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Der Kreuzfahrer

Der Kreuzfahrer

Titel: Der Kreuzfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angus Donald
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als Essen und Feuerholz zu beschaffen oder sich im Glücksspiel zu versuchen. Drei Männer wurden auf Little Johns Befehl hin ausgepeitscht, weil sie sich in der Altstadt geprügelt hatten. Noch ehe der Oktober angebrochen war, gab es Tote bei zwei Auseinandersetzungen zwischen Soldaten und Einheimischen, die wegen eines Würfelspiels in Streit geraten waren. Berichte unserer Männer, sie seien von Einheimischen beleidigt oder gar beraubt worden, waren an der Tagesordnung.
    Ich hatte Glück: Robin hatte einen Teil des Klosters San Salvatore übernommen, und William und mir wurde eine behagliche Mönchszelle zugewiesen. Meine Schlafstatt war eine Art breiter Mauervorsprung mit einem Strohsack, der jedoch mit Watte gefüllt war und zusätzlich mit Umhängen gepolstert. William bekam ein dickes Lager aus Stroh auf dem Boden. Little John, Owain und Sir James de Brus waren in den benachbarten Zellen mit ähnlicher Ausstattung untergebracht, und jedem von ihnen war ein Waffenknecht als persönlicher Diener zugeteilt worden. Reuben hatte sich in der Altstadt einquartiert. Er wusste von einigen dort ansässigen Juden, irgendwelchen Kaufleuten, und hatte diesen eine Einladung abgeluchst. Ich glaube, er hatte von uns allen die komfortabelste Unterkunft, obgleich Robin natürlich über ein eigenes Gemach im Kloster verfügte. Es hatte eine Feuerstelle, so dass man das kalte Gemäuer heizen konnte, ein kleines Bett und einen großen Tisch, an dem seine Offiziere zusammenkamen, um zu essen und unsere Pläne zu besprechen. Und ich sorgte dafür, dass er stets und ständig von zwei Bewaffneten bewacht wurde – wer immer für den Mordanschlag mit der Schlange in Burgund verantwortlich war, würde es womöglich wieder versuchen.
    Ich muss gestehen, dass mir wie den meisten unserer Männer entsetzlich langweilig war. Mit Little John übte ich mich jeden Tag an den Waffen – er lehrte mich den Umgang mit dem Streitkolben –, und wann immer ich konnte, besuchte ich den Gottesdienst im wunderschönen Dom von Messina.
    Ich war bitter enttäuscht, dass wir den ganzen Winter lang in Sizilien bleiben sollten. Und ich wurde das unangenehme Gefühl nicht los, dass ich es nicht wert sei, den heiligen Boden zu betreten, auf dem Jesus Christus gewandelt war, dass ich zu sündig sei und Gott meine Ankunft im Outremer verzögern würde, bis ich meine Sünden vollends bereut und meine Seele reingewaschen hatte. Die Christen, die ich in York getötet hatte, lasteten schwer auf meinem Gewissen. Manchmal hallte mir auch das leere Versprechen an Ruth in den Ohren wider und verhöhnte mich dafür, dass ich mein Wort nicht hatte halten können. Daher stand ich jeden Tag noch vor dem Morgengrauen auf und ging zur Mette im Dom. Jeden Abend vor dem Schlafengehen betete ich dort die Komplet und besuchte so viele Messen dazwischen, wie ich nur konnte. Aber trotz der himmlischen Schönheit des Doms, trotz der prächtigen Buntglasfenster und der einmaligen vergoldeten Wandgemälde von Madonna und Kind, die ich in ehrfürchtiger Anbetung betrachtete, wollten meine tiefen Schuldgefühle nicht nachlassen. Lange, ungemütliche Stunden hindurch betete ich auf Knien vor dem Hochaltar und bat die Jungfrau um Vergebung, aber die schlechten Gedanken gingen mir doch nicht aus dem Kopf. Ich wünschte, Tuck wäre bei uns gewesen: Er hätte mein Gewissen beruhigen können, dessen war ich sicher.
    »Bei Gottes nässenden Analfisteln! Du brauchst endlich einen ordentlichen Kampf«, sagte Little John, als ich mich bei ihm eines Nachmittags über meine Stimmung beklagte. »Oder ein schönes Paar weicher Schenkel. Dann sieht die Welt gleich wieder anders aus.« Doch schien das eine so unerreichbar wie das andere.
    Inmitten dieser allgemeinen Tristesse beschloss König Richard, zu Ehren seines Vetters Philip von Frankreich einen Tag der Freude und der Musik zu veranstalten – es ging das Gerücht, dass sie sich überhaupt nicht verstanden und dies ein Versuch sei, das Verhältnis zu verbessern. Robin eröffnete mir, dass ich vor zwei Königen spielen sollte, im duftenden Kräutergarten hinter dem Kloster, wenn das Wetter gut war. An einem verregneten Morgen nahm er mich in einem Wandelgang beiseite, in dem sich früher die Mönche zum Domkapitel versammelt hatten, und erzählte mir von der geplanten Kurzweil und meiner Rolle dabei. »Bleib bei dem Liebesgesäusel, und vielleicht was Traditionelles; bloß nichts Politisches – wir sollen Philip besänftigen, nicht

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