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Der Krieg am Ende der Welt

Der Krieg am Ende der Welt

Titel: Der Krieg am Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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sondern fuhr fort, konzentriert das Setzen der Steine, das Ebnen des Bodens und das Mischen von Sand und Kies zu überwachen, und niemand hätte gewagt, ihm eine Frage zu stellen. Aber während sie sich zum Kampf bereitmachten, fühlten alle, daß der asketische Mann billigte, was sie taten. Und während sie die Armbrüste ölten, den Araberflinten und Stutzen die Seelen reinigten und das Pulver zum Trocknen auslegten, wußten alle, daß der Vater sie in dieser Nacht durch den Mund des Ratgebers anweisen werde.
    Die Stimme des Ratgebers erhob sich unter den Sternen, und in der windstillen Atmosphäre, die seine Worte länger aufzubewahren schien, klang sie so gelassen, daß sie alle Furcht zerstreute. Ehe er vom Krieg redete, sprach er vom Frieden, vom künftigen Leben, in dem es keine Sünde und keinen Schmerz mehr geben werde. Sei erst der Teufel aus dem Feldgeschlagen, hebe das Reich des Heiligen Geistes an, das letzte Zeitalter der Welt vor dem Jüngsten Gericht. Würde Canudos die Hauptstadt dieses Reiches sein? Wenn der gute Jesus es so wollte. Dann würden die gottlosen Gesetze der Republik abgeschafft und die Priester würden wieder wie in den ersten Zeiten selbstlose Hirten ihrer Herden sein. Die Sertões würden grünen vom Regen, es würde Mais und Vieh im Überfluß geben, alle würden sie zu essen haben, und jede Familie könnte ihre Toten in Särgen bestatten, die mit Samt gepolstert wären. Aber zuvor mußte der Antichrist bezwungen werden. Ein Kreuz mußte gemacht werden und eine Fahne mit dem Bild Gottes, damit der Feind wüßte, auf welcher Seite die wahre Religion stand. Und man mußte in den Krieg ziehen, wie einst die Kreuzfahrer, als sie Jerusalem wiedererobern wollten: mit Liedern und Gebeten und Hochrufen auf die Jungfrau und unsern Herrn. Und so wie jene gesiegt hatten, würden auch die Kreuzritter des guten Jesus über die Republik siegen.
    In dieser Nacht schlief niemand in Canudos. Alle blieben auf, die einen betend, die anderen sich rüstend, während fleißige Hände das Kreuz zusammennagelten und die Fahne nähten. Vor dem Morgengrauen waren sie fertig. Das Kreuz maß zwei auf drei Ellen, und die Fahne bestand aus vier aneinandergenähten Bettüchern, auf die der Löwe von Natuba mit seiner schönen Handschrift ein Stoßgebet schrieb. Außer einer Handvoll Leute, die Antônio Vilanova dazu bestimmt hatte, im Dorf zu bleiben, damit der Bau des Tempels nicht unterbrochen würde (außer an Sonntagen wurde Tag und Nacht daran gearbeitet), zog das ganze übrige Dorf mit dem ersten Tageslicht in Richtung Bendengó und Juazeiro, um den Verfechtern des Bösen zu beweisen, daß das Gute auf Erden noch Verteidiger hatte. Der Ratgeber sah sie nicht fortziehen, da er in der kleinen Kirche Santo Antônio für sie betete.
    Zehn Meilen mußten sie gehen, um auf die Soldaten zu treffen. Im Gehen sangen sie und beteten und brachten Hochrufe auf Gott und den Ratgeber aus. Ein einziges Mal, nachdem sie den Cambaio überstiegen hatten, machten sie Rast. Wer sein Bedürfnis verrichten mußte, trat aus den gewundenen Reihen, verzog sich hinter einen Steinblock und holte laufend die anderen wieder ein. Der Marsch durch die ausgetrockneteEbene kostete sie einen Tag und eine Nacht, doch keiner verlangte nach einer zweiten Ruhepause. Schlachtplan hatten sie keinen. Die wenigen Reisenden, die sie unterwegs trafen, waren überrascht, als sie erfuhren, daß sie in den Krieg zögen. Sie sahen aus wie eine festtägliche Menge; einige hatten ihre Feiertagskleider angezogen. Sie trugen Waffen und schrien: »Nieder mit dem Teufel! Nieder mit der Republik!« Aber selbst da dämpfte die Freude in ihren Gesichtern den Haß ihrer Schreie. Das Kreuz und die Fahne eröffneten den Zug, die eine von dem ehemaligen Banditen Pedrão, die andere von dem einstigen Sklaven João Grande getragen, und hinter ihnen trugen Maria Quadrado und Alexandrinha Corrêa die Urne mit dem Bild des guten Jesus, das der Beatinho auf Leinwand gemalt hatte. Danach kamen, in einer Staubwolke, dicht zusammengedrängt und ohne Reih und Glied, die Auserwählten. Viele begleiteten die Litaneien auf jenen Pfeifen, die früher zum Rauchen gedient hatten und in die Hirten später Löcher gebohrt hatten, um den Herden Signale zu geben.
    Unmerklich, einem Ruf des Bluts gehorchend, ordnete sich der Zug auf dem Marsch neu. Die alten Cliquen, Einwohner einer Ortschaft, eines Viertels, Mitglieder einer Familie, bildeten Gruppen, als ob in dem Maße, in dem die

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