Der Kreuzfahrer
davongaloppierten, fiel mir etwas Seltsames auf. Viele Franzosen waren von Pfeilen getroffen worden, aus manchem Kettenpanzer ragten gar drei oder vier Schäfte hervor, aber nur eine Handvoll Sättel waren leer – viel zu wenige für die zahlreichen Pfeile, die auf sie abgeschossen worden waren. Und dann ging mir etwas auf: Der Beschuss dieser Bogenschützen war zwar dicht und schnell, doch ihre Pfeile hatten nicht genug Wucht, um eine richtige Rüstung zu durchdringen, außer aus nächster Nähe. Ihre Waffen hatten nicht annähernd die Durchschlagskraft eines christlichen Langbogens, der einen Pfeil durch die stählernen Ringe eines Kettenhemds, durch den schützenden Filz darunter und tief in den Leib eines Ritters treiben konnte.
Der König hatte Robins Männer schon beinahe erreicht, und wir waren noch eine gute halbe Meile von der französischen Division entfernt. Aber ich schwöre, dass das Gebrüll der französischen Ritter deutlich bis an meine Ohren drang, als sie ihre Pferde vorantrieben und die Verfolgung der flüchtenden Sarazenenreiter aufnahmen.
Der König brüllte: »Nein, ihr Narren, nicht!« Wir zügelten unsere Pferde neben Robin und seinen stur marschierenden Männern, während fünfhundert der allerbesten französischen Ritter wie wild geworden über die breite Ebene vor uns galoppierten. Die gigantischen Schlachtrösser mit schweren Männern in voller Rüstung auf dem Rücken donnerten hinter den flinken kleinen Ponys her, die sich im unebenen, buschigen Gelände im Osten versprengten. Die Ritter stürmten als geballte Masse vorwärts, doch als sie das unwegsame Gelände erreichten, spalteten sie sich in Grüppchen zu zwei oder drei Reitern auf. Doch sie jagten den Sarazenen weiter nach wie ein Rudel Terrier, die man in einer rattenverseuchten Scheune losgelassen hatte. Schlimmer noch – kaum waren die Ritter zum Angriff übergegangen, kam eine kleinere Truppe Sarazenen, vielleicht zweihundert Reiter, hinter einer Anhöhe hervor und hielt direkt auf die jetzt völlig ungeschützte Flanke des Trosses zu. Erstaunlich schnell und wendig ritten sie die wenigen Bogenschützen nieder, die sich hastig formiert hatten. Ihre Pferde stießen die Fußsoldaten beiseite, die Reiter mähten die Männer mit ihren Säbeln nieder, fielen dann über die unbewaffneten Wagenlenker her und lehnten sich tief aus den Sätteln hinab, um den Ochsen die Kniesehnen zu durchtrennen. Binnen weniger Herzschläge war der gesamte Tross zum Stehen gekommen. Die französischen Ritter am anderen Ende der dritten Division waren zu weit entfernt, um ihren Leuten beizustehen. Eine Handvoll Fußsoldaten und Spießträger kämpften heldenhaft, doch sie hatten Berittenen auf schnellen Pferden nichts entgegenzusetzen. Vor unseren Augen schlachteten die Sarazenen die Fußsoldaten ab, schlitzten mit ihren grausamen, gekrümmten Klingen ungeschützte Gesichter und abwehrende bloße Hände auf und begannen dann, den Wagenzug zu plündern. Es war ein einziges Gemetzel: Fußsoldaten taumelten mit grausigen Wunden im Gesicht umher, andere ergriffen die Flucht nach hinten, Ochsen brüllten vor Schmerz, Wagenlenker versuchten, sich unter den schweren Karren zu verstecken, um dem Wüten der Plünderer zu entgehen. Währenddessen bedienten sich die Sarazenen beinahe ungestört an unseren Kleidern, Waffen, Wertsachen und Vorräten, um dann gemächlich davonzutraben, schwere Bündel voller Beute an den Sätteln.
Wir waren natürlich nicht untätig geblieben. Robins Kavallerie, achtzig zähe, gut ausgebildete Männer, hatten kehrtgemacht und sich mit erhobenen Lanzen zu zwei Linien formiert. Als der König den Befehl »Vorwärts!« gab, trabten wir an, auf das blutige Chaos der französischen Division zu.
Die Männer ritten in zwei vollkommen geraden Linien voran. Auf einen Befehl von Sir James hin senkte die vordere Linie wie ein Mann die Lanzen, und vierzig Reiter sprengten los. Zehn Herzschläge später hatten sie den Tross erreicht und krachten in die wenigen verbliebenen Sarazenen hinein, die besonders gierig waren oder einfach zu spät an Flucht gedacht hatten. Gleich darauf folgte die zweite Linie. Nun erwies sich der Wert der unzähligen Stunden geduldiger Übung unter Sir James de Brus. Die Linien der gerüsteten Reiter bewegten sich wie ein Rechen durch hohes Gras, die Lanzen fuhren in das Durcheinander der Feinde, spießten Sarazenen auf und schleuderten die derart gepfählten Leichen aus den Sätteln. Doch unsere scharfen Lanzen
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