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Der Kreuzfahrer

Der Kreuzfahrer

Titel: Der Kreuzfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angus Donald
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die dem Feind zugewandte Seite. Am nächsten Tag marschiert diese Kompanie dann zwischen der Reiterei und dem Meer an der rechten Flanke und genießt einen relativ gefahrlosen Spaziergang. Und wer das Glück hat, verwundet zu werden, darf auf einem unserer bequemen Schiffe weiterfahren.« Die Männer lachten, allerdings nicht unbedingt deshalb, weil sie den Scherz besonders lustig fanden, sondern weil sie die aufgestaute Anspannung etwas zerstreuen wollten.
    »Haben das alle verstanden?«, fragte Robin. »Dann also …«
    »Was, wenn wir direkt angegriffen werden? Dann dürfen wir doch gewiss eine Attacke reiten«, fragte ein dümmlicher, altgedienter Kavalleriemann namens Mick.
    Robin seufzte. »Sie werden oft einen Angriff antäuschen, aber deine Aufgabe als Reiter besteht ausschließlich darin, immer weiter und weiter und weiter südwärts in Richtung Jaffa zu marschieren. Bemüh dich bitte, das zu verstehen, Mick. Der Feind will, dass du ihn angreifst, weil er schneller ist als du. Du kannst ihn also nicht fangen, aber so wird unsere Formation auseinandergerissen. Wenn unsere Männer den Zusammenhalt verlieren und zu weit verstreut werden, sind wir dem Feind ausgeliefert. Was tun wir also, Mick?«
    »Äh, oh, ich glaube, wir reiten immer weiter und weiter und weiter bis nach Jaffa«, antwortete Mick ein wenig verlegen. Wieder gab es Gelächter, und ich war froh, dass Mick mitlachte.
    »Guter Mann«, sagte Robin.
     
    Es war ein wahrhaft erstaunlicher Anblick: Wie eine gigantische, schillernde Schlange, fast eine Meile lang, setzte sich die christliche Armee von Akkon aus in Bewegung. Banner flatterten, Trompeten schmetterten, die heiße Sonne spiegelte sich blitzend an Tausenden blankpolierter Kettenpanzer, Schilde, Schnallen und Spieße. Wir ließen eine starke Garnison zurück – die meisten der jungen Frauen, die sich uns irgendwann während der Reise angeschlossen hatten, dazu Richards neuvermählte Königin Berengaria und seine Schwester, Königin Joanna, sowie zwei- bis dreitausend Kranke und Verwundete. Ich fragte mich, was aus Nur geworden sein mochte, ob ich sie je wiedersehen würde – und ob ich das wollte … Dann schob ich den Gedanken beiseite: Dies war nicht die Zeit für Selbstmitleid.
    König Richard bot einen glanzvollen Anblick in seiner prächtigsten, mit Gold ziselierten Rüstung, eine goldene Krone auf dem konischen Helm. Den ganzen ersten Tag lang ritt er in Begleitung einiger seiner Ritter die Kolonne auf und ab und ermahnte die Offiziere, ihre Abteilungen dicht geschlossen zu halten und niemanden zurückfallen zu lassen. Er strotzte schier vor Energie, nun, da wir uns endlich wieder zu unserem Ziel aufgemacht hatten, und seine kraftvolle Stimme übertönte hier und da immer wieder den unglaublichen Lärm von fast achtzehntausend marschierenden Männern.
    Wir befanden uns im hinteren Teil der zweiten Division. Ich ritt Ghost im Schritt in einer Zweierreihe mit den anderen überlebenden zweiundachtzig Berittenen, angeführt von Robin und Sir James de Brus. Wie meine Kameraden trug ich Schild und Lanze, einen offenen Helm und meinen knielangen Kettenpanzer mit dem Untergewand aus Filz, trotz der sengenden Hitze. Wir wurden von riesigen Schwärmen summender Fliegen gequält, die uns über die Gesichter krabbelten, angelockt von unserem Schweiß, während wir unentwegt nach ihnen schlugen. Es muss ausgesehen haben, als sei eine Armee Wahnsinniger auf dem Marsch, wie wir zuckend, mit den Armen wedelnd und schwitzend in der grellen Morgensonne dahintrotteten.
    Links von mir ging Little Johns Kompanie, eine Mischung aus Bogenschützen und Spießträgern. Rechts, jenseits der zweiten Reihe Berittener, marschierten Owains Männer auf der Seeseite. Wir hatten einhundertsechzig kampffähige Bogenschützen und fünfundachtzig Spießträger – das wusste ich so genau, weil Robin mich gebeten hatte, genau durchzuzählen, ehe wir aufbrachen. Einige unserer Männer waren auf der Reise nach Outremer verstorben, weitere bei der Belagerung umgekommen, und andere hatten wir verletzt oder fiebernd in Akkon zurücklassen müssen. Dennoch stellten wir eine beeindruckende Streitmacht dar. Die Bogenschützen und Spießträger waren auf zwei Kompanien aufgeteilt worden, eine unter Owains Kommando, die andere geführt von Little John. Im Fall eines Angriffs sollten die Spießträger einen Schildwall bilden und standhalten, während die Bogenschützen hinter ihnen die Feinde beschossen. Wir Berittenen durften

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