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Der Krieg am Ende der Welt

Der Krieg am Ende der Welt

Titel: Der Krieg am Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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träumt der Soldat Queluz eben von Hauptmann Oliveiras Ordonnanz, einem blassen, blutjungen Soldaten, um den er seit langem herumschleicht, und an diesem Morgen hat er ihn hinter einem Steinhaufen an der Wasserstelle am Vaza Barris hocken und scheißen sehen. Ganz deutlich hat er noch die unbehaarten Beine vor Augen, die weißen Arschbacken, die in der Luft des frühen Morgens schwebten wie eine Aufforderung. Das Bild ist so klar, so stofflich, so lebhaft, daß sich das Glied des Soldaten Queluz aufrichtet, die Uniform beult und ihn aufweckt. Das Verlangen ist so stark, daß er, obgleich die Stimmen noch immer da sind und er nicht umhin kann anzunehmen, daß es die Stimmen von Verrätern und nicht die von Patrioten sind, nicht zuerst nach dem Gewehr greift, sondern er langt an den Hosenschlitz, um die in Erinnerung an die runden Arschbacken von Hauptmann Oliveiras Ordonnanz entzündete Rute zu streicheln. Plötzlich wird ihm klar, daß er auf freiem Feld allein neben einer Schar von Feinden ist, und er erwacht vollends und das Blut erstarrt ihm in den Adern. Stocksteif bleibt er liegen. Und Leopoldinho? Haben sie Leopoldinho getötet? Sie haben ihn getötet: er hat es gehört, ganz deutlich, daß die Wache nicht einmal schreien konnte, nicht einmal merkte, daß sie umgebracht wurde. Leopoldinho ist der Soldat, mit dem er auf dem offenen Gelände zwischen der Favela und dem Vaza Barris, dem Standort des Fünften Infanterieregiments, gemeinsam Dienst tut, er ist der gute Kamerad, mit dem er sich abwechselt, was die Wache erträglicher macht.
    »Einen Riesenkrach, damit sie glauben, wir sind viele«, sagt der, der den anderen befiehlt. »Und vor allem, sie verwirren, damit sie keine Zeit haben und ihnen die Lust vergeht, zum Fluß hinunterzuschauen.«
    »Also einen großen Rabatz, Pajeú«, sagt ein anderer. Queluz denkt: Pajeú. Das ist Pajeú. Obwohl er auf freiem Feldliegt, mitten unter Jagunços, die ihn im Nu erledigen werden, wenn sie ihn entdecken, elektrisiert ihn der Gedanke, daß da im Finstern, zum Greifen nahe, einer der schrecklichsten Banditen von Canudos steht, eine hochwichtige Beute, so daß er drauf und dran ist, aufzuspringen, sein Gewehr zu nehmen und das Ungeheuer abzuknallen. Alle Welt würde ihn bewundern, selbst Oberst Madeiros, sogar General Oscar. Endlich würden sie ihm den Dienstgrad eines Feldwebels verleihen, den sie ihm schuldig sind. Denn obgleich er nach seinen Dienstjahren und seinem Verhalten vor dem Feind längst hätte befördert werden müssen, stellen sie ihn immer wieder zurück, unter dem blöden Vorwand, er sei zu oft ausgepeitscht worden, er habe Rekruten dazu verführt, das mit ihm zu machen, was Pater Lizzardo die »heillose Sünde« nennt. Er dreht den Kopf und sieht im hellen Mondlicht die Gestalten: zwanzig, dreißig. Wie war es möglich, daß sie nicht auf ihn getreten sind? Durch welches Wunder haben sie ihn nicht gesehen? Durch bloßes Bewegen der Augen versucht er auf einem der verschwommenen Gesichter die berühmte Narbe zu erkennen. Er ist sich sicher, daß Pajeú der Sprecher ist, der den anderen einschärft, die Sprengkörper zu benutzen, ehe sie zu den Gewehren greifen, denn das Dynamit mache mehr Krach, und keiner solle vor ihm in die Pfeife blasen. Er hört, wie er sich mit einem Gruß verabschiedet, der zum Lachen ist: Gelobt sei der gute Jesus Ratgeber. Dann verschwindet die Gruppe, auf das Regiment zu, in der Nacht.
    Er zweifelt nicht länger. Er steht auf, nimmt sein Gewehr, säubert es, zielt auf die abgehenden Jagunços und schießt. Aber der Abzug rührt sich nicht, obwohl er mit aller Kraft drückt. Er flucht, spuckt aus, zittert vor Zorn über den Tod seines Kameraden, und während er murmelt, »Leopoldinho, bist du da?«, scheuert er abermals die Waffe und versucht zum zweitenmal, einen Schuß abzufeuern, der das Regiment warnt. Er schüttelt das Gewehr, er wird es Mores lehren, ihm klar machen, daß es jetzt nicht versagen darf, als er mehrere Detonationen hört. Zu spät. Sie sind schon im Lager. Seine Schuld. Sie haben ihre Bomben schon auf die schlafenden Kameraden geworfen. Zu spät, die verfluchten Hurensöhne veranstalten schon das große Gemetzel unter seinen Kameraden. Und es ist seine Schuld.Er ist wirr im Kopf, wütend, er weiß nicht, was er tun soll. Wie konnten sie hier hereinkommen, ohne entdeckt zu werden? Denn wenn Pajeú bei ihnen ist, sind sie aus Canudos gekommen, das ist sicher, und haben die Schützengräben der Patrioten

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