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Der Kreuzfahrer

Der Kreuzfahrer

Titel: Der Kreuzfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angus Donald
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Feldzugs missachtet worden waren, und er wollte den Herzog bestrafen.
    Der König erkannte auch, dass wir in der spätsommerlichen Hitze nicht über Mittag marschieren konnten. Also ordnete er an, dass wir in Zukunft noch in der Nacht aufstehen würden, um bei Tagesanbruch marschbereit zu sein. Und so setzten wir unseren Weg fort: Wir erhoben uns taumelnd von unserem Lager, während der Mond noch am Himmel stand, sattelten die Pferde beinahe blind und nach Gefühl, nahmen im Dunkeln schlurfend unsere Positionen ein und setzten uns in Marsch, wenn über den Bergen im Osten der erste rosige Schimmer erschien. Vor dem Mittag machten wir wieder halt, schlugen das Lager auf, fütterten und tränkten die Pferde und brachen dann erschöpft zusammen, wo immer wir ein wenig Schatten fanden, um den Nachmittag zu verschlafen.
    Obwohl wir jetzt nur noch am Vormittag weiterzogen, war der Marsch sehr beschwerlich. Mir machte nicht so sehr mein Kettenpanzer zu schaffen, der schon schwer genug war, sondern das dicke Untergewand aus Filz, das ich als Polsterung darunter tragen musste, und als zusätzlichen Schutz gegen die Pfeile der Sarazenen. In dem Kleidungsstück war es beinahe unerträglich heiß, doch ich wagte nicht, es unterwegs abzulegen, denn wir sahen uns jeden Tag von neuem bedroht.
    Fast ständig wurden wir irgendwo entlang der Kolonne angegriffen. Wo der Feind eine Schwäche vermutete, griff er mit einer kleineren Truppe überfallartig an. Ein paar Hunderte Sarazenen fegten schnell wie der Wind heran, schwenkten vor unserer Armee ein, ritten die Kolonne entlang, schossen einen Pfeil nach dem anderen in unsere Reihen und galoppierten wieder davon, wobei sie noch auf dem Rückzug ihre kurzen Bögen abschossen. Es war eher demütigend als tatsächlich gefährlich, zumindest für die Berittenen.
    Wenn die Pfeile nicht aus nächster Nähe abgeschossen wurden, drangen sie nicht durch unsere Rüstung und das Filzwams darunter, sondern blieben zwischen den Metallringen stecken. Nach einem längeren Kavallerieangriff sahen wir manchmal aus wie menschliche Igel. Ein solcher Treffer tat nicht mehr weh als ein Schlag mit der flachen Hand, doch es war nervenaufreibend und allein deshalb schmerzhaft, weil man von einer Waffe getroffen wurde, obgleich sie kaum Schaden anrichtete. Die größte Gefahr drohte den Bogenschützen, die sich inzwischen provisorische Schilde aus alten Weidenkörben oder leeren Transportkisten gebastelt hatten und ihre Kleidung so dick auspolsterten, wie sie es in der glühenden Hitze ertragen konnten. Auch unsere tapferen Pferde, die nur Stoffschabracken trugen, waren durch die Pfeile besonders gefährdet. Diese drangen zwar nur eine Handbreit tief in die Muskeln ein, doch ein halbes Dutzend Pfeile konnten ein Pferd vor Schmerz wahnsinnig machen. Während unseres Marsches drehten mehrere Tiere durch und liefen förmlich Amok, sie töteten unsere eigenen Männer, indem sie ausschlugen und um sich bissen wie vom Teufel besessen, bis ein Armbrustbolzen oder Pfeil aus kürzester Entfernung sie von ihren Qualen erlöste.
    Robins Abteilung erging es besser als den meisten anderen. Die Sarazenen lernten rasch, unseren Reihen unter dem großen Wolfskopfbanner nicht zu nahe zu kommen, weil sie sonst Dutzende Männer durch die scharfen Pfeile unserer Bogenschützen verloren, die eine viel größere Reichweite hatten. Tatsächlich waren wir während des zehn Tage dauernden Marsches durch diese Gluthitze nur drei ernsthaften Angriffen ausgesetzt.
    Wir marschierten an Caesarea vorbei, das Saladin bis auf die Grundmauern geschleift hatte, und machten bei dieser einst so stolzen biblischen Stadt nicht einmal halt, um etwas zu trinken. An Vorräten mangelte es uns nicht, obwohl der Tross fast täglich attackiert wurde. Am frühen Abend wurden Essen, Ausrüstung und manchmal große Fässer Trinkwasser und Bier von den Galeeren an den Strand gerudert. Insgesamt aßen wir in der kühlen Abenddämmerung meist gut und reichlich. Eines Abends bat der König mich und einige andere Trouvères an sein Feuer, damit wir für ihn sangen. Doch während wir Fröhlichkeit vortäuschten, seinen Wein tranken und gemeinsam sangen und dichteten, war es ein ungemütliches Abendessen. Sir Richard Malbête war anwesend und starrte mich den ganzen Abend lang aus diesen wilden, wie mit Splittern durchsetzten Augen über das Feuer hinweg an, sagte jedoch nichts. Ich bildete mir ein, Nurs verstümmeltes Gesicht über seiner Schulter zu sehen, was mir

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