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Der Kreuzfahrer

Der Kreuzfahrer

Titel: Der Kreuzfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angus Donald
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hinterleuchtet vom herabgebrannten Feuer in der Halle. Er war klein, kleiner als Robin, und er hatte viel breitere Schultern. In einer Hand konnte ich gerade so ein Schwert erahnen.
    Der Mann schloss die Tür hinter sich, der hölzerne Riegel klappte mit einem leisen Geräusch herunter, und es war wieder stockdunkel im Raum. Mir sträubten sich sämtliche Haare im Nacken, und ich bekam eine Gänsehaut an den Armen. Ich blieb noch einen Augenblick lang still liegen, dann traf mich die Erkenntnis wie ein Eimer Eiswasser ins Gesicht, und ich rollte beiseite. Gerade noch rechtzeitig. Mit einem Zischen sauste eine scharfe Klinge durch die Luft, dann hörte ich einen dumpfen Schlag, als das Schwert des Mannes auf das Bett krachte, wo ich noch einen Herzschlag zuvor gelegen hatte.
    Ich rappelte mich auf und stieß dabei gegen das Tischchen, das unter ohrenbetäubendem Klappern und Klirren umkippte. Unwillkürlich bückte ich Narr mich nach dem heruntergefallenen Geschirr und dem Essen. Ich hörte die leisen Schritte weicher Sohlen nahen und dann ein Zischen über meinem Kopf, als das Schwert in der Dunkelheit über meine gebückte Gestalt hinwegsauste. Ich bekam das Obstmesser in die Finger, rollte mich unter das Bett und kroch durch Staub und Spinnweben zur anderen Seite hinüber. Doch der Angreifer hatte damit gerechnet und lief ebenso schnell um das Bett herum, wie ich brauchte, um darunter durchzukriechen. Sowie ich vorsichtig meine Nase hervorschob, krachte und splitterte es vor mir, als sich die Klinge des Eindringlings wenige Fingerbreit vor meinem Kopf in die Bodendielen bohrte und dort stecken blieb. Während der Mann versuchte, seine Klinge freizubekommen, zog ich mich zurück, wandte mich nach rechts und robbte hastig am Fußende unter dem Himmelbett hervor. So leise ich konnte, krabbelte ich auf Händen und Knien zur gegenüberliegenden Wand weiter, wo ich mich mit dem Rücken an die Holzvertäfelung kauerte, den Kopf zwischen die Knie zog und versuchte, nicht vernehmlich zu keuchen. Das kleine Obstmesser hielt ich vor mir ausgestreckt.
    Im Raum war es still. Die Dunkelheit war undurchdringlich. Doch meine Angst legte sich allmählich, und an ihrer Stelle breitete sich kalte, harte Wut aus. Ich war mit einem bewaffneten Wahnsinnigen, der mich erschlagen wollte und dies schon dreimal beinahe geschafft hatte, in einem dunklen Raum eingeschlossen. Ich überprüfte die Klinge des Obstmessers. Sie war sehr scharf, wenngleich nur zwei Fingerbreit lang. Das würde genügen. Nach zwei Jahren in Gesellschaft von Robins Gesetzlosen, die zu den geschicktesten Mordbuben Englands zählten, verstand ich mich sehr gut darauf, einen Mann schnell mit einer kleinen Klinge zu töten. Mein Herzschlag verlangsamte sich, und ich hielt vollkommen still, während ich darauf wartete, dass mein Gegner sich verriet.
    Dann sagte der Mann leise: »Mylord, weshalb ruft Ihr nicht Eure Gefolgsleute zu Hilfe?« Das war ein walisischer Akzent. Ich hätte mir schon anhand der kleinen, stämmigen Gestalt denken können, dass ich es mit einem Bogenschützen zu tun hatte – und das bedeutete für mich nur Gutes. Im Allgemeinen waren unsere Bogenschützen nicht allzu gute Schwertkämpfer. Das wusste ich, weil es zu meinen Pflichten gehörte, sie auszubilden. Immerhin ein kleiner Trost, und bei dem Gedanken fasste ich frischen Mut. Ebenso war offenkundig, dass dieser Mann glaubte, Robin hier eingeschlossen zu haben. Um Hilfe zu rufen, kam nicht in Frage. Die wäre zwar gekommen, doch wenn ich auch nur das leiseste Geräusch von mir gab, würde dieser Mann binnen eines Augenblicks mit seinem Schwert über mich herfallen. Selbst in völliger Dunkelheit konnte er mich in Stücke hacken. Ich würde tot oder verstümmelt sein, ehe Robins Männer, die draußen in der Halle schnarchten, mir zu Hilfe kommen konnten, und der Angreifer würde durch das Fenster fliehen und irgendwo auf dem Burghof verschwinden. Also blieb ich stumm. Und ich lächelte in der Finsternis. Er hatte mir seine Position verraten. Dem Klang seiner Stimme nach musste er neben dem Kopfende des Bettes stehen. Ich hörte sein Schwert zischen, als er auf gut Glück um sich hieb. Aber ich war drei Schritt von ihm entfernt und tief geduckt. Wenn ich stillhielt, würde er mich mit dem Schwert nicht zufällig erwischen. Und wenn er mich finden wollte, musste er sich bewegen.
    Nachdem ich lange nichts gehört hatte als das vage Rascheln von Stoff, quietschte der Dielenboden plötzlich heiser.

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