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Der Kreuzfahrer

Der Kreuzfahrer

Titel: Der Kreuzfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angus Donald
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konnte es nicht erwarten, in Messina an Land zu gehen und diesen Abschnitt einer scheinbar endlosen, mühsamen und beschwerlichen Reise hinter mir zu lassen.
     
    Während wir eine Woche lang in Lyon geschmaust, gescherzt und uns gründlich ausgeruht hatten, waren Robin und König Richard zu zahlreichen Besprechungen zusammengekommen, an denen ich selbstverständlich nicht teilnahm. Dann hatte Robins Armee sich mit dem Rest der königlichen Truppen wieder gen Süden in Marsch gesetzt. König Philip und das französische Heer, nicht einmal ein Drittel so groß wie Richards Streitmacht, waren nach Osten gezogen, um in Genua an Bord der dortigen Handelsflotte zu gehen. Die beiden Armeen sollten in Sizilien wieder zusammentreffen und von dort aus ins Heilige Land aufbrechen. König Richard höchstselbst führte seine riesige Streitmacht – Engländer, Waliser, Männer aus der Normandie, dem Anjou, dem Poitou, der Gascogne, aus Maine und Limoges – das Rhônetal hinab nach Marseille. Wir sangen, während wir marschierten, und Dorfbewohner säumten die Straßen der Provence, jubelten uns zu, bewarfen uns mit Blumen und bestaunten unsere gewaltige, langsame Prozession.
    In Marseille warteten wir eine zusätzliche Woche auf die Schiffe des Königs mit weiteren Rittern und Soldaten, die den längeren Seeweg von England aus genommen hatten. Doch am achten Tag erfuhren wir von einheimischen Fischern, dass die königliche Flotte in Portugal aufgehalten worden sei. Die Soldaten waren über Lissabon hergefallen, hatten Juden, Moslems und Christen ermordet und die Stadt in einer drei Tage währenden Orgie der Zerstörung geplündert. Sofort schoss mir das Wort »York« durch den Kopf.
    König Richard kochte vor Zorn. Das Gebrüll aus den königlichen Gemächern in Marseille – das requirierte Gasthaus eines kleinen Adeligen – war noch fünfzig Schritt entfernt auf der Straße deutlich zu verstehen. Und ungeduldig wie immer machte Richard sich sogleich daran, jedes Schiff, dessen er in Marseille und den benachbarten Häfen habhaft werden konnte, zu heuern, zu leihen oder zu kaufen. Er entsandte eine Hälfte seiner Armee unter dem Kommando von Baldwin, dem Erzbischof von Canterbury, und Ranulf Glanville, dem ehemaligen Justitiar und Vizeregenten von England, direkt ins Heilige Land. Sie sollten den christlichen Streitkräften dort zu Hilfe kommen, die, wie wir erfahren hatten, gegen die Sarazenen verzweifelt um die große Hafenfestung von Akkon kämpften. Der Rest von Robins Armee, so auch ich mit achtundvierzig Bogenschützen auf der
Santa Maria,
schipperte währenddessen in östlicher Richtung voran, um den Golf von Genua herum und die italienische Küste entlang. Wir reisten absichtlich langsam, gingen jeden Abend in einer geeigneten Bucht vor Anker, um Vorräte und Trinkwasser zu beschaffen, trödelten herum und warteten darauf, dass der Hauptteil der Flotte die Iberische Halbinsel umrundete und uns einholte.
    Anfangs hatte ich furchtbar unter der Seekrankheit gelitten, wie auch fast alle Bogenschützen. Während der ersten Tage hatte uns ein unablässiges Würgen begleitet, mit dem sich Dutzende großer, starker Männer abwechselnd über die Reling erbrachen, sofern sie sich nicht stöhnend und betend auf dem Boden wälzten. Wenn es regnete, wurden wir nass bis auf die Haut, und bei schönem Wetter, das wir meistens hatten, wurden wir von der ungewohnt starken Sonne über dem Mittelmeer verbrannt. Das Essen war abscheulich – Fässer mit gepökeltem Schweinefleisch, das zum Großteil schon verdorben war, verschimmelter Käse, Brotersatz aus Mehl und Wasser, wie Pfannkuchen über dem Feuer gebacken, dazu saures Bier und Wein, der salzig schmeckte. Und der Geruch an Bord war widerlich, es stank permanent nach ungewaschenen Männern, nach feuchten, vom Salz halb zersetzten Kleidern und ekelhaftem schwarzem Bilgewasser, dazu Wolken von fauligem Fischgestank aus den Vorratskammern und hin und wieder ein Hauch der Fäkalien, die an den äußeren Bordwänden klebten, wo die Bogenschützen ihre Notdurft verrichteten. Bald sehnte ich mich jeden Tag nach dem Sonnenuntergang, um endlich von dem verfluchten Schiff herunterzukommen und mir die Beine auf Gottes guter, sauberer, unbewegter Erde zu vertreten.
    Doch Landgänge waren gefährlich. Einer unserer Männer wurde in der Nähe von Livorno von Dorfbewohnern ermordet. Sie trafen ihn allein in der Nähe eines Hofes an, und die argwöhnischen Bauern beschuldigten ihn, er sei ein

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