Der Kreuzritter - Das Erbe - Guillou, J: Kreuzritter - Das Erbe - Arvet efter Arn
Weg zu dem Haus zu zeigen, in dem Signy und ihr Sohn Gregers wohnten. Das wage sie
nicht, entgegnete sie kleinlaut, da das hieße, die Schande des Hauses zu verraten. Signy sei von ihrem Vater zwar nicht totgeschlagen worden, aber dafür würde dieser vielleicht die Leibeigene totschlagen, die es gewagt habe, seinen Anweisungen zu trotzen und fremden Männern von seiner Schande zu erzählen.
Birger wurde daraufhin ruhiger und fragte sie nach ihrem Namen. Sie sagte, sie habe mehrere, der gebräuchlichste sei jedoch Sala. Daraufhin tätschelte ihr Birger beruhigend den Kopf und versprach ihr, sie am nächsten Tag freizukaufen, so dass ihr kein Unglück widerfahre. Das befreite sie jedoch nicht von ihrer Angst, und sie begann erneut zu jammern, dass ihr Herr sie vielleicht nicht verkaufen würde, da er Gründe, die sie lieber nicht nennen wolle, habe, sie zu behalten. Birger entgegnete knapp, es gebe Gründe, die er einer Leibeigenen jedoch nicht darlegen brauche, warum ihr Herr seinen Vorschlag in dieser Sache nicht zurückweisen könne.
So kam es, dass er Signy jetzt zum ersten Mal seit der Jünglingsnacht auf Agneshus wiedersah. Ihr Haar war verfilzt, ihre Kleider waren die einer Leibeigenen und ihre Augen voller Angst. In der winzigen Hütte war es dunkel, und im Kamin glomm nur noch eine schwache Glut. Es dauerte eine Weile, bis es hell wurde. Signy eilte hin und her wie eine verängstigte Ratte und faselte wie im Fieber über Sünde und Strafe. Als das Feuer im Kamin wieder brannte und sie außerdem noch ein paar Kienspäne angezündet hatte, hielt er sie fest. Er nahm ihr Gesicht sanft, aber doch fordernd zwischen seine Hände und zwang sie, sich in den Schein von Feuer und Kienspänen neben ihn zu setzen.
»Ich bin Birger Magnusson«, sagte er. »Dort draußen steht die Leibeigene Sala. Sie hat mich zu dir geführt.
Sie sagt, dass du mir einen Sohn geboren hast. Ist das wahr?«
Signy brauchte seine Frage nicht zu beantworten, denn im Bett hinter ihr begann es sich zu bewegen. Ein schlaftrunkener Knabe schaute sich um, entdeckte Birger und warf sich sofort in seine Arme. Noch nie war Birger von einem unerwarteten Angriff so überrascht gewesen.
»Er ist gekommen! Er ist gekommen!« Der Junge lachte. »Mutter sagte immer, dass er kommen wird. Mein mächtiger Vater aus einem fremden Land!«
Birger drückte den Jungen lange an sich, bevor er seine Sprache wiederfand. Er nahm einen Kienspan und leuchtete abwechselnd dem Knaben und sich selbst ins Gesicht, so dass sie sich eingehend betrachten konnten, um sich später wiederzuerkennen. Der Junge hatte dunkles, leicht rötliches Haar, eine Mischung aus Birgers und Signes Farben, dazu hatte er die braunen Augen Birgers und nicht die blauen seiner Mutter.
»Man hat mir gesagt, dass du Gregers heißt«, flüsterte Birger dem Jungen zu. »Ist das dein Name?«
»Ja, und dein Name ist Birger«, erwiderte der Junge furchtlos.
»Es heißt nicht dein Name, sondern Euer Name, wenn man mit seinem Vater spricht«, berichtigte ihn Birger neckend und lächelte Signy zu, die immer noch mit wildem Blick neben ihm saß und sich auf die Unterlippe biss.
Es dauerte eine Weile, bis er weitere Worte fand, da ihn das Gefühl überwältigte, ein Leben in den Armen zu halten, das zur Hälfte aus ihm selbst hervorgegangen war. Nach einer Weile schickte er Gregers jedoch wieder ins Bett, da er mit Mutter Signy zu sprechen habe. Gregers sträubte sich anfangs, doch Birger machte ihm unmissverständlich klar, dass man seinem Vater zu gehorchen habe.
Signy musste er zunächst jedes einzelne Wort abringen, da es ihr schwerzufallen schien, zusammenhängend zu sprechen. Aber nach einer Weile war ihr Blick weniger wild, und sie bestätigte, was Birger bereits wusste oder sich zusammengereimt hatte.
Vor der Nacht auf Agneshus bei der Hochzeit von Jon Agnesson hatte sie noch nie einem Mann angehört. Ältere, weise Frauen meinten, man könne beim ersten Mal nicht schwanger werden, aber das sei nicht wahr. Denn nach dieser Nacht habe ihr Vater, der Verdacht geschöpft habe, dass bei der Jünglingsnacht auf Agneshus nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sei, sie bewacht, als sei sie eine Gans, die goldene Eier lege. Es habe sich bald gezeigt, dass sie schwanger war, und niemand anders als Birger habe der Vater des Kindes sein können. Ihr Vater habe die Wahrheit aus ihr herausgeprügelt. Dann habe sie versucht, Gregers so gut es ging allein zu erziehen, und vielleicht habe sie in den
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