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Der Kreuzfahrer

Der Kreuzfahrer

Titel: Der Kreuzfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angus Donald
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Kinder wachsen und gedeihen zu lassen. Ich war neun Jahre alt gewesen, als Soldaten vor dem Morgengrauen in unsere Hütte gestürmt waren und meinen Vater aus dem Bett gerissen hatten. Sie hatten ihn an Ort und Stelle erhängt, an einer Eiche mitten im Dorf. Ich werde den Anblick seines geschwollenen Gesichts nie vergessen, als er an jenem improvisierten Galgen sein Leben aushauchte. Und ich habe Sir Ralph Murdac, dem Sheriff von Nottinghamshire, der diese Hinrichtung angeordnet hatte, nie verziehen.
    Sir James brummte etwas, das klang wie »Zu Euren Diensten, Sir«, und ich neigte nur knapp den Kopf, um der Höflichkeit Genüge zu tun. Robin erklärte: »Nun, das war genug Belustigung für heute. Wollen wir uns in die Burg zurückziehen? Ich finde, es wird Zeit für das Abendessen.«
    »Ich habe dringende persönliche Nachrichten für Euch, Herr«, sagte ich zu Robin.
    »Kann das nicht bis nach dem Essen warten?«, erwiderte er. Ich überlegte kurz und nickte dann widerstrebend.
    »Komm nach der Tafel in mein Gemach, dann unterhalten wir uns.« Er lächelte mich an. »Schön, dich wieder hierzuhaben, Alan«, sagte er. »Kirkton war recht langweilig ohne deinen Wortwitz, und trübselig ohne deine Musik.« Und dann schlug er vor: »Würdest du für uns singen, wenn du dich ausgeruht hast? Morgen?«
    »Selbstverständlich, Herr.«
    Wir wandten unsere Pferde um und ritten den Hügel hinauf zur Burg.
     
    Beim Duft heißer Suppe aus der Küche lief mir das Wasser im Mund zusammen. Das gehört zu den angenehmsten Erfahrungen, die ich je gemacht habe: körperlich erschöpft, aber gebadet und sauber zu sein, und hungrig, aber in dem Wissen, dass einen eine gute Mahlzeit erwartet. Robins Platz war noch leer. Ich saß zu seiner Linken, nicht unmittelbar neben ihm, aber nicht weit weg – ein Platz, der mein Ansehen an Robins Hof auf Kirkton bezeugte. Sobald Robin erschienen war, würde man das Essen auftragen, und mir konnte es nicht schnell genug gehen. Ich blickte mich in der Halle um, während ich wartete. An den hölzernen Wänden hingen kostbare, farbenfrohe Gobelins und die Banner der bedeutendsten Männer an der langen Tafel: Robins Wappen, ein zähnefletschender Wolfskopf auf weißem Grund, trat besonders hervor, ebenso wie das seiner Gemahlin Marie-Anne, ein weißer Falke auf Blau. Daneben hing ein fremdes Wappen, ein blauer Löwe auf Rot und Gold, vermutlich Sir James’ Emblem.
    Etwa ein Dutzend von uns warteten darauf, Essen vorgesetzt zu bekommen: Robins
familia
 – seine engsten Freunde und Ratgeber, seine Stellvertreter und die ranghöchsten Männer seiner kleinen Armee. Ein paar der Gesichter an der langen Tafel waren mir sehr vertraut. Der riesige Mann mit dem strohblonden Haar neben Robins leerem Platz war mein Freund und Schwertkampflehrer John Nailor. Er war Robins rechte Hand und setzte den Willen seines Herrn mit eiserner Härte durch. Ein Stück weiter saß eine gedrungene, muskulöse Gestalt, in eine zerschlissene braune Kutte gehüllt: Bruder Tuck, ein meisterhafter walisischer Bogenschütze, der zum Mönch geworden war und von dem es scherzhaft hieß, er sei Robins Gewissen. Gegenüber sah ich die roten Locken und die Zahnlücken im Grinsen von Will Scarlet, meinem gleichaltrigen Freund. Er war der erschrockene Reiter gewesen, dem ich mich am Nachmittag entgegengestellt hatte. Doch Robin hatte in den Wochen seit meiner Abreise fleißig Männer angeworben, und mindestens die Hälfte der fröhlichen Tischgesellschaft war mir unbekannt. Sir James de Brus saß weiter von Robins Platz entfernt als ich, wie ich mit Befriedigung feststellte. Sein Bulldoggen-Gesicht war wie immer zu einer finsteren Miene verzogen. Er schien nicht recht in diese heitere, ungezwungene Runde zu passen, in der Stand und Rang keine große Bedeutung zugemessen wurde. Abgesehen von Robin, dem wir uns alle unterordneten, empfand sich jeder Mann hier als den anderen ebenbürtig.
    Doch als ich mich in der Halle umsah, erkannte ich, dass sich in meiner Abwesenheit einiges verändert hatte. Ich bemerkte nicht nur neue Gesichter, sondern auch eine neue Atmosphäre: Sie war förmlicher, nicht mehr wie zu unseren unbekümmerten Zeiten als Bande Gesetzloser. Das war natürlich nur richtig. Schließlich waren wir keine Meute von Mördern und Dieben mehr, Vogelfreie, von aller Welt verfolgt. Wir waren eine Abteilung der Soldaten Christi, von der Kirche gesegnet, und wir hatten geschworen, die gefährliche Reise nach Outremer anzutreten, um

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