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Der Krieg am Ende der Welt

Der Krieg am Ende der Welt

Titel: Der Krieg am Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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daß er selbst es an Joaquim Macambira, Mané Quadrado und Felicio ausgeteilthat, als er sich von den anderen Gruppen trennte. »Stimmt«, sagt Pajeú. Und da Taramela schweigt und ihn anblickt, will er wissen, ob die anderen Gruppen auch genügend tigelinhas bei sich haben, diese Tonlämpchen, mit denen sie sich nachts, wenn nötig auf weite Entfernungen, verständigen können. Lachend erinnert ihn Taramela, daß er im Laden der Vilanova selbst die Verteilung der Lämpchen überwacht hat. »So was von Vergeßlichkeit«, knurrt Pajeú, »ein sicheres Zeichen, daß man alt wird.« »Oder daß man verliebt ist«, spottet Taramela. Pajeú fühlt seine Wangen heiß werden, und das Gesicht der Frau, das er verscheucht hat, kehrt wieder. Mit einer seltsamen Schamhaftigkeit vor sich selbst denkt er: Ich weiß nicht, wie sie heißt, ich weiß nicht, woher sie ist. Sobald er wieder in Belo Monte ist, wird er sie fragen.
    Die achtzig Jagunços, die hinter ihm und Taramela gehen, schweigen oder sprechen so leise, daß ihre Stimmen im Knirschen von Steinchen und dem rhythmischen Aufsetzen der Sandalen und Hanfschuhe untergehen. Es sind Männer dabei, die in seiner Räuberbande waren, andere, die João Abade oder Pedrão auf ihren Streifzügen begleitet haben, auch Kerle, die in den Mobilen Einheiten gedient haben, sogar ehemalige Angehörige der Landgendarmerie und desertierte Infanteristen. Daß Männer, die unversöhnliche Feinde waren, gemeinsam marschieren, ist das Werk des Vaters da droben und hier unten des Ratgebers. Sie haben das Wunder bewirkt, daß aus Brüdermördern Brüder geworden sind und der Haß, der im Sertão herrschte, sich in Brüderlichkeit verkehrt hat.
    Pajeú beschleunigt das Tempo und behält die rasche Gangart die ganze Nacht über bei. Als sie im Morgengrauen in die Serra de Caxamango kommen und im Schutz einer natürlichen Palisade aus Xique-Xique-Sträuchern und Mandacarús haltmachen, um zu essen, haben alle den Krampf in den Beinen. Taramela weckt Pajeú vier Stunden später. Zwei Spurensucher sind gekommen, beide sehr jung. Sie schnappen nach Luft, und einer reibt sich das geschwollene Bein, während sie Pajeú berichten, daß sie den Gruppen bis Monte Santo gefolgt sind. Tatsächlich, es sind Tausende von Soldaten. In neun Einheiten rücken sie vor, sehr langsam, weil sie Schwierigkeiten haben, ihre Geschütze, Wagen und Baracken voranzubringen, undaufgehalten werden von einer sehr langen Kanone, die jeden Augenblick steckenbleibt und die Soldaten zwingt, den Fahrweg zu verbreitern. Nicht weniger als vierzig Ochsen ziehen sie. Sie machen höchstens fünf Meilen am Tag. Pajeú unterbricht ihn: er will nicht wissen, wie viele es sind, sondern welche Route sie einschlagen. Der Junge, der sich das Bein reibt, berichtet, daß sie in Rio Pequeno Rast gemacht und in Caldeirão Grande übernachtet haben. Dann sind sie Richtung Gitirana gegangen, haben dort haltgemacht und sind endlich, nach vielen Schwierigkeiten, in Juá angekommen, wo sie über Nacht geblieben sind.
    Die Route der Hunde überrascht Pajeú. Keine der früheren Expeditionen ist auf diesem Weg gekommen. Haben sie die Absicht, über Rosario, statt über Bendengó, den Cambaio oder die Serra da Canabrava zu gehen? Wenn es so ist, wird alles leichter sein, denn mit ein paar Angriffen und Tricks der Jagunços wird dieser Weg sie zur Favela führen.
    Er schickt einen Spurensucher nach Monte Belo, damit er João Abade wiederholt, was er gehört hat. Dann ziehen sie weiter. Ohne anzuhalten, gehen sie bis zur Abenddämmerung durch monotone, mit Kajubäumen und Cipós und Macambira-Sträuchern bestandene Gegenden. An der Lagoa da Laje sind schon die Gruppen von Mané Quadrado, Macambira und Felicio. Die erste ist auf eine Patrouille zu Pferd gestoßen, die den Weg nach Aracati und Jueté erkundete. Hinter Kakteenwänden hockend, haben sie sie vorbeireiten und nach ein paar Stunden zurückkommen sehen. Kein Zweifel also: wenn sie Patrouillen nach Jueté ausschicken, haben sie sich für den Weg über Rosario entschieden. Der alte Macambira kratzt sich am Kopf: Warum haben sie den längeren Weg gewählt? Warum diesen Umweg, der vierzehn oder fünfzehn Meilen mehr bedeutet?
    »Weil er ebener ist«, sagt Taramela. »Da haben sie kaum Steigungen und bringen ihre Kanonen und Wagen leichter voran.«
    Alle halten das für das wahrscheinlichste. Während die anderen ausruhen, tauschen Pajeú, Taramela, Mané Quadrado, Macambira und Felicio Meinungen aus.

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