Der Kreuzritter - Das Erbe - Guillou, J: Kreuzritter - Das Erbe - Arvet efter Arn
er eine hübsche Anzahl Goldmünzen aus der Kriegskasse des Königs erhalten hatte, als er nach Visby gefahren war. Er hatte nicht zu sehr feilschen müssen, als er das Schiff von Eskil Magnusson erstanden und die Besatzung angeheuert hatte, da er von vornherein davon ausging, dass alles Gold, das für diesen Krieg ausgegeben wurde, verschwendet war.
Das Angenehme an der Reise nach Visby war jedoch gewesen, dass er seinen jüngsten Bruder Elof hatte mitnehmen können, der laut Ingrid Ylvas hartem Urteil im Unterschied zu seinen älteren Brüdern zu nichts Wichtigem zu gebrauchen war. Elof hatte sich wie die anderen durch sein Latein und die Philosophie gequält und war auch nicht dümmer als seine Brüder. Aber er hatte keine Ziele im Leben. Er begehrte weder nach einem Lagmannshof noch nach einem Bischofsstab und nicht einmal nach Rittersporen. Er verlor sich in Träumen und tat sich vielleicht auch selbst leid, da er sich öfter als andere Männer sinnlos betrank.
Birger dachte gern daran zurück, wie Elof in Visby die sauberen Straßen mit ihren Abflüssen, die Steinhäuser und Kirchen, die Stadtmauer sowie das Handelshaus ihres Verwandten Eskil bewundert hatte. Und wie er gehofft hatte, waren Elof durch diese neue Welt die Augen geöffnet worden.
Unangenehm war die Erinnerung daran, wie sich Elof bereits am dritten Abend in einer der Schenken der Stadt bis zur Besinnungslosigkeit betrunken hatte und nur knapp dem Los entronnen war, totgeschlagen oder bestohlen zu werden. Birger entschuldigte sich damit, alles ihm Mögliche getan zu haben, sowohl für Elof als auch für Herrn Eskil. Wenn sich Elof zusammenriss, so hätte er ein großartiges Leben voller bedeutungsvoller Aufgaben, die sich seine Mutter nicht einmal vorstellen konnte, vor sich. Doch wenn ihm in Visby Bier und Wein wichtiger waren, so vergeudete er die Chancen, die für ihn in greifbarer Nähe lagen. Das war jedoch seine freie Entscheidung gewesen, und Birger hatte nicht mehr tun können, als ihm Visby zu zeigen und ihn dort bleiben zu lassen, solange er Lust hatte.
Nirgendwo war Land zu sehen, die Dünung im sanften Wind war angenehm und behaglich. Ab und zu erschien ein junger Forsviker auf dem Vordeck und übergab sich. Für die meisten war es die erste Seereise, die kurzen Überfahrten über den Vättern und Vänern einmal ausgenommen. Birger machte niemandem Vorhaltungen, denn ihm war es ebenso ergangen, als er mit Herrn Eskils Handelskoggen die ersten Male nach Lübeck gefahren war.
Hätte ein Ahnungsloser beobachtet, wie Birger allein auf dem Vordeck stand und unablässig Richtung Osten spähte, wo das Land der Heiden auftauchen musste, hätte er sicher geglaubt, dass hier ein ungeduldiger Krieger stand. Ein frommer und bescheidener Mann hätte vielleicht angenommen, hier sei ein Junker ganz von dem Gedanken erfüllt, bald für all seine Sünden Buße tun zu können.
Nichts davon kam auch nur im Entferntesten der Wahrheit nahe. Birger hatte zwar viel Grund zum Grübeln, aber er schien jeglichen Gedanken an den Krieg, der sich mit jedem Stampfen der Dünung unerbittlich näherte, von sich zu schieben. Angenehme Gedanken und Erinnerungen vermengten sich in seinem Kopf mit unangenehmen, er dachte an alles, nur nicht an den kommenden Krieg.
Matteus Marcusian, sein Jugendfreund aus Forsvik, war ebenfalls an Bord. Matteus hatte im Unterschied zu seinem Verwandten Johannes die Kriegsschule auf Forsvik besucht, statt den Beruf eines Kupferschmieds, Sägewerkbaumeisters, Waffenschmieds oder etwas anderes zu erlernen, was einen Mann, der keinen Grundbesitz besaß, versorgen konnte. Matteus war Krieger ohne Boden, noch dazu ein Krieger ohne Krieg. Dass er trotz aller Warnungen älterer Forsviker dem Ruf Birgers gefolgt war, war
nicht schwer zu verstehen. Im Augenblick hing er über der Reling, ungünstigerweise achtern, so dass der Wind sein Erbrochenes über das Schiff trieb.
Dass Erik Stensson, der älteste Forsviker an Bord, dem Ruf Birgers gefolgt war, war ebenfalls nicht schwer zu verstehen. Erik hatte Bengt Elinsson auf Ymseborg als Waffenlehrer gedient, seit sie sich auf dem Thing in Askeberga begegnet waren und Birger Gnade und Vergebung für ihn erwirkt hatte, obwohl er sein Schwert entehrt hatte. Damit stand Erik für den Rest seines Lebens in Birgers Schuld. Auf Begleichung dieser Schuld konnte der Gläubiger jederzeit bestehen. Jetzt wurde diese Schuld in Form von Kriegsdienst beglichen.
Birgers Gedanken flatterten auf der Flucht
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