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Der Kreis der Dämmerung 03 - Der weiße Wanderer

Titel: Der Kreis der Dämmerung 03 - Der weiße Wanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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größte der fünf Nebenflüsse des Indus, klärte Balu seinen Chauffeur während der Fahrt auf. Daher trage die Region auch den Namen Punjab, also »Fünfstromland«. Die Zahl fünf spiele bei den Sikhs eine sehr große Rolle, wie das Beispiel der »fünf K« ja anschaulich zeige. David machte sich seine eigenen Gedanken zur Khalsa, zum Kara, dem eisernen Kreis und…
    »Wie heißt in der Khalsa doch gleich der Säbel?«
    »Kirpan. Wieso?« Balu war von der Frage offenbar überrascht.
    »Ich brauche einen neuen Namen. Als David Pratt würde ich uns beide nur unnötig in Gefahr bringen. Der Säbel steht doch für ›Rechtschaffenheit zur Verteidigung des erhabenen Weges der Wahrheit‹ richtig?«
    »Und für Würde und selbstlosen Mut.«
    »Was hältst du von dem Namen Dan Kirpan?«
    »Dan?«
    David lächelte viel sagend. »Ein Wortspiel. Wie du vielleicht weißt, ist der Name im englischen Sprachraum weit verbreitet, aber eigentlich kommt er aus dem Hebräischen und heißt so viel wie ›Richter‹.«
    »Der Richter mit dem Schwert der Gerechtigkeit. Wir Hindus schätzen Namen, die etwas über ihren Träger aussagen.«
    »Dann gefällt er dir?«
    »Er passt zu dir, wenn er mich auch mit Sorge erfüllt.«
    David blickte Balu verärgert an. »Du musst nicht befürchten, dass ich zu einem Amokläufer werde und mit meinem katana massenhaft Hälse durchschneide.«
    Balu erwiderte betrübt den trotzigen Blick. »Nein, das ist es nicht, was mir Sorgen bereitet, Sahib. Aber du hast einen jüdischen Namen gewählt, einen, der dich an deine Frau erinnert und in dem das Wort ›Rache‹ anklingt.«
    David wich einem Schlagloch aus und heftete den Blick wieder auf die Straße. Auf Balus Bemerkung antwortete er nicht.
     
     
    Gegen Abend erreichten sie ein kleines Dorf, das nur aus wenigen flachen Hütten bestand. Es lag direkt am Flussufer. David sah weder ein Ortsschild noch die in Amritsar allgegenwärtigen Stromleitungen. Vermutlich waren die Menschen hier zu arm, um sich derartigen Luxus leisten zu können. Dicht an dem träge dahinfließenden Gewässer stand ein weiß getünchtes Backsteinhaus, das etwas stabiler aussah als die ärmlichen Lehmhütten ringsum. Hinter dem Gebäude, genau in der Flussmitte, war eine Insel zu erkennen.
    »Die Kushtha-Insel«, sagte Balu. Seine gute Laune vom Nachmittag war wie weggeblasen.
    »Lass uns bei dem weißen Haus dort nachfragen, wie man hinüberkommt.«
    »Tu es nicht, Sahib.«
    »Doch, Balu.«
    »Du wirst zerfressen werden und sterben.«
    »Ein sehr boshafter Mensch hat mir einmal eine gewaltige Dosis Clostridium tetani injiziert. Dieses Bakterium ist kaum weniger grausam als der Lepra-Erreger. Es verursacht Tetanus. Aber zum Leidwesen des besagten Bösewichts bin ich nicht an Wundstarrkrampf gestorben. Und genauso wenig wird mir der Aussatz etwas anhaben können. Vertrau mir, mein Freund.«
    »Bist du dir auch ganz sicher, Sahib?«
    David brachte den Wagen neben dem Backsteinhaus zum Stehen und zog die Handbremse an. »Nein, bin ich mir nicht. Aber ich werde trotzdem gehen.«
    Da motorisierter Besuch in dem Dorf offenbar eine große Seltenheit war, näherten sich sofort einige. Neugierige dem Fahrzeug: Frauen in leuchtend bunten Saris, barfüßige braune Kinder und auch einige Männer mit Turbanen, weißen Hemden und Hosen sowie erdfarbenen Westen. Noch bevor David und Balu aus dem Geländewagen gestiegen waren, hatte sich auch schon die Tür des Backsteinhauses geöffnet und ein schlanker Mann von europäischem Habitus trat heraus.
    »Herzlich willkommen«, sagte der Mann und schien es auch so zu meinen. Er war Anfang vierzig, hatte üppige blonde Haare, einen buschigen Schnurrbart und einen energischen Ausdruck um den Mund. Zu den cremefarbenen weiten Bundfaltenhosen trug er ein helles luftiges Leinenhemd. Er reichte David die Hand und sagte: »Ich bin Doktor Philip Browne. Kann ich Ihnen helfen?«
    »Angenehm, Dr. Browne. Mein Name ist Dan Kirpan und das hier ist mein Freund und Führer Baluswami Bhavabhuti. Könnten wir Sie«, David sah sich zu der wachsenden Zahl Neugieriger um, »in einer etwas vertraulicheren Umgebung sprechen?«
    Die Neugier des Doktors war geweckt. Wie ein Missionsvater wedelte er mit den Armen und schickte die Dorfbewohner freundlich, aber bestimmt in ihre Hütten zurück. Dann führte er den Besuch in das Haus.
    Dr. Browne freute sich sichtlich über die unverhoffte Abwechslung. Er bot seinen Gästen auf der zum Fluss hin gelegenen Veranda Platz in

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