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Der Kreuzfahrer

Der Kreuzfahrer

Titel: Der Kreuzfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angus Donald
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seetüchtigen Schiffen gepfercht. Dazu gehörten zahlreiche mächtige, schwerfällige Büsen, bauchige Schiffe, auf denen hauptsächlich sperrige Ladung oder dank spezieller Umbauten die Schlachtrösser transportiert wurden, außerdem Dutzende kleinerer Koggen mit Soldaten und ihren Bergen von Ausrüstung und flotte Galeeren voller Ritter, gerudert von Reihen angeketteter muselmanischer Sklaven. Es gab Boote mit besonders flachem Rumpf, in denen man Männer und Pferde direkt am Strand absetzen konnte, sowie Schniggen und andere schlanke, elegante Nachfahren der Wikinger-Langschiffe. Eine Unzahl kleiner Fusten, schnell und mit tiefen dreieckigen Segeln, flitzten zwischen den großen Schiffen hin und her und überbrachten der Flotte die Befehle des Königs. Dieser ganze schwimmende Haufen, vielleicht die größte je versammelte Streitmacht, hielt nun wie ein riesiger, bunter, lärmender Schwarm auf den uralten Hafen von Messina zu. Banner flatterten an jedem Mast, Trompeten und Fanfaren schmetterten, Trommeln gaben den Galeerensklaven den Takt vor. Für die vielen tausend Sizilianer, die von der Küste aus unsere Ankunft beobachteten, muss das ein furchteinflößender Anblick gewesen sein.
    Die Stadt Messina erstreckte sich von Norden nach Süden die Küste entlang, und wir näherten uns von Osten her. Der berühmte Hafen, dem Messina seinen Reichtum verdankt, liegt hinter einer sichelförmigen Landzunge am Südende der Stadt, die der Schifffahrt kostbaren Schutz vor den Winterstürmen bietet. Als wir nach Süden umschwenkten und auf die schmale Hafeneinfahrt zuhielten, blickte ich nach Westen und sah den riesigen steinernen Palast von Messina, eine der Residenzen von Tankred, dem normannischen König von Sizilien. Dort hatten Philip von Frankreich und eine Handvoll seiner Ritter auf Tankreds huldvolle Einladung hin bereits eine Woche zuvor ihr Hauptquartier aufgeschlagen. Mein Herz hüpfte vor Aufregung, als ich die königlichen Lilien von Frankreich auf den Bannern entdeckte, die über den Zinnen flatterten. Der Palast lag am Rand der Stadt, und ein wenig nördlich davon der große Dom von Messina mit seinem rechteckigen Turm und dem langen, hohen Hauptschiff, in einem berühmten Brief von der Heiligen Jungfrau selbst gesegnet.
    Jenseits von Palast und Dom, höher und etwas weiter südlich, lag das byzantinische Kloster San Salvatore mit niedrigen, aber starken Mauern, berühmt für seine Buchmalerei, die prachtvolle Abschriften bedeutender und kostbarer Bücher hervorbrachte. Die Altstadt von Messina, der Kern, aus dem die Stadt gewachsen war, lag noch weiter südlich. Sie schmiegte sich an das Rund des Hafens, aber ein Stück vom Wasser zurückversetzt, und war von starken Befestigungsmauern umgeben, die trotz mehrerer Tore und vieler Wachtürme eher wohlhabend denn abschreckend wirkten. Innerhalb dieser Mauern befanden sich viele große Häuser, manche zwei oder sogar drei Stockwerke hoch, und mindestens ein halbes Dutzend gut unterhaltener Kirchen im griechischen wie im römischen Stil. Die Kaufleute Messinas standen in dem Ruf, reich, aber sparsam zu sein, und ihre Frauen galten als ebenso schön wie wollüstig – doch wehe dem Mann, der sie entehrte, denn ihre Väter und Ehemänner waren rachsüchtig wie Skorpione. Drei massive hölzerne Tore in der Stadtmauer führten auf lange Stege, die bis in den Hafen hinausliefen, so dass kostbare exotische Waren rasch entladen und leicht in die sicheren Lagerhäuser der Altstadt verbracht werden konnten. Jenseits der Stadt ragten die grauen Berge Siziliens hoch am westlichen Horizont auf und beobachteten unsere triumphale Ankunft wie eine düstere Ansammlung missbilligender Kirchenmänner.
    Als wir durch die schmale Hafeneinfahrt in die Bucht segelten, stand ich am Bug der
Santa Maria,
einer alten, sechzig Fuß langen Kogge mit einem einzigen rechteckigen Segel, auf der ich die vergangenen sechs Wochen verbracht hatte. Sie beherbergte außerdem siebenundvierzig erschöpfte, nasse, seekranke Bogenschützen, ein Dutzend Seeleute und ein paar Frauen unserer Soldaten, und wir alle waren so eng in das kleine Schiff gequetscht, dass man sich nirgendwo ganz ausgestreckt hinlegen konnte.
    Ich kannte jeden Zoll der alten
Santa Maria
 – von ihrem schnabelförmigen Bug über die ewig undichten Planken an den Seiten bis hin zum runden Achtersteven mit dem langen, schartigen Ruder in den Händen ihres wettergegerbten Kapitäns Joachim – und ich hatte sie gründlich satt. Ich

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