Der Kreuzritter - Verbannung - Tempelriddaren
verwundeten Arm und ein verwundetes Bein nicht wieder in Form bringen, Siegfried würde nur erneut Schmerzen bekommen. Dann
fing er an, Schläge auf Siegfrieds Schild zu richten, mal hoch, mal tief. Er tat das mit langsamen und deutlichen Bewegungen und betrachtete dabei seinen Freund, der immer größere Schwierigkeiten hatte, den Schild mit seinem verletzten Arm zu heben und zu senken.
Dann begann er eine neue Übung. Er bewegte sich auf seinen Gegner zu und zog sich wieder zurück, sodass Siegfried jedes Mal einen Ausfall machen und dabei sein verletztes Bein strecken musste.
Bald brach Arn diese Übung jedoch ab und meinte, dass man immer noch merken könne, wo die Verletzungen seien. Es sei daher unklug, jetzt schon härter zu trainieren. Es hätte aber durchaus den Anschein, als würde Siegfried wieder der werden, der er vor Mont Gisard gewesen sei. Siegfried wollte erst nicht einwilligen, da er meinte, dass ein Templer solche Schmerzen aushalten müsse, denn sie hätten eine stärkende und abhärtende Wirkung. Arn erwiderte darauf, dass das, was für Gesunde gelte, nicht für Verwundete gelten könne. Er wolle dafür sorgen, dass Siegfried an seinem Bett festgebunden werde, falls er noch mehr Gerede dieser Art höre. Auch wenn sie denselben Rang hätten, seien sie jetzt in Gaza, und deswegen würde er Siegfried verbieten, in Zukunft mit jemand anders als ihm zu üben. Obwohl Siegfried murrte, gaben sie ihre Waffen zurück und gingen anschließend in die Kirche, um die None zu singen.
Es war ein Donnerstag. An diesem Tag pflegte Arn einen Majlis vor der Ostmauer der Burg abzuhalten. Dabei schlichtete er zusammen mit dem gelehrten Arzt Utman ibn Khattab Streitigkeiten und verurteilte Rechtsbrecher. Er bot Siegfried an, zuzuschauen, da es für einen Burggrafen aus dem Norden interessant sein könne, welche Fragen hier im Süden auf der Tagesordnung stünden.
Eine Bedingung war jedoch, dass Siegfried Templermantel und Schwert anlegte.
Mehr aus Neugier ging Siegfried zu der Gerichtsverhandlung mit. Er versuchte sich einzureden, aufgeschlossen zu sein und nicht vorschnell zu verurteilen, was ihm im ersten Moment ebenso fremd wie abstoßend vorkam: vor den Sarazenen Gerechtigkeit zu heucheln, als seien diese ebenbürtig. Zur Sicherheit erinnerte er sich daran, dass dies in Gaza sehr nützlich gewesen war, was die Kunst der sarazenischen Ärzte betraf.
Und doch hielt er das Ganze anfänglich für ein geschmackloses Spektakel. Hier wurde mit heiligen Dingen Schindluder getrieben, denn nicht nur Gottes Wort, sondern auch der Koran wurde auf einen Tisch vor die Tribüne gelegt, auf der er zusammen mit Arn und dem sarazenischen Arzt Utman ibn Khattab saß. Eine große Menschenschar hatte sich um ein Geviert versammelt, das mit Seilen abgesperrt war und von schwarz gekleideten Knappen mit Lanzen und Schwertern bewacht wurde. Das Spektakel begann damit, dass Arn das Paternoster sprach. Nur ein kleiner Teil der Zuschauer schien mitzubeten. Anschließend sprach Utman ibn Khattab ein Gebet in der Sprache der Gottlosen. Dabei senkten die meisten der Anwesenden ihre Stirn zur Erde. Danach erklärte Arn, man könne jetzt mit der ersten Verhandlung beginnen. Ein palästinischer Bauer aus einem der Dörfer, die zu Gaza gehörten, trat zusammen mit einer Frau vor, deren Hände auf dem Rücken gefesselt waren; eine weitere Frau ging neben ihm. Die Gebundene stieß er vor sich in den Sand und schob die andere Frau, die einen Schleier vor dem Gesicht trug, hinter seinen Rücken. Gleichzeitig verbeugte er sich vor den drei Richtern, hob seinen rechten Arm und leierte ein langes Gebet herunter.
Vielleicht handelte es sich aber auch um eine Huldigung an Arn. Für Siegfried waren die Worte jedenfalls vollkommen unverständlich.
Dann begann der palästinische Bauer seine Sache vorzutragen. Arn übersetzte flüsternd, damit Siegfried dem Problem folgen konnte.
Die gebundene und erniedrigte Frau war die Ehefrau des Bauern, die er bei einer groben Sünde ertappt hatte. Er hatte von seinem Recht, sie für ihre Untreue zu töten, allerdings keinen Gebrauch gemacht. Diese Milde beruhte darauf, dass er die Gesetze von Gaza respektierte. Er hatte wie alle in seinem Dorf geschworen, diesen zu gehorchen, damit ihm die Stadt Schutz gewähre. Als Zeugin für das Geschehene sollte eine ehrbare Frau auftreten, die Nachbarin des Bauern.
Hier unterbrach Arn das eintönige Lamentieren des Mannes und bat die ehrbare Frau, vorzutreten. Scheu tat sie
Weitere Kostenlose Bücher