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Der Krieg am Ende der Welt

Der Krieg am Ende der Welt

Titel: Der Krieg am Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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sonst jemand, der eng oder auch nur lose mit uns verbunden ist. S. Exz. der Herr Abgeordnete Epaminondas Gonçalves schlägt in dieser autokratischen Enklave mächtiger Feinde eine ungleiche Schlacht um die republikanischen und demokratischen Ideale und kann ein solches Risiko nicht eingehen.« Plötzlich lächelte er, und Gall sah sein weißes, gefräßiges Gebiß. »Sie haben sich dafür geradezu angeboten. Ohne Ihren seltsamen Besuch vor zwei Tagen wäre mir das nie eingefallen, er hat mich auf diesen Gedanken gebracht. Wenn er schon so verrückt ist, dachte ich mir, zu einem öffentlichen Meeting zugunsten der Aufständischen aufzurufen, wird er auch verrückt genug sein, ihnen Waffen zu bringen.« Er lächelte nicht mehr, sondern sprach mit großem Ernst. »In Fällen wie diesem ist Offenheit das beste. Sie sind der einzige, der mich und meine politischen Freunde auf keinen Fall kompromittieren kann, wenn Sie entdeckt oder verhaftet werden.«
    »Wollen Sie damit andeuten, daß ich nicht auf Sie zählen kann, wenn ich festgenommen werde?«
    »Jetzt haben Sie begriffen«, sagte Epaminondas Gonçalves, jede Silbe betonend. »Wenn Sie nein sagen, dann gute Nacht, und Sie vergessen, daß Sie mich gesehen haben. Wenn Sie ja sagen, reden wir über den Preis.«
    »Den Preis?« murmelte Gall blinzelnd.
    »In meinen Augen ist das ein Dienst«, sagte Epaminondas Gonçalves. »Ich werde ihn gut bezahlen und sichere Ihnen danach die Ausreise aus dem Land zu. Wenn Sie es lieber ad honorem machen, ist das Ihre Sache.«
    »Ich will ein paar Schritte laufen«, sagte Galileo Gall und stand auf. »Ich kann besser denken, wenn ich allein bin. Ich bin gleich wieder zurück.«
    Als er aus dem Wirtshaus trat, schien es zu regnen, doch es war Wasser, das die Wellen versprühten. Die Capangas ließen ihn durch und er roch den starken, beißenden Geruch ihrer Pfeifen. Der Mond schien, das Meer brodelte und verströmte einen angenehm salzigen Geruch, der bis in die Därme drang. Galileo Gall ging durch Sand und einsames Gestein bis zu dem kleinen Fort, aus dem eine Kanone auf den Horizont zielte. Er dachte:Die Republik hat in Bahia so wenig Macht wie der König von England zu Zeiten des Rob Roy McGregor nördlich vom Paß von Aberboyle. Obwohl sein Blut kochte, versuchte er nach alter Gewohnheit die Sache objektiv zu betrachten. War es ethisch, wenn sich ein Revolutionär mit einem bürgerlichen Politiker verschwor? Ja, wenn die Verschwörung den Jagunços zugute kam. Und ihnen Waffen zu bringen, war auf jeden Fall die beste Art, ihnen zu helfen. Konnte er den Männern von Canudos nützlich sein? Ohne falsche Bescheidenheit: ein Mann, der in politischen Kämpfen erprobt war, der sein Leben der Revolution geweiht hatte, konnte ihnen bei bestimmten Entscheidungen und in der Stunde des Kampfes helfen. Schließlich würde es auch nützlich sein, die gemachten Erfahrungen den Revolutionären in aller Welt mitzuteilen. Vielleicht würde er seine Knochen dort lassen. Aber war ein solches Ende nicht besser, als an Krankheit oder Alter zu sterben? Er kehrte in das Wirtshaus zurück. Von der Schwelle aus sagte er zu Epaminondas Gonçalves: »Ich bin so verrückt, ich mache es.«
    »Wonderful«, imitierte ihn der Politiker mit funkelnden Augen.

V
    Der Ratgeber hatte in seinen Predigten so oft vorausgesagt, des Teufels Heere würden kommen, um ihn gefangenzunehmen und die Stadt über die Klinge springen zu lassen, daß es niemanden in Canudos erstaunte, als man von Pilgern, die zu Pferd aus Juazeiro kamen, erfuhr, eine Kompanie des Neunten Infanteriebataillons sei dort angekommen und habe den Auftrag, den Heiligen einzufangen.
    Die Prophezeiungen begannen Wirklichkeit zu werden, die Worte Taten. Die Ankündigung wirkte aufrüttelnd; alt und jung, Männer und Frauen wurden aktiv. Araberflinten und Karabiner und Vorderlader wurden zur Hand genommen, Kugeln in die Patronentaschen gesteckt, wie durch Zauberhand erschienen in den Gürteln Macheten, Lanzen, Stichel, Schleudern und Armbrüste, Knüppel und Steine.
    In dieser Nacht, der Nacht vor dem Beginn des Weltuntergangs, scharte sich ganz Canudos um die Kirche des guten Jesus – ein Bauskelett, zwei Stockwerke hoch, mit Türmen, die emporwuchsen, und Wänden, die sich auffüllten –, um den Ratgeber zu hören. Die Luft war gesättigt vom frommen Eifer der Auserwählten. Jener aber schien mehr denn je in sich gekehrt. Als ihm die Pilger aus Juazeiro die Nachricht überbrachten, sagte er kein Wort,

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