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Der Kreuzfahrer

Der Kreuzfahrer

Titel: Der Kreuzfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angus Donald
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wird. Diese Einheit gehört nicht länger zu meiner Streitmacht. Wenn einer von euch gehen will, so kann er Pferd, Sattel und Waffen bei John Nailor abgeben und diesen Zug verlassen, auf der Stelle, zu Fuß, und nie wieder zurückkehren. Diejenigen Männer, die bleiben wollen, wird Sir James einem anderen Conroi zuweisen, sofern dessen Offizier verräterische Hunde wie euch haben will. Ihr seid entlassen.«
    Damit kehrte er ihnen den Rücken und ritt davon.
    Die Männer des unehrenhaften Trupps, von denen einige mächtig erleichtert wirkten, wurden auf die anderen Reiterstaffeln verteilt, und ich fand es interessant, dass kein Einziger von ihnen sich dafür entschied, Robins Armee zu verlassen. Ich war auch froh, dass Robin Gnade hatte walten lassen – doch ein Teil von mir vermutete, dass mein Herr genau wusste: Er konnte es sich nicht leisten, so viele Männer zu opfern, und das wegen einer eigentlich eher trivialen Angelegenheit.
    Will erholte sich rasch und saß zwei Tage später wieder im Sattel, als gewöhnlicher Kavallerist natürlich. Er ertrug seine Schmerzen, ohne zu klagen, doch er wirkte ungewöhnlich still und sprach kein Wort, wenn es nicht unbedingt nötig war. Der Vorfall hinterließ bei uns allen einen üblen Geschmack im Mund, war jedoch bald vergessen, als eine neue Krise eintrat – eine Woche später versuchte jemand, den Earl of Locksley zu ermorden.
     
    Auf dem Marsch durch Frankreich und Burgund nach Lyon mieden wir Burgen und Städte, teils um die Versuchungen für unsere Männer möglichst gering zu halten, teils deshalb, weil wir schon in England festgestellt hatten, dass eine große Gruppe schwerbewaffneter Männer in kaum einer Siedlung herzlich empfangen wird. Also führten uns unsere Kundschafter jeden Nachmittag zum Lagerplatz für die Nacht, meist eine große Wiese in der Nähe eines Wasserlaufs oder ein Stück gemeinfreies Land. Gelegentlich fielen wir auf einem abgelegenen Hof ein, Reuben brachte den protestierenden Bauern mit einer Handvoll Silber zum Schweigen, und wir drängten uns in Ställe und Scheunen, wo uns eine trockene Nacht sicher war. Doch meistens bauten wir Zelte auf, eines für je zwanzig Mann, und kochten an großen Lagerfeuern. Robin hatte sein eigenes Zelt, das ein paar der Bogenschützen allabendlich für ihn aufstellten. Er bewohnte es allein, doch bis er sich zur Ruhe begab, bildete es den Mittelpunkt des ganzen Lagers. Seine Offiziere, sogar ein paar der Soldaten, die ihn seit ihren Tagen als Geächtete kannten, dachten sich nichts dabei, fast nach Belieben ein und aus zu gehen. Erst, wenn Robin sich schlafen legte, üblicherweise lange nach Mitternacht, hatte er sein Zelt für sich.
    Eines Nachts irgendwo in der Nähe der großen Stadt Tours – ich hatte ihm gerade eine neue Canson vorgespielt, um zu sehen, wie sie ihm gefiele – bemerkte ich, dass er sehr müde war. Ich nahm meine Vielle und den Bogen und überließ ihn seinem Schlaf. Von außen band ich die Zeltklappe zu und war noch keine drei Schritt weit gekommen, als ich einen scharfen Schmerzensschrei hörte, gefolgt von lautem Krachen und metallischem Scheppern, als finde dort im Zelt ein Schwertkampf statt. Ich hielt mich nicht mit der Klappe auf, sondern stieß den Dolch durch den Stoff, schnitt einen langen Riss hinein und schob mich in das Zelt, das Schwert schon in der anderen Hand.
    Die Kerze brannte noch, und ich konnte Robin sehen, der ohne Hemd auf dem Rand seiner breiten Pritsche saß. Sein blankes Schwert lag vor ihm auf dem Boden, und er umklammerte seinen nackten Unterarm und fluchte leise vor sich hin. Die spärliche Einrichtung des Zeltes war halb zertrümmert, und mitten auf dem Boden lag eine dünne, schwarze Schlange, ursprünglich wohl etwa drei Fuß lang – eine Otter, vermutete ich –, die in drei blutige Teile zerhackt war.
    »Hol Reuben«, ächzte Robin. Sein rechter Arm verfärbte sich zornig rot und schwoll bereits an.
    »Geht es Euch nicht gut?«, fragte ich dümmlich.
    »Nein, nicht gut … geh … hol Reuben … schnell.« Robin konnte vor Schmerzen kaum sprechen, und ich verfluchte mich für mein Zögern und stürzte aus dem Zelt. Keine dreißig Herzschläge später hatte ich Reuben mit zerzaustem Haar und Schlaf in den Augen herbeigezerrt. Er kniete sich neben Robin und untersuchte zwei angeschwollene Einstiche an der Außenseite von Robins rechtem Unterarm. Dann hielt Reuben plötzlich ein Messer in der Hand – wie üblich hatte ich nicht gesehen,

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