Der Kreuzritter - Verbannung - Tempelriddaren
sein musste. Was sie umso leidenschaftlicher diskutierten, jetzt, da man die Frage des Lösegelds geklärt hatte, war das Problem des göttlichen Willens und der menschlichen Sünde.
Alles wäre anders gekommen, wenn Saladin mit seinem Heer in Gaza geblieben wäre und die Stadt eingenommen hätte. Das verstand sich von selbst. Aber warum bestrafte Gott Saladin für die Milde, die er gegen Gaza und Al Ghouti hatte walten lassen? Was wollte Gott damit bezwecken?
Alle drei dachten lange über diese Frage nach. Zum Schluss sagte Emir Moussa, dass Gott seinen geliebten Diener Saladin vielleicht unsanft daran erinnern wolle, dass es im Dschihad keinen Platz für die persönlichen Wünsche eines Einzelnen gebe. Im Heiligen Krieg dürfe man eine Stadt voller Ungläubiger nicht einfach deshalb verschonen, weil man in der Schuld eines einzigen von ihnen stehe. Emir Moussa und Fahkr waren überzeugt davon, dass Gaza mit Gewalt eingenommen worden wäre, wäre der Burgherr nicht Al Ghouti gewesen, bei dem Saladin in der Schuld stand. Die Niederlage am Mont Gisard war Gottes Strafe für diese Sünde.
Arn war da ganz anderer Meinung. Der Sieg am Mont Gisard zeige, dass Gott diejenigen der Gläubigen beschützt habe, die ihm am nächsten stünden. Der Sieg der
Christen lasse sich nur durch sein Eingreifen erklären. Gaza sei verschont worden, weil Saladin eine reichere Beute im Auge gehabt habe. Statt direkt nach Jerusalem zu ziehen, habe er seiner unbesiegbaren Armee gestattet, sich zu zerstreuen, um zu plündern. Der Nebel am Mont Gisard habe die schwächere Seite begünstigt. Als sei das nicht genug, hätten Arn und seine Brüder das unwahrscheinliche Glück gehabt, blind der mameluckischen Reiterei entgegenzuziehen. Und dann seien sie genau an der Stelle aufeinandergetroffen, an der sich der Feind am schlechtesten verteidigen oder zum Gegenangriff umgruppieren konnte.
All das ließ sich nach Arns Ansicht nicht einfach durch Glück oder Geschick erklären. Im Gegenteil sei es der Beweis dafür, dass der Glaube an Jesus Christus der wahre Glaube sei und dass es sich bei Mohammed zwar um einen von Gott inspirierten Propheten, aber nicht um einen Abgesandten mit einer einzigen Wahrheit handele. Wie sonst ließe sich das Wunder am Mont Gisard deuten?
Emir Moussa versuchte dennoch eine andere Erklärung. Als Gott gesehen habe, dass die Rechtgläubigen kurz davor standen, die Christen zu vernichten, die trotz allem den Rechtgläubigen am nächsten stünden und Menschen wie alle anderen Menschen seien, habe Gott ihnen den Rücken gekehrt. Danach sei das Geschehen von den Fehlern der Menschen und nicht von Gottes Willen bestimmt worden.
Die Rechtgläubigen hätten nachweislich eine lange Reihe von Fehlern begangen, die aber hauptsächlich auf Leichtsinn beruhten. Sie hätten geglaubt, der Sieg sei ihnen bereits vor der ersten richtigen Schlacht sicher. Ein solcher Leichtsinn räche sich in allen Kriegen, im Großen wie im Kleinen. Wer den Krieg als Beruf habe und alt
genug sei, der habe tausend törichte Beschlüsse und tausend glückliche erlebt. Sei es denn nicht vermessen, davon auszugehen, dass Gott an jeder kleinen Schlacht teilnahm, die seine Kinder ausfochten? Durchaus, denn sonst hätte Gott zu nichts anderem mehr Zeit, als von Krieg zu Krieg und von Schlacht zu Schlacht zu eilen. Was den Kampf am Mont Gisard anginge, so sei eine Mischung aus Leichtsinn und schlichtem Kriegsglück vermutlich die nächstliegende Erklärung.
Weder Arn noch Fahkr mochten da zustimmen. Fahkr meinte, dass es Gotteslästerung sei, anzunehmen, dass Gott seinen Kriegern beim Dschihad den Rücken gekehrt habe. Arn war davon überzeugt, dass Gott wohl kaum woanders zu tun haben könne, wenn um das Heilige Grab gekämpft werde.
Dann ging es erneut darum, wer dem wahren Glauben anhing. Hier wollte niemand nachgeben, und Fahkr, der ein versierter Unterhändler war, brachte die Diskussion auf den einzigen Punkt, in dem sie einer Meinung waren. Niemand konnte sicher wissen, ob Gott diejenigen bestraft hatte, die in seinem Namen im Dschihad nach Jerusalem gezogen waren, oder ob er die beschützt hatte, die diese Stadt in seinem Namen verteidigten. Wenn sie also nicht wussten, ob Gott gnädig gewesen war oder gestraft hatte, dann konnten sie auch nicht mit Sicherheit sagen, ob die Botschaft des Propheten, der Friede sei mit ihm, unwahr und die von Jesus Christus wahr sei.
Burggraf Siegfried de Turenne, der sich in seiner eigenen Sprache Siegfried von
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