sich wenden?
»Tu doch etwas, David!«, drängte Rebekka.
Plötzlich sah er das sich nahende Auto. Ein schwarzer Wagen mit hoher kastenförmiger Fahrgastzelle, ausladenden Kotflügeln und schnauzenförmiger Motorhaube – ein Taxi!
Hastig zog David seine Frau auf das Kopfsteinpflaster, mitten auf die Straße. Der Wagen blieb mit quietschenden Reifen unmittelbar vor ihnen stehen, ein rundes Gesicht lugte aus dem Seitenfenster und ein Mann fragte in breitestem Bayerisch, ob die beiden Herrschaften denn völlig übergeschnappt seien.
Anstatt zu antworten, riss David die hintere Tür auf, stieß Rebekka in den Wagen und rief, bevor er sich ebenfalls in den Fond warf, dem konsternierten Chauffeur zu: »Fahren Sie sofort los, es ist lebenswichtig!«
Der bayerische Taxifahrer gehorchte. Vermutlich hatte er gedient und war es gewohnt, Befehle schnell und ohne Widerspruch zu befolgen. Dank Davids unkonventionellem Auftritt waren dem ahnungslosen Mann die hektisch auf dem Trottoir umherlaufenden Gestalten noch gar nicht aufgefallen. Gerade schickten sich drei der zivilen Sicherheitsbeamten an, auf die Straße zu stürmen. David blieb fast das Herz stehen. Der Fahrer würde wieder auf die Bremse steigen. Dann war alles verloren. Ohne lange nachzudenken, setzte er seine Verzögerer-Gabe ein, um das Unglück abzuwenden: Die Geheimdienstler verfielen abrupt in extreme Zeitlupe, fast standen sie still.
Was denn mit denen los sei, fragte verwundert der Chauffeur, als sein Automobil an dem Beinahe-Standbild vorbeirollte.
»Vielleicht ist den Herren gerade eingefallen, dass sie noch
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