Der Kreuzritter - Das Erbe - Guillou, J: Kreuzritter - Das Erbe - Arvet efter Arn
einen aufgehängten Ring anritt oder gegen ein schwarzes Petrus-Schild, möglichst ohne von der daran befestigten Rute getroffen zu werden. Eine weitere Übung bestand darin, auf einen Apfel zuzureiten, um ihn mit dem Schwert zu spalten. All dies war für einen Forsviker leicht zu bewältigen.
Die härteste Auseinandersetzung ereignete sich, wenn die Reiter dreimal gegeneinander anritten und versuchten, sich gegenseitig mit einem Treffer auf Brust oder Schild aus dem Sattel zu werfen. Genügten drei Durchgänge nicht, so wurde geritten, bis einer von beiden zweimal gesiegt hatte. Obwohl keine scharf geschliffenen Waffen, sondern Lanzen mit platten Spitzen benutzt wurden, war dieses Spiel keineswegs ungefährlich.
Ritter Sigurd und sein Bruder Oddvar, der höchste Befehlshaber auf Forsvik in allen Belangen des Krieges, war anfänglich etwas skeptisch, was die lautstarken Rufe nach einem Turnier anging. Aber nachdem sie durchgezählt hatten, kamen sie zu dem Schluss, dass sie bei der Fahrt nach Lödöse auf jeden Zehnten, der eventuell bettlägerig wurde, was einer realistischen Einschätzung entsprach, verzichten konnten. Gute Betten und Pflege gab es auch für die, die in Forsvik zurückbleiben mussten, wenn sich die anderen auf den Weg machten. Ritter Sigurd entschied jedoch, dass keiner der jungen Herren, die ihre Lehre auf Forsvik noch nicht beendet und noch keine eigene Lanze und kein eigenes Schwert erhalten hatten, im Turnier mitreiten
durfte. Außerdem mussten alle Teilnehmer mindestens siebzehn Jahre alt sein.
Damit gehörte Birger zu den Jüngsten, war aber trotzdem zuversichtlich, es bei den Spielen recht weit zu bringen. Nachdem er jedoch eingehender darüber nachgedacht hatte, kam er zu dem Schluss, dass Hochmut eine Sünde war, die meist sofort bestraft wurde. Er bekreuzigte sich, betete kurz zur Mutter Gottes und bat um Vergebung. Er wagte es nicht, auch noch um Erfolg zu beten, da auch das in der Gesellschaft fünf echter Ritter, in der er sich befand, vermessen gewesen wäre.
Die Spiele begannen, indem alle Teilnehmer auf den größten Übungsplatz ritten, der von den Turnierbahnen gekreuzt wurde. Ritter Oddvar beaufsichtigte streng das Tor, damit sich niemand, der zu jung war, unter die Teilnehmer mischte. Er griff auch wirklich zwei junge Herren auf, die sich murrend und mit gesenktem Kopf zu den Zuschauern gesellen mussten.
Als sich alle Reiter auf dem Platz versammelt hatten, ritten sie in einem großen Kreis hintereinander her, so dass sich stets zwei von ihnen auf den Turnierbahnen befanden. Auf ein Hornsignal hin mussten alle sofort innehalten. Wer sich in diesem Augenblick auf den Turnierbahnen befand, konnte sich nur noch bekreuzigen und nachschauen, wer sich auf der anderen Seite der Bahnen befand. Diejenigen, die außerhalb waren, gesellten sich zu den Zuschauern, bis der erste Kampf vorüber war. Dann wurde bis zum nächsten Hornsignal wieder im Kreis geritten.
Beim ersten Signal befand sich Birger außerhalb der Turnierbahnen und konnte sich gelassen unter die Zuschauer mischen. Beim zweiten Durchgang befand er sich jedoch innerhalb der Bahnen, schaute mit klopfendem
Herzen auf und erblickte am anderen Ende einen Gegner in seinem eigenen Alter.
Auf ein neues Hornsignal hin galoppierten sie mit gesenkter Lanze aufeinander zu. Birger gewann den ersten Angriff mit Leichtigkeit und den zweiten mit etwas größerer Mühe. Daher gehörte er zu denen, die auch ein drittes Mal im Kreis reiten durften, während sich die Besiegten zu den Zuschauern gesellten, ins Krankenlager hinkten oder schlimmstenfalls dorthin getragen werden mussten. Die heilkundigen Frauen auf Forsvik, die überwiegend aus fremden Ländern stammten, bekamen immer mehr zu tun.
Beim dritten Durchgang befand sich Birger erneut außerhalb der Turnierbahnen, als er sein Pferd anhielt, und konnte sich zu den Zuschauern gesellen. Er rechnete aus, dass nach diesem Durchgang nur noch die Hälfte der Teilnehmer übrig war. Wenn er mit dem nächsten Gegner etwas Glück hatte, dann würde er sich bald unter den Letzten befinden.
Aber sonderliches Glück hatte er nicht. Als er beim nächsten Hornsignal anhielt, befand er sich auf einer der mittleren Turnierbahnen und schaute neugierig zur anderen Seite hinüber. Er rang nach Luft und hätte sich am liebsten bekreuzigt: Auf der anderen Seite wartete Ritter Bengt.
Immerhin ist es gut, dachte Birger, dass jetzt niemand mein Gesicht sehen kann. Bei diesem Spiel verwendeten sie
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