Der Kreuzritter - Verbannung - Tempelriddaren
Am Ufer wurde damit begonnen, die Gefangenen zu köpfen. Man arbeitete sich zum Siegeszelt vor. Das dauerte etwa zwei Stunden.
Überlebt hatten zweihundertsechsundvierzig Templer und etwa ebenso viele Johanniter. Das bedeutete, dass die beiden Orden im Heiligen Land jetzt so gut wie ausgerottet waren.
Saladin weinte vor Glück und dankte Gott, als er dem Beginn der Exekutionen zusah. Gott war ihm unbegreiflich gnädig gewesen. Endlich hatte er die beiden fürchterlichen Orden geschlagen, da die Männer, die jetzt gerade ihre Köpfe verloren, die letzten waren. Ihre fast verlassenen Burgen würden wie reife Früchte fallen. Der Weg nach Jerusalem war frei.
Die gefangen genommenen weltlichen Ritter wurden wie gewöhnlich anders behandelt. Nachdem Saladin sich eine Weile an dem Anblick der Templer und Johanniter erfreut hatte, die nach und nach enthauptet wurden, ging er zurück in sein Siegeszelt. Dorthin hatte er seine vornehmsten Gefangenen eingeladen. Unter ihnen befanden sich der unglückliche König Guy de Lusignan und Saladins verhasstester Feind Rainald de Châtillon, der neben dem König saß. Auf dem nächsten Stuhl hatte der Großmeister der Templer, Gérard de Ridefort, Platz genommen, der aber vermutlich kein besonders wertvoller Gefangener war. Allerdings käme es auf einen Versuch an, meinte Saladin. Im Angesicht des Todes hatte sich schon manch mutiger und ehrenwerter Mann in einen kläglichen Feigling verwandelt.
Einer der ranghöchsten und wertvollsten fränkischen Gefangenen hatte jedoch nicht mit Erbarmen zu rechnen. Saladin hatte Gott geschworen, Rainald de Châtillon mit eigenen Händen zu töten, und das tat er jetzt mit seinem Schwert. Sofort beruhigte er die anderen Gefangenen. Natürlich wolle er sie nicht ebenso behandeln. Er gab ihnen allen Wasser zu trinken, das er ihnen persönlich reichte.
Draußen bei den Exekutionen waren viele sarazenische Soldaten zusammengeströmt, die offensichtlich ihren Spaß hatten. Eine Gruppe sufistischer Gelehrter aus Kairo war Saladins Heer gefolgt, weil sie meinten, die Christen zum wahren Glauben bekehren zu können. Einige Emire waren nun auf die Idee gekommen, die Sufisten könnten ihr Glück bei den Kriegermönchen, den Johannitern und Templern, versuchen.
Daher gingen die Sufisten jetzt von einem Ritter zum nächsten und fragten, ob sie bereit seien, dem falschen, christlichen Glauben abzuschwören und zum Islam überzutreten. Dann würde man ihnen das Leben schenken. Jedes Mal, wenn sie ein Nein erhielten, und das erhielten sie ständig, mussten sie selbst versuchen, den Ritter zu enthaupten. Das führte bei den Zuschauern zu großer Heiterkeit, da kaum ein Kopf auf die richtige Art und Weise abgeschlagen wurde. Ganz im Gegenteil mussten diese gelehrten Verteidiger des Glaubens immer mehrfach zuhauen. Wenn ihnen einmal eine Enthauptung glückte, jubelten die Zuschauer. Sonst lachten sie, scherzten und gaben gute Ratschläge.
Durch das Wasser, das Arn bekommen hatte, war er so weit wiederbelebt, dass er verstand, was um ihn herum vorging. Aber sein Gesicht war voller Blut, und er sah nur noch auf einem Auge. Daher konnte er nicht so recht erkennen, was weiter unten in der Schlange geschah.
Es interessierte ihn jedoch auch nicht besonders. Er betete und bereitete sich darauf vor, seine Seele Gott anzuvertrauen. Mit der Kraft, die er noch aufbringen konnte, fragte er diesen, was er damit bezweckt hatte. Denn es war der 4. Juli 1187: Genau heute waren zwanzig Jahre vergangen, seit er den Templern seinen Eid geschworen hatte. Mit dem Sonnenuntergang wäre er frei.
Was bezweckte Gott damit, ihn bis zur letzten Stunde im Dienst leben zu lassen und dann sein Leben auszulöschen? Und warum ließ er ihn bis zu diesem Tage leben, an dem die Christenheit im Heiligen Land unterging?
Er ermahnte sich, nicht so selbstsüchtig zu sein. Schließlich war er nicht der Einzige, der starb, und er konnte die letzte Stunde im Leben besser nutzen, als Gott anklagende Fragen zu stellen. Da sein eigenes Leben jetzt zu Ende war, sollte er lieber für Cecilia beten und für das Kind, das jetzt bald vaterlos sein würde.
Als die verschwitzte und aufgeregte Gruppe blutbesudelter sufistischer Gelehrter bei Arn anlangte, fragten sie ihn resigniert, ob er bereit sei, seinem falschen Glauben abzuschwören und sich zum wahren Glauben zu bekennen. Dann würde man ihm das Leben schenken. Ihre Frage klang nicht so, als setzten sie sonderliche Hoffnung auf seine Bekehrung, und
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