Der Kreuzfahrer
jemand etwas bemerkt. Ein gesatteltes Pferd stand im Stall bereit, und in der allgemeinen Verwirrung nach einer solchen Katastrophe, wenn sich Robins Tod herumspricht und die ganze Burg in heller Aufregung ist – nun, ich finde, er hätte durchaus die Chance zur Flucht gehabt. Und ich glaube nicht, dass er wahnsinnig war. Ich vermute eher, dass er durch ein starkes Druckmittel – Geld oder Drohungen oder beides – zu dem Versuch gezwungen worden ist.«
Owain blickte noch düsterer drein. »Ich werde mich morgen früh umhören«, versprach er. »Was, glaubst du, wird Robin sagen, wenn er zurückkommt?«
»Er wird nicht erfreut sein«, antwortete ich. Damit stand ich vom Tisch auf, ließ Owain allein über seinem Becher Wein brütend zurück und schleppte mich zu meinen Decken vor dem Feuer. Obwohl ich wusste, wie albern das war und dass mir niemand nach dem Leben trachtete, legte ich mich mit dem Dolch in der Hand nieder. Ich war so erschöpft, dass ich mit dem beruhigenden Gefühl meines rasiermesserscharfen, einen Fuß langen spanischen Dolches in der Faust schlief wie ein Stein.
Robin kehrte erst am nächsten Morgen, einem weiteren herrlich sonnigen Frühlingsmorgen, mit seiner schwangeren Gemahlin zurück. Marie-Annes Bauch war gewaltig, ihr Gesicht gerötet, und sie ruhte wie eine Königin in einem großen Stuhl, der auf einem Eselskarren befestigt war, umgeben von ihren Hofdamen. Ich winkte einer vertrauten Gestalt in ihrem Gefolge zu, meiner kleinen Freundin Godifa, die den Gruß mit schüchternem Lächeln erwiderte. Dann wandte ich mich Robin zu und berichtete ihm rasch von den Ereignissen der vergangenen Nacht. Mein Herr wirkte aufrichtig beeindruckt davon, dass ich den eingedrungenen Mörder eigenhändig getötet hatte.
»Er hat dich mit blankgezogenem Schwert angegriffen, im Dunkeln, während du tief geschlafen hast, und du hast es geschafft, ihn ganz allein mit, wie war das, einem Schälmesser zu erledigen?«, fragte er, während wir aus dem hellen Sonnenlicht des Burghofs ins Halbdunkel der Halle traten. Es kam mir seltsam vor, ein Kompliment von ihm zu hören, das keine Neckerei war.
»Es war ein Obstmesser«, sagte ich.
Robin winkte ab. »Ich wusste ja, dass du großartige Heldenlieder komponieren kannst, Alan, aber mir war nicht bewusst, dass du in diesen Geschichten auch selbst als Held auftreten wolltest.« Er grinste mich an. Der Spott war wieder da.
»Tja, da ich auf Eurem Bett eingeschlafen war und deshalb mit Euch verwechselt wurde, Mylord, nahm ich an, dass man einen gewissen Heldenmut von mir erwartete.«
Robin lachte. »Du bist ein schamloser Schmeichler. Du weißt besser als jeder andere, dass ich alles andere als ein Held bin.«
»Aber in all diesen großartigen Liedern werdet Ihr als Held bezeichnet, Mylord, also muss es wahr sein«, erwiderte ich grinsend.
Er lachte schnaubend, dann erlosch sein Lächeln abrupt, und er zog mich zu der langen Tafel in der Halle. Wir nahmen Platz, und die Zeit für Scherze war vorbei. »Also, sag mir«, verlangte er vollkommen ernst, »wer war der Mann, und warum hat er versucht, mich in Stücke zu schneiden?«
»Auf Euren Kopf ist ein hoher Preis ausgesetzt«, eröffnete ich ihm düster, »ein sehr hoher Preis.« Ich zögerte. »Einhundert Pfund reines teutsches Silber, geboten von Eurem alten Freund Sir Ralph Murdac.«
Lange herrschte Schweigen, während Robin mich anstarrte. Der Blick seiner strahlend grauen Augen bohrte sich in meine. Das war ein ungeheuerlicher Preis für ein Menschenleben, so viel, dass ein Mann für den Rest seiner Tage ausgesorgt hätte und seinen Söhnen dennoch eine ansehnliche Erbschaft und seinen Töchtern eine reiche Aussteuer hinterlassen könnte. Mehr, als das gesamte Gut Westbury wert war.
»Die kleine Schlange ist also aus ihrem Loch hervorgekrochen«, sagte Robin. »Geh und hole Little John, Owain, Sir James und Tuck, und dann erzählst du uns allen die ganze Geschichte.« Ich stand auf und übergab Robin den Brief des Königs, der schon seit dem frühen Morgen ein Loch in die Brusttasche meiner Cotte zu sengen schien. Er erbrach das königliche Siegel und begann zu lesen, und ich ließ seine engsten Vertrauten herbeirufen.
Während wir schweigend auf Robins beste Männer warteten, bemerkte ich, dass Robin mich neugierig musterte.
»Was um alles in der Welt trägst du da auf dem Kopf?«, fragte er. »Du siehst aus wie ein Kuppler.«
Ich ärgerte mich ein wenig. Ich trug eine neue himmelblaue
Weitere Kostenlose Bücher