Der Kreuzritter - Das Erbe - Guillou, J: Kreuzritter - Das Erbe - Arvet efter Arn
sich ins Gedächtnis rufen müssen, einen königlichen Auftrag zu befolgen, dem er sich als Junker zu Ulvåsa nicht entziehen konnte. Täglich mit einem schlechteren Kämpfer zu üben, verwandelte ihn selbst in einen schlechteren Kämpfer, da
alles immer sehr langsam gehen musste. So hatte er sich das wirklich nicht vorgestellt, als er sich trotz harter Widerworte seiner Mutter nach dem Trauerjahr dazu entschlossen hatte, nach Forsvik zurückzukehren. Dort hätte er mit den Allerbesten üben und hoffen können, ihnen eines Tages ebenbürtig zu werden. Jetzt lag diese Hoffnung in weiter Ferne.
Ingrid Ylva hatte es nie für eine gute Idee gehalten, die beiden Junker mit einem königlichen Auftrag aneinanderzufesseln, und zwar weder für Birger noch für Knut. Sie hatte das Gefühl, dass der eine den anderen trotzdem erschlagen würde, wenn es das Schicksal nun mal so vorausbestimmt hatte. Und in diesem Sinne war es alles andere als klug, dass Junker Knut stärker und gefährlicher geworden war. Diese Gedanken hatte Ingrid Ylva jedoch für sich behalten. Sie hatte bislang keine Miene verzogen. Bei jeder Abendmahlzeit, seit sie aus Näs zurückgekehrt war, saß Knut als geehrter Eriker an ihrer Seite.
Es verärgerte Ingrid Ylva auch, dass sie Birger zwar im Haus hatte, er seine Tage aber nicht mit seinen Brüdern und den Klerikern verbrachte, um Kenntnisse zu erwerben, die sie für wichtiger hielt als die Handhabung von Schwert und Schild. Im Augenblick besaß Birger eine Ausrede, gegen die sich nichts einwenden ließ. Ein königlicher Auftrag war ein königlicher Auftrag.
Sie hatte nur wenig Gelegenheit, sich mit Birger zu unterhalten. Das einzige Mal in diesen ersten Wochen war am zweiten Sonntag auf dem Weg zur Kirche gewesen. Bei dieser Gelegenheit war sie außerdem rasend wütend auf Birger geworden.
Sie ritten Seite an Seite hinter dem Bannerträger und sprachen eine Weile über die Waffenübungen mit Knut, obwohl beide das Thema nicht sonderlich interessant fanden.
Birger war in Gedanken woanders und begann bald, laut nachzudenken. Er fragte sich, ob es ausschließlich Königen vorbehalten sei, sich in gewissen Dinge, die einer Eheschließung im Wege stünden, an den Heiligen Vater in Rom zu wenden. Da vor Gott alle gleich seien, müsse es dem Papst doch auch bei Männern aus vornehmer Familie möglich sein, etwaige Hindernisse aus dem Weg zu räumen.
Wie ein Blitz traf Ingrid Ylva die Gewissheit, worum es eigentlich ging. Sie ließ sich jedoch nichts anmerken. Stattdessen fragte sie verräterisch milde, um was für nahe Verwandte es denn ginge, und als Birger antwortete, das wisse er nicht so genau, aber er könne sich einen Mann und die Tochter eines Onkels, einen Mann oder die Tochter eines Großonkels oder sogar einen Mann und seine Tante vorstellen, da geriet sie innerlich in Aufruhr. Sie wurde trotzdem nicht lauter, als sie antwortete, denn niemand in dem Gefolge, das zur Kirche unterwegs war, sollte etwas mitbekommen. Ihre Worte waren aber so stark, dass sie schmerzten wie glühendes Eisen. Das alles seien Fälle von Blutschande, zischte sie zwischen den Zähnen hervor. Es könne auch nie etwas anderes als Blutschande sein, wenn er sich Alde nähere. Auch der heuchlerischste König von Gottes Gnaden könne den Heiligen Vater nicht dazu bringen, ihm die eigene Tante zur Braut zu geben, außerdem solle Alde den Mann bekommen, den sie liebe, und das sei Ritter Sigurd. Weiterhin solle Birger eine Königstochter ehelichen und nichts darunter. Im Übrigen solle er dieses verwerfliche Thema nicht wieder zur Sprache bringen.
Birger biss die Zähne zusammen und schwieg.
Nach der friedlichen Erntezeit zur Petrusmesse kam die Michaelsmesse. Jetzt brauchte sich niemand in Västra und Östra Götaland mehr um seine Zäune zu kümmern, da Vieh und Pferde in die Ställe kamen. Das Laub glühte rot und golden, ein Vorbote des grauen Herbstes, der bald kommen würde. Über fünf Wochen lang hatten Birger und Knut ihre königliche Pflicht erfüllt, und wer sie von Anfang an beobachtete hatte, konnte bezeugen, dass Knut enorme Fortschritte gemacht hatte. Aus Forsvik hatte Birger außerdem alles bekommen, was er bestellt hatte. Knuts Schwert lag jetzt viel besser in seiner Hand, und sein Schild war mehr als nur Dekoration. Auch Knuts Kettenpanzer an Armen und Beinen war leichter geworden, was seinen durchgeprügelten Gliedern eine gewisse Linderung verschaffte.
Beide fanden jedoch, dass weitere zehn Monate in dieser
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