Der Kreuzfahrer
gegen Mann zu töten, stehen nicht allzu gut. Und selbst wenn es demjenigen gelingen könnte, mich mit der Waffe in der Hand zu besiegen, würde es womöglich einige Zeit dauern, und wer weiß – inzwischen könnte der berühmte Schwertkämpfer Alan of Westbury mir zu Hilfe eilen.« Er neckte mich wieder einmal. »Nein, wenn man jemanden töten muss, ist Gift eine recht gute Wahl.«
Ich sagte nichts darauf. Ich konnte es nicht erklären, aber ich hatte das sichere Gefühl, dass der Attentäter kein Krieger war. Nur wusste ich nicht, wie ich das in Worte fassen sollte, also hielt ich den Mund. Stattdessen unterhielten wir uns weiter darüber, wie Robins Plan, sich völlig abzuschotten, im Alltag konkret funktionieren sollte.
Als ich mich zum Gehen wandte, hielt Robin mich am Arm zurück. Er sagte: »Ich weiß, dass wir uns in manchen Dingen nicht immer einig waren. Ich weiß, dass du manchmal aus irgendeinem Grund wütend auf mich bist. Aber ich will dir sagen, wie sehr ich es schätze, dass du diese Aufgabe übernimmst. Wenn es dir gelingt, den Schuldigen zu finden, werde ich dir mein Leben verdanken, und dessen bin ich mir bewusst.«
Während ich verblüfft in sein Gesicht starrte, dachte ich an Ruth, an unsere Zeiten als Gesetzlose, da er einem angeblichen heidnischen Gott ein Menschenopfer dargebracht hatte, und an ein Dutzend weitere Grausamkeiten, die Robin, um seinen persönlichen Zwecken zu dienen, verübt hatte. Doch in diesem Augenblick fand ich nichts von dem Zorn in mir, den ich in der Vergangenheit stets empfunden hatte.
Und ich dachte an alles, was er für mich getan hatte. Wie oft hatte er mich gerettet, im Kampf, aber auch, indem er meinem Leben eine andere Richtung gegeben hatte. Er hatte mich zum Lord of Westbury gemacht, mir seine Freundschaft geschenkt, mir einen Ehrenplatz unter seinen vielen Kämpfern eingeräumt.
»Ich tue nur meine Pflicht als treuer Vasall und nichts, was ich Euch nicht hundertfach schuldig wäre«, erwiderte ich aus vollem Herzen. Dann drückte ich seinen Unterarm und ging, ehe meine Gefühle mich überwältigten.
Der König war festlich gestimmt, als wir uns in der großen Halle der Festung Mategriffon versammelten. Ein riesiges Feuer loderte auf zwei mächtigen Steinplatten in der Mitte der Halle, und die emporstiebenden Funken verloren sich in der dunklen Rauchwolke unter der Decke, die nur langsam durch die Öffnungen hoch oben an den Wänden abzog. Um das große Feuer herum waren Tische zu einer langen, hufeisenförmigen Tafel aufgestellt, die dem Festmahl eine gemütliche, familiäre Atmosphäre verliehen, wie man sie bei königlichen Gesellschaften selten vorfand. Am Tisch genau in der Mitte saß der König, der seine Gäste – wir waren nicht mehr als vierundzwanzig Personen – mit guten Wünschen herzlich empfing. Er drängte uns, die allerbesten Teile Fleisch zu kosten, die auf Silbertellern auf dem Tisch angerichtet waren. Neben dem König, auf dem Ehrenplatz zu seiner Rechten, saß König Tankred von Sizilien, ein verschrumpelter kleiner Affe von einem Mann mit kahlem Oberkopf, den er zu verbergen versuchte, indem er das verbliebene Haar straff über seine Glatze legte.
Ich saß an einem der seitlichen Tische neben Sir Robert of Thurnham, den ich mit Freuden begrüßte, und einem säuerlichen französischen Ritter, der mir unbekannt war. Der Franzose und ich sprachen einander höflich an, aber ohne echtes Interesse – außerdem ist es in Gegenwart eines Königs lohnender, seine Aufmerksamkeit dem bedeutendsten Mann im Raum zu widmen. Richard scherzte und lachte und verzehrte Unmengen von Spanferkel. Mit seinen kräftigen weißen Zähnen riss er das Fleisch von den Rippen, und nachdem er es sich etwa eine Stunde lang hatte schmecken lassen, wischte er sich mit einer frischen weißen Leinenserviette das Fett vom Kinn, trank mir mit einem Kelch Wein zu und bat mich, für seine Gäste zu spielen.
Ich hatte eigens für diesen Abend ein Stück komponiert, das von meiner Liebe zu Nur inspiriert war. Natürlich konnte ich nicht öffentlich kundtun, dass ich in ein Sklavenmädchen verliebt war, das einst das Spielzeug eines reichen Mannes gewesen war. Also erfand ich dazu eine der üblichen Geschichten von der Liebe zu einer edlen Dame, weit über meinem eigenen Stand, die ich nur aus der Ferne anbeten konnte. Wenn ich mich recht erinnere, begann das Lied so:
»Meine Freude gebietet mir
Zu singen zur holden Weihnachtszeit
Es antwortet mein
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