Der Kreuzritter - Das Erbe - Guillou, J: Kreuzritter - Das Erbe - Arvet efter Arn
Weise, wie nur sie es sich unter allen Menschen dieser Erde erlauben durfte. Sofort nahm Birger sie in den Arm und entschuldigte sich. Er versprach ihr ein großes Fest, sobald er von der Königsburg Näs zurück sei. Er habe ihr viel von der Befreiung Lübecks zu erzählen.
Von dem Sieg und von Lübeck wollte Ingrid Ylva nichts hören, wie eifrig er auch zu erzählen versuchte. Sie sagte, sie habe die ganze Zeit gewusst, dass er siegen würde, da dem immer so sei und er dieses Mal auch noch das heilige Schwert Arn Magnussons als Talisman mitgenommen habe. Birger hielt sie eine Weile schweigend in den Armen. Obwohl eine Frau aus Stahl, kam ihm seine Mutter leicht wie eine Feder vor.
Ingrid Ylva hatte zwar nicht die Geduld besessen, sich anzuhören, wie man in Lübeck ohne einen einzigen Reiter oder Bogenschützen so wunderbar gesiegt hatte, die Männer des Königs im großen Ratssaal im östlichen Turm auf Näs hingegen lauschten Birgers Erzählung umso andächtiger.
Es kam ihnen wie ein Wunder vor, dass er die zwei Truhen mit Gold wieder in den Saal tragen lassen konnte, die ihm der König für seinen verzweifelten und fast unmöglichen
Versuch zu Verfügung gestellt hatte, der belagerten Stadt zu helfen. Acht Männer schleppten die Goldtruhen herbei und wuchteten sie mit großer Mühe auf den massiven Eichentisch in der Mitte des Saales. Birger trat an den Tisch, klappte die Deckel auf, verbeugte sich vor König Erik und teilte seiner Majestät mit, dass er den gesamten Einsatz zurückerhalte. Außerdem hatte er ein Handelsabkommen im Gepäck, über das er den ganzen Winter hindurch in Lübeck verhandelt hatte. Keiner der wichtigen Häfen würde während der nächsten zehn Jahre für den Handel von Lübeck mit Zöllen belegt. Wer rechnen könne, fügte Birger hinzu, erkenne, dass dieses Abkommen bedeutend mehr einbringe als all das Gold, dass sie vor sich auf dem Tisch sähen.
Der König stellte als Erster die Frage, auf deren Antwort die Ratsmitglieder voller Ungeduld harrten. Wie dieser Sieg, der wie ein göttliches Wunder wirke, eigentlich vonstattengegangen sei.
Lächelnd kehrte Birger zum Platz des Marschalls zurück, der sich neben dem erhöhten Stuhl des Jarls befand. Er war nur zu gern bereit, von der Befreiung Lübecks zu erzählen.
Mit fünfzig Schiffen und ohne einen einzigen Soldaten waren sie aus Visby gekommen. Die Vordersteven der schweren Schiffe waren jedoch mit Eisenbeschlägen, der einzigen nötigen Waffe, versehen worden. Die Lübeck belagernden Dänen hatten die Flotte aus Gotland auf dem Meer entdeckt, aber nichts unternehmen können, als Gott um südlichen Wind zu bitten. Doch es war Oktober gewesen, der Monat der nördlichen Stürme. Bald hätten sie einen günstigen Wind gehabt und seien auf die Ketten zugesteuert, die die Hafenzufahrt der belagerten Stadt versperrten. Die Ketten seien wie dünne Fäden zerrissen.
Vor den Stadtmauern hätten die Dänen im Herbstmatsch gesessen, während ihre Vorräte zur Neige gegangen seien. Der kalte, nasse Winter sei im Anzug gewesen, und sie hätten die Essensdüfte der Lübecker einatmen müssen, die sich jeden Abend den Bauch vollschlugen. Die Belagerer hätten im Schlamm gelegen und gefroren, während es bei den Belagerten warm und trocken gewesen sei. Man habe leicht verstehen können, dass die Dänen die Belagerung rasch aufgegeben hätten und nach Dänemark zurückgekehrt seien.
Birger erzählte nicht von seinen guten Geschäften, die er in einer reichen, aber hungernden Stadt mit Dörrfisch und Pökelfleisch gemacht hatte, und niemand fragte ihn danach. Und welchen Nutzen Birgers Bruder Elof, der inzwischen der reichste Mann Visbys war, aus dieser Reise gezogen habe, wollte ebenfalls niemand wissen. Denn einem Mann, der die gesamte Kriegskasse des Königs und noch dazu ein gesegnetes Handelsabkommen heimgebracht hatte, indiskrete Fragen zu stellen, wäre selbst für einen verdrossenen und misstrauischen Mann wie Ulf Fasi undenkbar gewesen. Der Jarl musste sich damit begnügen, während Birgers Bericht über seinen wunderbaren Sieg, den er vor allem mit Hilfe von Lebensmitteln errungen hatte, zu husten und mit seinem Stuhl zu knarren.
Aber aufgrund der unüblich raschen Einberufung besuchte nur die Hälfte der Mitglieder die Sitzung des Königlichen Rates. Sie hielt auch eine unangenehme Überraschung für Birger bereit. Als sich die Freude über seine Worte gelegt hatte, forderte König Erik stotternd und unsicher dazu auf, zur
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