Der Krieg Der Diebe
Eisenspitzen mit, wenn Ihr sie mir herrichtet.«
»Ich suche sie selbst aus. Wollen wir den Männern noch eine Weile zuschauen? Würde mich interessieren, wie gut sie sind, wenn Ihr ihre Künste überwacht .«
»Ich habe nicht viel Zeit, Marc. Richtet Ihr mir die Pfeile her, ich sehe mich einstweilen noch um.«
Er ging auf Niko zu und tat, als bewundere er die neue Armbrust des Stiefsohns. Er sah die beschatteten Augen, unleserlich wie immer, und die Bartstoppeln, die sich am Kinn bemerkbar machten.
»Wie geht’s, Niko? Ist dein Maat zurückgekehrt?«
»Unwahrscheinlich«, brummte der junge Kämpfer. Er spannte die Feder mit dem Haken, daß der Bolzen anlag, und preßte den Drücker. »Hat Crit Euch geschickt? Es ist alles in Ordnung, Marschall. Er macht sich unnötig Sorgen. Wir werden mit ihr schon fertig, auch wenn es vielleicht einstweilen noch anders aussieht. Wir brauchen lediglich mehr Zeit - sie ist mißtrauisch, möchte, daß wir ihr Beweise unserer Zuverlässigkeit liefern. Soll ich, gleichgültig mit welchen Mitteln?«
»Mehr als eine weitere Woche kann ich euch nicht mehr geben. Handle nach eigenem Ermessen, ich verlasse mich da ganz auf dich. Was du glaubst, daß sie wert ist, ist sie wert. Wenn Critias das in Zweifel stellt, kannst du ihm ruhig sagen, daß der Befehl von mir kommt.«
»Das werde ich, und zwar mit Vergnügen. Ich mag es nicht, daß er versucht, mich am Gängelband zu führen. Das scheint ihm offenbar nicht in den Kopf zu gehen.«
»Und Janni?«
»Es fällt ihm nicht leicht vorzutäuschen, daß wir sind - was wir vortäuschen. Die Männer fordern ihn immer wieder auf, zurück in die Kaserne zu kommen, zu vergessen, was war, und seinen Dienst wieder aufzunehmen. Aber wir werden auch das durchstehen. Er ist Manns genug.«
Nikos haselnußbraune Augen schweiften vor und zurück, schätzten die anderen Männer ein; er beobachtete sie, ohne es sich anmerken zu lassen, und es entging ihm auch kaum eines ihrer Worte. Er schoß einen zweiten Bolzen ab, dann einen dritten, und erklärte, daß er jetzt zur Zielscheibe müsse. Tempus schlenderte weiter. Er hörte den Aufsichtsoffizier »Schießpause!« rufen und blickte Niko nach, der sich seine Bolzen zurückholte, die dicht beisammenstanden.
Wenn dieser Junge keine Bresche bei der Hexe schlagen konnte, vermochte es keiner. Zufrieden verließ er die Schmiede und fand Jihan, seine Defacto-Partnerin, im Sattel seines anderen Trospferdes auf ihn warten. Ihre übermenschliche Kraft und Schönheit erhellte die armselige Fassade der Schmiedstraße wie echtes Gold, das neben Schwefelkies in des Goldgräbers Pfanne liegt.
Obgleich ein Grund der Entfremdung zwischen ihm und den Stiefsöhnen seine Partnerschaft mit dieser fremden »Frau« war, wußte nur Niko, daß sie die Tochter eines Mächtigen war, der alle streitsüchtigen Götter hervorgebracht hatte, ja, selbst das Konzept der Göttlichkeit. Er spürte die Kühle, die von ihrem Körper ausging, sie nahm die mittägliche Hitze wie der Wind von einem Gletscher.
»Lebe, Tempus«, begrüßte sie ihn. Warum, wußte er nicht, aber ihre Stimme erinnerte ihn an Bier, und ihm wurde bewußt, daß er durstig war. Der Park des Himmlischen Versprechens und die Bierstube - eine Schenke im Ostviertel für gehobene Ansprüche - waren gleich um die Ecke, nur einen Block von der Goldallee entfernt. Er lud Jihan zum Mittagessen dort ein. Sie freute sich darüber - alles Menschliche wie ihr Körper und seine Bedürfnisse war neu für sie. So hungerte es sie auch nach allem, was damit zusammenhing.
Sie erfüllte einen besonderen Zweck für ihn: Ihr Liebesspiel war grob und ihre Konstitution besser als die seiner Trospferde. Er konnte in der Liebe nicht sanft sein; bei ihr bestand aber keine Gefahr, daß er ihr dauernden Schaden zufügte - sie war aus Gewalttätigkeit geboren und genoß, was Sterbliche töten oder verkrüppeln würde.
In der Bierstube wurden sie willkommen geheißen und in eine Hinterstube geführt, wo sie ungestört waren. Sie unterhielten sich über das Verschwinden des Gottes und fragten sich, wie es dazu gekommen sein mochte. Der Wirt bediente sie persönlich. Er war immer noch dankbar, daß Tempus’ Männer ihn gewarnt hatten, seine Töchter nicht ins Freie zu lassen, als das Hexenwetter die Straßen unsicher gemacht hatte.
»Meine jüngste Tochter hat heute ihren Schulabschluß, Lord Marschall. Wir veranstalten ein kleines Fest für sie, und würden uns freuen, wenn Ihr und Eure
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