Der Kreuzritter - Verbannung - Tempelriddaren
das, und das Publikum wurde ganz still. Arn fragte, ob das, was ihr Nachbar erzählt habe, wahr sei, und sie bezeugte es. Da bat er sie, ihre Hand auf den heiligen Koran zu legen und bei Gott zu schwören, dass sie in der Hölle brennen würde, wenn sie falsches Zeugnis ablegte. Anschließend sollte sie die Anklage wiederholen. Sie gehorchte, zitterte aber bereits, als sie die Hand vorstreckte. Sie legte diese so vorsichtig auf das heilige Buch, als hätte sie Angst, sich zu verbrennen. Trotzdem wiederholte sie in allen Einzelheiten, was von ihr verlangt worden war. Arn bat sie daraufhin, zurückzutreten, und beugte sich zu Utman ibn Khattab. Dieser erklärte eilig etwas, was Siegfried weder hören noch verstehen konnte. Er sah jedoch, dass beide zum Schluss nickten, als hätten sie einen Beschluss gefasst.
Daraufhin stand Arn auf und trug einen Text aus der Schrift der Ungläubigen vor, den Siegfried erst verstand,
als Arn ihn auch ins Fränkische übersetzte. Siegfried fand die Worte ganz erstaunlich. Sie liefen darauf hinaus, dass zum Beweis der Untreue vier Zeugen nötig seien. Solange nichts bewiesen sei, müssten alle schweigen. Im vorliegenden Fall hatte der Mann jedoch nur eine einzige Zeugin beigebracht. Somit war er nicht im Recht.
Als er so weit mit seinen Erklärungen gekommen war, zog Arn seinen Dolch und trat rasch auf die gebundene Frau zu. Das Publikum holte entsetzt Luft. Arn tat jedoch etwas ganz anderes, als alle offenbar gefürchtet hatten. Er schnitt das Seil um ihre Handgelenke durch und erklärte sie für frei.
Danach tat er etwas, was Siegfried weitaus mehr überraschte. Er erklärte sowohl auf Arabisch als auch auf Fränkisch, dass die Frau eine unbewiesene Tat unter Eid bezeugt und somit ein Zeugnis ohne Wert abgegeben habe und dafür bestraft werden müsse. Sie solle der unschuldig Angeklagten ein Jahr lang ohne Lohn dienen oder ihr Dorf verlassen. Gehorche sie nicht, würde sie die Strafe für Meineid ereilen, nämlich der Tod.
Und der Mann, der eine einzige unbrauchbare Zeugin beigebracht hatte, sollte, wie der heilige Koran das vorschrieb, sofort fortgeschleppt werden und achtzig Peitschenhiebe bekommen.
Nachdem Arn sein Urteil verkündet hatte, waren alle zunächst wie versteinert. Dann traten zwei Knappen vor, die den Mann ergriffen, um ihn den sarazenischen Profosen zu übergeben. Die beiden Frauen verschwanden entsetzt in der Menge. Als alle drei außer Sicht waren, wurde allgemein lebhaft debattiert, und Stimmen erhoben sich dafür und dagegen. Siegfried schaute über die Versammlung hinweg und entdeckte eine Gruppe ältere Männer mit langen Bärten und weißen Turbanen, die er für die
Priester der Ungläubigen hielt. Ihre Ruhe und ihr zustimmendes Kopfnicken ließ darauf schließen, dass sie das seltsame Urteil für klug und gerecht hielten.
Die nächste Verhandlung galt dem Streit um ein Pferd. Diese Sache wurde jetzt zum zweiten Mal aufgerufen, da die Richter beim ersten Mal den Antrag offenbar abgewiesen hatten. Sie hatten sich das Pferd erst zeigen lassen wollen. Jetzt wurde es von zwei Männern in das leere Viereck hinter der Seilabsperrung geführt. Die Sache war einfach: Beide Männer erhoben Anspruch auf das Pferd und bezichtigten sich gegenseitig des Pferdediebstahls.
Arn ließ sie auf den heiligen Koran schwören, dass sie die Wahrheit sagen würden. Das taten sie einer nach dem anderen, während jeweils der andere das Pferd hielt. Das fand das Publikum unglaublich komisch. Keiner der beiden hatte gezögert, den Eid abzulegen. Daran, wie sie das taten, ließ sich auch nicht ablesen, ob einer von ihnen log, obwohl einer von ihnen ganz offensichtlich einen Meineid schwor.
Arn beriet sich erneut murmelnd mit seinem sarazenischen Beisitzer und beugte sich dann nach hinten zu einem seiner Gardesoldaten. Er flüsterte ihm einen Befehl zu, den Siegfried sehr gut hören konnte: Die Schinderknechte sollten mit einer Karre kommen.
Danach stand Arn auf und erklärte erst in der unverständlichen Sprache und dann auf Fränkisch, dass es betrüblich sei, jemanden einen Meineid schwören zu sehen. Einer der beiden Männer hätte heute seiner Seele abgeschworen und würde wegen einer elenden Schindmähre in der Hölle brennen.
Es könne daher nur ein Urteil geben, meinte er drohend. Er hob sein Schwert und deutete einen fürchterlichen Hieb an. Beide Männer, die Anspruch auf das Pferd
erhoben hatten, sahen gleichermaßen entsetzt aus. Daran ließ sich also auch nicht
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