Der Kreis der Dämmerung 02 - Der Wahrheitsfinder
aussah wie ein Japaner, konnte von Glück sagen, nicht sofort gelyncht zu werden. Tatsächlich wurde bald jeder dritte US-Bürger japanischer Herkunft interniert. Aus Sicherheitsgründen schaffte man sie größtenteils weit ins Landesinnere. Ihres Besitzes beraubt, in Lagern eingesperrt, büßten einmal mehr Unschuldige für die Torheit anderer.
Danach sollten nur zwei weitere Tage vergehen, bis sich die Vereinigten Staaten im Kriegszustand sowohl mit Japan als auch mit den Achsenmächten befanden. Spätestens jetzt war aus den verschiedenen »Interessen« einer Hand voll Diktatoren ein weltumspannender Konflikt geworden. Der Zweite Weltkrieg.
Auf Henry Luce musste die Entscheidung wie eine fixe Idee wirken, ausgebrütet vom unreifen Hirn eines Pennälers. David hatte immer von dem tiefen Abscheu gesprochen, den jede Art von bewaffnetem Konflikt in ihm weckte – eine unmittelbare Folge seiner Erlebnisse im Ersten Weltkrieg. Und nun wollte er als Kriegsberichterstatter in den Pazifik gehen. Henry verstand die Welt nicht mehr. Es war ja selbst für David schwierig, den eigenen Entschluss mit logischen Argumenten zu begründen. Sein Gefühl hatte ihn vor allem dazu gedrängt. Die Arbeitsexzesse in New York konnten sein Dasein nicht mit Sinn erfüllen. Sie waren nur ein Betäubungsmittel. Vielleicht begann er sogar wieder zu hoffen, seine Bestimmung doch überlisten und an irgendeinem Kriegsschauplatz vorzeitig aus dem Leben scheiden zu können. Er vermisste Rebekka so sehr!
Am 28. Dezember 1941 verließ er von San Diego aus die Vereinigten Staaten in Richtung Hawaii. Als der britische Staatsbürger David Pratt gehörte er zu den drei Zivilisten, die auf der USS Kansas als Kriegsberichterstatter mitreisten.
In Pearl Harbor sah er mit eigenen Augen die Zerstörungen des japanischen Angriffes. Hawaii sollte dann auch für David zum Startpunkt einer mehrjährigen Odyssee werden, die ihn fast durch den gesamten pazifischen Raum führte. Er berichtete aus Neu-Kaledonien, von den Fidschi- und den Midway-Inseln und kreuzte sogar in den eisigen Gewässern der Aleuten.
Weil die Alliierten den Krieg in Europa mit höherer Priorität behandelten, konnte Japan zunächst weite Gebiete Südostasiens und Ozeaniens erobern. Mitte 1942 – die Japaner hatten inzwischen die Philippinen, Indochina, Burma und Niederländisch-Indien besetzt – lernte David einen ziemlich frustrierten Oberbefehlshaber der alliierten Streitkräfte im Pazifikraum kennen, einen gewissen General Douglas MacArthur.
Der Zweiundsechzigjährige aus Little Rock, Arkansas, hatte schon das angenehme Leben eines Pensionärs genossen – Angeln, Taubenschießen, Golf, eben das Übliche –, als der Krieg dazwischenkam und er wieder in den aktiven Dienst berufen wurde. General MacArthur war kräftig gebaut, groß und dunkelhaarig. Sein Gesicht verriet Entschlossenheit, auch wenn er sich nur eine Havannazigarre ansteckte. Er war rundum eine imponierende Erscheinung. Gab er eine Anweisung, dann kuschte jeder. Natürlich konnte er dies in seiner Funktion als Oberbefehlshaber auch erwarten, aber David hegte keinerlei Zweifel daran, dass Douglas MacArthur selbst ohne seine khakifarbene Generalsuniform nur wenig Widerspruch erfahren hätte. Er besaß einfach jene natürliche Autorität, die man selbst auf den besten Eliteschulen nicht erlernen kann.
David machte bald die Erfahrung, dass General MacArthur, wenn man ihn nicht gerade reizte oder enttäuschte, ein sehr umgänglicher Mensch sein konnte. Zwar wurde er hin und wieder Zeuge seiner gelegentlichen Zornausbrüche, aber da stets andere Personen davon betroffen waren, focht ihn das nicht an.
Das erste Treffen der beiden Männer fand Anfang Juni auf den Midways statt. David hatte die zurückliegenden Wochen in Gesellschaft von Admiral Chester William Nimitz zugebracht, dem Oberkommandierenden der Pazifikflotte. Unter den schwimmenden Unterkünften, die er bis dahin schon hatte »genießen« dürfen, war Nimitz’ gewaltiges Flaggschiff, die USS Missouri, eine vergleichsweise sichere Burg. Vor den Midway-Inseln konnte aber selbst diese Festung David kein rechtes Vertrauen einflößen. Zwischen der Flotte von Admiral Nimitz und den Japanern war nämlich eine mörderische See- und Luftschlacht entbrannt. Der commander-in-chief brachte seinem Gegner zehnmal höhere Verluste bei, als die USA in Pearl Harbor erlitten hatten. Allein vier japanische Flugzeugträger wurden von seinem Flottenverband bei den Midways
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