Der Kreis der Dämmerung 02 - Der Wahrheitsfinder
versenkt.
Nach der erfolgreichen Verteidigung dieses pazifischen Vorpostens gewährte General MacArthur David am Ort des triumphalen Sieges ein ausführliches Interview. Aus dieser ersten Begegnung ergaben sich bald weitere, später sogar regelmäßige Gespräche. Zunächst hatten diese noch offiziellen Charakter, aber bald zeigte Davids einnehmendes Wesen auch bei dem hartgesottenen Militär Wirkung. General MacArthur entschlüpften vermehrt Redewendungen wie »Was hätten Sie an meiner Stelle angeordnet?« oder »Ziemlich kniffliges Problem, was? Wie denken Sie darüber?«.
Plötzlich war wieder Davids Meinung gefragt. Und ohne recht zu merken wie, kehrte er langsam ins Leben zurück. Rebekka blieb natürlich unvergessen. Ihr Schicksal erfüllte ihn nach wie vor mit Bitternis und er hatte sogar all seine Kraft aufwenden müssen, um nicht zum Zyniker zu werden. Doch nun nahm er wieder am Geschick anderer Anteil.
Während die Alliierten 1943 mit einer Großoffensive im Südwestpazifik den Japanern Insel für Insel entrissen – General MacArthur nannte diese militärische Strategie wörtlich »Froschhüpfen« –, wurde über die diversen Kanäle der angloamerikanischen Geheimdienste der Name eines »Superagenten« weitergegeben, der hinter einer vielleicht kriegsentscheidenden Aktion steckte. In den letzten Monaten war es den deutschen U-Booten nämlich zusehends schwerer gefallen, die alliierten Versorgungskonvois auf dem Atlantik zu attackieren. Diese so genannten Geleitzüge waren gewissermaßen Seekarawanen und bestanden überwiegend aus Frachtschiffen und Tankern, eskortiert von Kriegsschiffen. Der britische Geheimdienst hatte einige sensible Informationen erhalten. Die Deutschen, aufmerksam geworden, machten undichte Stellen in den eigenen Reihen dafür verantwortlich. Unmöglich erschien es ihnen dagegen, dass jemand ihre wundersame Verschlüsselungsmaschine Enigma entzaubert haben könnte.
Als die Geschichte vom »britischen Wunderknaben David Pratt« endlich auch General Douglas MacArthurs Trommelfell zum Zittern brachte, spielte der General zunächst den Beleidigten.
»Warum haben Sie mir nichts davon erzählt, David? Da denke ich die ganze Zeit, mich mit einem Time-Reporter zu unterhalten, und dabei ist der Mann ein Geheimagent Ihrer Majestät.« Mit den Vornamen sprachen sich die beiden Männer nur an, wenn sie unter sich waren.
»Ich habe meinen Dienst bei den Government Communications Headquarters im Mai ‘41 quittiert, Dough. Sie wissen doch, meine Frau ist von der SS ermordet worden. Als ich davon erfuhr, habe ich mich ins Privatleben zurückgezogen.«
»Um dann auf amerikanischen Kriegsschiffen über den Pazifik zu schippern. Klingt nicht sehr überzeugend, David.«
»Denken Sie etwa, ich bin hier, um für die Briten zu spionieren?«
»Ach, Unsinn. Ich weiß auch, wie ungern die eine Seite die Verbindungsoffiziere der anderen in den eigenen Schnüffelstuben sieht, aber am Ende ziehen wir doch alle an einem Strang. Wenn ich mir je bei einem Mann sicher war, dass er kein Spion ist, dann bei Ihnen.«
»Das freut mich, Sir.«
David seufzte. Wenn es die Geheimdienste nicht gäbe, wüsste man gar nicht, wie man Informationen verbreiten sollte. Er hoffte nur, nicht irgendwann ein Geschichtsbuch in die Hand zu bekommen, in dem eines der Kapitel mit dem Titel überschrieben war »Wie David Pratt die Enigma besiegte«.
»Ich mag Geheimdienstleute eigentlich nicht besonders«, gestand General MacArthur. Zwischen seinen Zähnen steckte eine dicke qualmende Zigarre. »Obwohl mir natürlich klar ist, dass wir in einem solchen Krieg nicht ganz ohne sie auskommen. Deshalb muss ich gelegentlich auch an Konferenzen mit diesen Leuten teilnehmen. Könnten Sie sich vorstellen, mir dabei hin und wieder als Berater zur Seite zu stehen, David?«
»Ist das ernst gemeint, Sir?«
»Ich scherze selten, David.«
»Das stimmt allerdings. Ich weiß nicht… Im Grunde bin ich nur ein kleiner Analytiker, der zuerst japanische und dann später deutsche Funksprüche geprüft und…«
»Sie sprechen Japanisch?«, unterbrach General MacArthur seinen Gesprächspartner erstaunt.
»Hatte ich das noch nicht erwähnt?«
»Je mehr ich über Sie erfahre, David, desto geheimnisvoller werden Sie mir. Nein, was Sie in Bletchley Park getrieben haben, ist mir völlig egal. Ich glaube, nicht einmal Sie wissen, was in Ihnen wirklich steckt. Das mit Ihren Japanischkenntnissen gefällt mir jedenfalls sehr. Ich möchte, dass Sie mir
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