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Der Kreuzfahrer

Der Kreuzfahrer

Titel: Der Kreuzfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angus Donald
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Robin war noch immer nicht zurückgekehrt, doch er hatte mich ja gebeten, in seinem Gemach zu warten. Nach einem kurzen Besuch im Stall, wo ich mich vergewisserte, dass es Ghost an nichts fehlte, stellte ich also ein Tablett mit zwei Kelchen Wein, einem großen Stück Käse, einem Laib Brot, zwei Äpfeln und einem kleinen Obstmesser zusammen und brachte es in Robins und Marie-Annes Gemach am Ende der Halle. Ich nahm an, dass Robin und seine Gräfin hungrig sein würden, wenn sie zurückkehrten.
     
    Der Raum wurde von einer einzigen, kostbaren Bienenwachskerze erleuchtet, die in einem silbernen Kerzenständer auf dem kleinen Tisch neben dem großen Himmelbett stand. Ich ging um das Bett herum und stellte mein Tablett auf dem Tischchen ab. Dann setzte ich mich vorsichtig auf die Bettdecke aus bestickter Seide und blickte mich um, während ich auf Robin wartete. Das Gemach war recht groß, etwa zehn Schritt lang und sechs Schritt breit. Die Wände waren mit dunklem Holz vertäfelt, und wenige kleine Wandbehänge zeigten Jagdszenen. Der glänzende Dielenboden knarrte in der Mitte, wenn man darauf trat, und er war teils mit einem großen Teppich aus Wolfsfell bedeckt. Das große Eichenbett stand an einem Ende des Raumes an der Wand, etwa drei Schritt von der Tür entfernt. Daneben befand sich ein großes Fenster, von dem aus man in den Burghof blickte und dessen solider Fensterladen jetzt von innen verriegelt war. An der anderen Wand standen zwei Kleidertruhen, je eine für Robin und Marie-Anne, und ein Waschbecken auf einem dünnen Eisengestell mit einem Wasserkrug daneben. Auf einem großen Toilettentisch an der Wand gegenüber der Tür sah ich weibliche Gegenstände wie Schmuck, Haarnadeln, Gesichtspuder, Parfüm und einen großen Silberspiegel. Von meinem Platz auf der Bettkante aus konnte ich mich gerade so darin sehen: Ein kräftiger Bursche blickte mir entgegen, größer als die meisten anderen, mit den breiten Schultern und dicken, starken Armen eines Schwertkämpfers. Mein ovales Gesicht und die ebenmäßigen Züge erschienen mir recht unauffällig, bis auf den hellblonden Haarschopf. Auf meinen Wangen war ein leichter Flaum zu erkennen, und mir fiel auf, dass ich mich seit mehreren Tagen nicht rasiert hatte. Ich fuhr mir mit der Hand übers Gesicht und ließ den Blick weiter durch den Raum schweifen. Da waren ein Hirschgeweih, an dem Umhänge und Hüte hingen, ein Kruzifix an der Wand – das musste Marie-Anne gehören – und ein großer, thronähnlicher Stuhl aus Eichenholz.
    Wenn man bedachte, welche Macht Robin nun in England besaß, war sein Privatgemach geradezu karg eingerichtet, doch er hatte sich noch nie allzu viel aus Luxus und Bequemlichkeit gemacht. Durch das wilde Leben als Gesetzloser hatte er gelernt, mit sehr wenig auszukommen, und Marie-Anne war offenbar damit zufrieden, nur das Allernötigste zu besitzen, dessen eine Frau wie sie bedurfte.
    Während ich auf der Seidendecke saß, spürte ich die Nachwirkung dieses letzten, langen Tages meiner Reise. Ich war erschöpft. Wochenlang war ich kreuz und quer durch England galoppiert und hatte Robins Botschaften überbracht. Für meine Unterkunft und Verpflegung hatte ich dabei selbst gesorgt, indem ich mir unbekannte Adelige in fremden Burgen mit meiner Musik unterhielt. Und jetzt hatte ich es warm, ich war satt und fühlte mich sicher, und ich spürte, wie mir die Lider bleischwer wurden. Robin würde gewiss gleich kommen. Die Sonne war vor etwa zwei Stunden untergegangen, und er wollte sicher nicht, dass Marie-Anne in ihrem Zustand noch spät in der Nacht draußen unterwegs war. Mir fiel der Kopf auf die Brust, und ich verspürte das überwältigende Verlangen danach, mich hinzulegen. Mein Herr würde es mir gewiss nicht übelnehmen, wenn ich ein paar Minuten schlief, damit ich bei unserer Unterhaltung frisch und ausgeruht war. Also schlüpfte ich aus meinen weichen Lederschuhen und streckte mich auf dem bequemen Bett aus. Ich schaffte es gerade noch, den Kopf wieder von dem weichen Gänsedaunen-Kissen zu erheben und die Kerze auszublasen, ehe ich in Schlummer sank.
     
    Aus dem tiefsten Schlaf fuhr ich hoch und war sofort hellwach, wie ein Mann, der schnell vom Grund eines Sees aufsteigt und durch die Oberfläche bricht, um gierig nach Luft zu schnappen. Doch der verschlagene Instinkt eines früheren Diebes ließ mich vollkommen still bleiben. Jemand betrat den Raum. Ich erhaschte einen Blick auf seine Silhouette in der offenen Tür, schwach

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