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Der Kreis der Dämmerung 02 - Der Wahrheitsfinder

Titel: Der Kreis der Dämmerung 02 - Der Wahrheitsfinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Name aufgefallen: Karl Adolf Eichmann. Der SS-Obersturmbannführer leitete das Referat IV B 4 im Reichssicherheitshauptamt. Er schien ein Technokrat zu sein, keiner, der mit der Pistole herumlief und wahllos Leute erschoss. Eher schon ein »braver« Beamter, der im nationalsozialistischen Tötungssystem akribisch darauf achtete, seine Deportations- und Vernichtungsquote zu erfüllen. Vielleicht war es gerade diese »Banalität des Bösen«, die David beim Studium diverser Geheimdienstberichte auf Eichmann aufmerksam werden ließ. Er legte ein Dossier in seinem – weitestgehend aus dem Gedächtnis rekonstruierten – neuen Schattenarchiv an. Eichmann war für den Kreis der Dämmerung ein idealer Vertreter des erwünschten »neuen« Menschentypus: Mit der Gewissenhaftigkeit eines preußischen Beamten plante, verwaltete und überwachte er die Ausrottung der eigenen Art.
    Die meisten Geheimdienstinformationen, die David während der gemeinsamen Sitzungen mit General Douglas MacArthur aufschnappte, betrafen verständlicherweise das unmittelbare Kriegsgeschehen.
    Nachdem Hitler den Pakt mit Stalin gebrochen und die Sowjetunion angegriffen hatte, starben seine Soldaten nun in den Weiten Russlands. Wer nicht von gegnerischen Geschossen getötet wurde, erfror einfach. Die Wende hatte sich bereits im Februar 1943 abgezeichnet, als der jämmerliche Rest der sechsten Armee von General Paulus im Kessel von Stalingrad hatte kapitulieren müssen. Von seinen zweihundertfünfzigtausend Soldaten war der größte Teil gefallen. Einige Tage später rief Joseph Goebbels im Berliner Sportpalast den »totalen Krieg« aus. Es sollte eine totale Niederlage werden. Spätestens nach der Landung der Alliierten in der Normandie am 6. Juni 1944 gab es daran keinen Zweifel mehr. Auch neue Wunderwaffen der deutschen Wissenschaftler wie die berüchtigte V2-Rakete konnten für Hitler das Kriegsglück nicht mehr wenden. Angesichts dieser Situation musste er wohl den Entschluss gefasst haben, möglichst viele mit in den Untergang zu reißen. Vielleicht wollte er auch einfach nur seine Sünden vertuschen. Jedenfalls befahl er die Konzentrationslager auszuräumen und deren Insassen in erbarmungslosen Todesmärschen Richtung Ostsee zu treiben, wo die Menschen, die ihm so zuwider waren, in Schiffe gepfercht und mit diesen versenkt werden sollten.
    Auch mit denen, die ihm widerstanden hatten, rechnete er ab. Noch war Davids Herz gefühllos, sonst hätte er die Nachricht vom Tode Hans Osters und Wilhelm Canaris’ wohl nur schwer ertragen können. Man hatte die beiden bereits nach dem Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944 verhaftet. Nun, nur einundzwanzig Tage bevor der »Führer« selbst die Welt von seiner Existenz erlöste, waren sie von einem Standgericht verurteilt und im KZ Flossenbürg hingerichtet worden.
    So total wie der Krieg, den Hitler gefordert hatte, fiel am Schluss auch seine Niederlage aus. Der »Führer« der Deutschen schied am 30. April 1945 aus dem Leben. Angeblich von eigener Hand. Die Umstände seines Todes blieben jedoch ungeklärt. Es ging das Gerücht, Hitler habe sich erschossen, nachdem die sowjetische Flagge von Rotarmisten auf dem Reichstag gehisst worden war.
    Anschließend habe man, seiner persönlichen Anordnung folgend, die Leiche im Garten der Reichskanzlei verbrannt.
    Nun führerlos, wurde aus dem »Deutschen Volkssturm« – einem Millionenhaufen aus Halbwüchsigen, Alten und Kranken – innerhalb kürzester Zeit eine Volksflaute. Zwei Tage nach Hitlers Tod kapitulierte Berlin, am 7./8. Mai 1945 das Dritte Reich.
    Leider war damit der Krieg für David und die im Pazifik kämpfenden Verbände noch nicht zu Ende.
    »Diese verbohrten Japaner hängen mir allmählich zum Hals heraus. Offenbar werden sie erst aufgeben, wenn wir den Letzten von ihnen umgebracht haben«, kommentierte General MacArthur den unbezwingbaren Kampfeswillen des Gegners auf die ihm eigene Art.
    »Dieser Satz ist ein klassisches Paradox«, sagte David nachdenklich.
    »Für die Japaner anscheinend nicht. Sie sollen ja sehr aufmerksame Ahnen haben. Vielleicht unterschreiben die dann die Kapitulationsurkunde. Ich verstehe nicht, dass diese Leute so stur sind.«
    David hatte dem General schon oft zu erklären versucht, was einen amerikanischen Soldaten von einem japanischen unterschied. Die Söhne Nippons kämpften für ihren Tenno, einen Gott! Man hatte ihnen von klein auf eingetrichtert, dass es keine größere Ehre gebe, als für diesen zu sterben.

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