Der Kreis der Dämmerung 02 - Der Wahrheitsfinder
ab sofort jederzeit zur Verfügung stehen.«
»Darf ich Sie daran erinnern, dass ich Zivilist bin, Dough, noch dazu ein britischer?«
»Das ist mir sch… so egal Wenn es Sie nicht stört – mich nämlich überhaupt nicht.«
David dachte nur einen Moment über dieses überraschende Angebot nach, dann antwortete er: »Unter einer Bedingung, Dough.«
Der General nahm seine Zigarre aus dem Mund und grinste. »Das ist ja mal was Neues. Sonst stelle ich immer die Bedingungen.«
»Ich möchte gehen können, wann immer es mir beliebt.«
»Auch mitten im Gefecht?«
»Sollte mir in einem solchen Augenblick der Sinn danach stehen: ja, Sir.«
General Douglas MacArthur nickte auf eine Art, wie es nur Berufssoldaten zu tun pflegten. »Abgemacht. Dann sind Sie ab heute mein Japan-Berater.«
Mit dem neuen Aufgabengebiet erschlossen sich David nun Informationsquellen, zu denen er vorher keinen Zugang gehabt hatte. Die meisten Nachrichten waren jedoch eher Besorgnis erregend als tröstlich. Wenn man einmal davon absah, dass Japan im Pazifik und die Achsenmächte auf der anderen Seite des Erdballs immer weiter vor den Alliierten zurückweichen mussten, brachte jeder Tag neue Schrecken.
Der Fortschritt in der Technik machte den Krieg nicht humaner. Das Gegenteil war der Fall. Immer wieder musste David an Web Miller denken, der von der »unfassbaren Widerlichkeit und Sinnlosigkeit des Krieges« gesprochen hatte. Und dennoch hätten wohl selbst die Überlebenden des Großen Krieges nicht geglaubt, dass sich dessen Perversität noch steigern ließ. Das gelang nun Hitler und seinem Gefolge.
Am 20. Januar 1942 hatte Reinhard Heydrich mit Parteifunktionären und Ministerialbeamten in Berlin-Wannsee einen teuflischen Plan unter dem Titel »Endlösung der Judenfrage« ausgeheckt. Was so bürokratisch unschuldig klang, war in Wirklichkeit der Auftakt zur Industrialisierung des Mordens – die Nazis bedienten sich gerne einer vordergründig rationalen Sprache und benahmen sich dann tierischer als jedes Tier.
Konzentrationslager, die – zumindest der Propaganda nach – der »Umerziehung« von Menschen dienten, tatsächlich jedoch nur zur Ausbeutung ihrer Arbeitskraft, wurden nun in hoch effiziente Vernichtungsanlagen umgewandelt. Kaum zwei Monate nach der Wannsee-Konferenz kamen Juden aus südpolnischen Ghettos nach Belzec. Hier wie auch bald in Sobibor und Treblinka wurden Menschen dann wie am Fließband ermordet.
Weil Erschießungen und die – vorzugsweise für die Tötung Behinderter eingesetzten – Giftinjektionen nicht effektiv genug erschienen, hatten die Nazis schnell eine wirkungsvollere Methode ersonnen: die Massenvergasung. Als David zufällig einen Geheimdienstbericht aus Auschwitz-Birkenau in die Hände bekam, war er, so befremdend das klingen mag, froh, Rebekka nicht mehr unter den Lebenden zu wissen.
Auschwitz ist das größte Konzentrations- und Vernichtungslager. Es besteht aus drei räumlich voneinander getrennten Hauptlagern. Bei der Ankunft in Auschwitz II werden die Häftlinge zunächst »selektiert«, das heißt in solche unterschieden, die entweder arbeitsfähig oder der »Sonderbehandlung« zuzuführen sind. Für Letztere stehen mehrere »Duschräume« zur Verfügung, in Wirklichkeit handelt es sich um Gaskammern. Vier davon sind gleich direkt einem Krematorium angeschlossen. Bei den ersten »Probevergasungen« im September ‘41 wurden sowjetische Gefangene unter dem Vorwand der »Entlausung« in die hermetisch abgedichteten Räume geschickt. Inzwischen wissen wohl die meisten »Selektierten« , was sie in den »Duschräumen« erwartet: Die Häftlinge müssen sich ihrer Kleidung entledigen, Frauen bereits vorher auch ihres (industriell nutzbaren) Haars. Anstatt Wasser tritt Zyklon B, ein tödliches Gas, das sich in der Ungezieferbekämpfung bewährt hat, aus den Duschköpfen. Durch ein kleines Fenster in der Tür vergewissern sich die für die Vergasung verantwortliche Aufsichtsperson, ob alle Häftlinge vorschriftsmäßig den Tod gefunden haben. Daraufhin schickt man andere Gefangene mit Zangen in den Raum, um den Toten die Gold-Zähne herauszubrechen. Die Leichname werden ins Krematorium geschafft und verbrannt. Die Gesamtkapazität der Vernichtungsanlage in Auschwitz liegt bei 20 000 Tötungen pro Tag.
Durch den »Endlösungs«-Beschluss wurden die Nazis der Last der Einzelverurteilungen enthoben. David war bei der Beschäftigung mit der ganzen Angelegenheit mehrmals ein bestimmter
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