Der Kreuzritter - Verbannung - Tempelriddaren
ausgesetzt sah. Ganz selten brannten die Sarazenen eine Wunde mit glühenden Eisen aus, wenn sie sich nicht mit Branntwein reinigen ließ. In solchen Fällen erschien Arn de Gothia persönlich mit einigen Knappen im Schlepptau, die den Unglücklichen festhielten, während er mit glühenden Eisen behandelt wurde.
Arn besuchte jeden Tag die Verwundeten und betete mit ihnen. Dann ging er mit einem der Ärzte von Lager zu Lager und übersetzte dessen Ratschläge und Ansichten. All das war sehr ungewohnt und erfüllte Siegfried de Turenne deshalb anfänglich mit großem Misstrauen. Aber die Vernunft hatte ebenfalls das Ihre zu sagen, und ihr ließ sich nicht so leicht widersprechen. Von den vielen Verwundeten, die nach der Schlacht am Mont Gisard nach Gaza gekommen waren, war nur einer gestorben. Dieser
hatte jedoch eine schwere Bauchverletzung gehabt, und dagegen war bekanntlich kein Kraut gewachsen. Es war nicht zu leugnen, dass sich das Infirmatorium allmählich leerte und dass die meisten Verwundeten, sogar zwei Männer, deren Wunden mit glühenden Eisen ausgebrannt worden waren, ihren Dienst wieder aufnehmen konnten. Siegfrieds langjährige Erfahrungen besagten, dass die Hälfte der Brüder, die nach einer Schlacht verwundet waren, starben und dass von den Überlebenden viele zu Krüppeln wurden. Hier in Gaza war unter der Behandlung durch die sarazenischen Ärzte nur einer gestorben, noch dazu ein hoffnungsloser Fall. Es wäre deshalb einfältig gewesen, nicht auch zu Hause in Castel Arnald schleunigst sarazenische Ärzte anzustellen. Diese Schlussfolgerung fiel Bruder Siegfried nicht leicht. Hätte er seine Überzeugung jedoch geleugnet, dann hätte er sich gegen die verwundeten Brüder versündigt, und das wäre weitaus schlimmer gewesen.
Der Arzt Abd al-Malik war einer von Arns ältesten Freunden in Outremer. Sie waren sich zum ersten Mal begegnet, als Arn ein schüchterner und kindlicher Achtzehnjähriger gewesen war. Damals hatte er gerade erst seinen Dienst auf der Templerburg Tortosa weit im Norden des Landes angetreten. Abd al-Malik hatte ihm auf beharrliches Bitten hin die ersten arabischen Worte beigebracht. Diesen Unterricht hatten sie zwei Jahre lang fortgesetzt, bis Arn eine erneute Abkommandierung erhielt.
Der heilige Koran war für den Arabischunterricht mit Abstand am besten geeignet, da er in einer vollkommenen Sprache abgefasst war. Den Grund dafür sah Abd al-Malik
darin, dass es sich hier um Gottes reine Sprache handle, mit nur einem Gesandten, der Friede sei mit ihm, als Vermittler. Arn erklärte sich die Vollkommenheit der Sprache jedoch dadurch, dass der Koran zur Richtschnur für alle arabischen Sprachen geworden sei und so erst im Nachhinein als vollkommen gegolten habe, da sich alle nach ihm hätten richten müssen.
Über solche Dinge debattierten sie. Beide kümmerte es nicht, dass sie nicht denselben Glauben hatten. Abd al-Malik ließ sich vom Glauben eines anderen nicht aus der Ruhe bringen. Er hatte für seldschukische Türken, für byzantinische Christen, für das Schia-Kalifat in Kairo und für das Sunna-Kalifat in Bagdad gearbeitet, immer dort, wo die Bezahlung gerade am besten war. Als er Arn erneut begegnet war, gerade als dieser das Kommando in Gaza übernehmen sollte, hatten sie sich schnell und freundschaftlich geeinigt, allerdings nicht nur aus alter Freundschaft. Arn hatte nicht gezögert, ihm einen fürstlichen Lohn zu versprechen, da er wusste, wie viele Templerleben dadurch gerettet werden konnten. So gesehen war das keine große Ausgabe. Einen erfahrenen Templer zu heilen und wieder auf den Pferderücken zu bekommen war unendlich viel billiger, als einen frisch eingetroffenen Grünschnabel auszubilden.
Um diese Zeit gab es auf der ganzen Welt keinen reicheren Orden, und manch einer meinte, dass die Templer mehr Gold in ihren Kassen hatten als die Könige von Frankreich und England zusammengenommen. Wahrscheinlich stimmte das.
Gaza war nicht nur eine befestigte Stadt und der letzte südliche Vorposten gegen drohende ägyptische Invasionen, sondern gleichermaßen eine Handelsstadt, einer der acht Häfen der Templer an der Küste Richtung Türkei.
Ein besonderer Vorteil des Hafens von Gaza war, dass er im Unterschied zu dem von Akkon von den Templern beherrscht wurde. Das ermöglichte es den Bewohnern, ungeachtet etwaiger Kriege den Handel mit Alexandria aufrechtzuerhalten. Außenstehende sahen die Schiffe schließlich nicht, die nur zwischen Gaza und Alexandria
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