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Der Kreis der Dämmerung 03 - Der weiße Wanderer

Titel: Der Kreis der Dämmerung 03 - Der weiße Wanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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großen Korbsesseln an und brachte eilig eine Karaffe mit lauwarmer Limonade. Bald erzählte er ausführlich von seiner Arbeit. Lupur – so nannte er das Dorf – sei keine offizielle Station der British Empire Leprosy Relief Association, gleichwohl gebe es auf der Insel im Fluss eine Kolonie. Die Kranken aus der Umgebung würden schon seit Jahrhunderten dorthin gebracht. Früher hätten sie unter erbärmlichen Umständen vor sich hin vegetieren und, auf den Tod wartend, zusehen müssen, wie der eigene Körper von der Krankheit zerfressen wurde.
    »Ich stamme aus Fort William und habe während meiner Jugend in Schottland erfahren, was es bedeutet, arm zu sein. Durch die Royal Navy bin ich nach Indien gekommen. Diese Arbeit hier draußen wird wenig beachtet, aber sie bedeutet mir viel, kann ich doch Menschen helfen, die sonst völlig allein gelassen wären. Und wer weiß: Es gibt viel versprechende Versuche mit einem neuen Wirkstoff. Möglicherweise können wir mit Dapsone – das ist der Name des Medikaments – bald schon viele Menschenleben retten.«
    »Soweit ich mich erinnere, hat man die Krankheit doch bisher mit Chaulmoograöl bekämpft.«
    »Mit bescheidenem Erfolg, das stimmt. Wir verwenden auch Promin, ein Sulfon. Sind Sie ebenfalls Arzt, Mr Kirpan?«
    David lächelte verlegen. »Nein. Im Ersten Weltkrieg war ich Sanitäter. Seit diesen Tagen habe ich viel Zeit mit Medizinern zugebracht. Außerdem war meine Frau die Tochter einer angesehenen Ärztin. Da schnappt man so einiges auf.«
    »Ich verstehe. Und was führt Sie in diese gottverlassene Gegend?«
    David wechselte einen kurzen Blick mit Balu, der sich wie immer bei Gesprächen seines Sahib respektvoll zurückhielt. »Ich suche ein Löwengesicht.«
    Dr. Browne lachte freudlos auf. »Eines?« Er zeigte auf die Insel im Fluss. »Da drüben finden Sie mindestens fünfzig.«
    »Was wollen Sie damit sagen, Doktor?«
    »Lassen Sie mich das Ganze näher erklären. Das so genannte Löwengesicht ist eine der verschiedenen Erscheinungsformen der Hansen-Krankheit, die vereinfachend Lepra oder volkstümlich Aussatz genannt wird. Der Befall durch das Mycobacterium leprae äußert sich nämlich auf sehr unterschiedliche Weise. Grob gesagt, gibt es zwei polare Formen: Die multibacilläre Lepra ist ansteckend und verläuft oft tödlich – das ist die berüchtigte lepromatöse, also ›aussätzige‹ Lepra –, während die paucibacilläre Ausprägung, auch als tuberkulöse Lepra bekannt, in vielen Fällen sogar von allein ausheilt. Der dem Tuberkelbazillus verwandte Erreger…«
    »Entschuldigen Sie, wenn ich Sie unterbreche, Dr. Browne. Das alles ist sehr aufschlussreich, aber mich würde vor allem interessieren, welches Schicksal das Löwengesicht erwartet.«
    »Die Löwengesichter, Mr Kirpan. Es gibt viele davon.
    Wie gesagt, bei der Gesichtsverformung handelt es sich um ein verbreitetes Symptom der lepromatösen Form, die mit anderen Krankheitsanzeichen wie Haarausfall und Verkrüppelung der Extremitäten einhergehen kann. Die Schwellungen im Gesicht des Infizierten entstehen übrigens durch eine nahezu ungebremste Vermehrung der Bakterien. Wir haben schon bis zu einer Milliarde Bakterien pro Gramm Körpergewebe festgestellt. Manchmal – vergeben Sie mir diesen für einen Wissenschaftler etwas emotionalen Vergleich – nehmen die Gesichter der Erkrankten einen animalischen Zug an. Die Menschen in diesem Land neigen zu bildhaften und oft mythischen Übertreibungen, daher die Wahl des Begriffes. Hinzu kommt die scheinbare Schmerzunempfindlichkeit der Befallenen, eine Folge des Absterbens der Nervenzellen. Oftmals kommen sie mit Verletzungen, manchmal sogar mit schweren Verbrennungen zu uns.«
    David schüttelte traurig den Kopf. »In den Augen abergläubischer Naturen mag so ein ›verwandelter‹ Mensch schnell zu einem Dämon werden. Es wird mir wohl nichts anderes übrig bleiben, als zur Insel hinüberzufahren und alle Löwengesichter einzeln zu befragen.«
    »Sind Sie Polizist?«
    David lauschte kurz in sich hinein. Als der Sinn des Wahrheitsfinders keinen Alarm schlug, beschloss er dem Arzt zu vertrauen. Er schüttelte lächelnd den Kopf. »Manchmal komme ich mir zwar so vor, aber nein. Allerdings ermittle ich tatsächlich in einem Fall, von dem Sie ganz sicher gehört haben dürften. Es geht um das Attentat auf Mohandas Karamchand Gandhi.«
    Dr. Browne ließ das Glas, das er gerade an die Lippen gesetzt hatte, wieder sinken. »Ich bin sprachlos.«
    »Sagt

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