Der Krieg Der Diebe
seinem der Tür zugewandten Stuhl saß, rief Lastel/Eindaumen seinen Rausschmeißer zurück. Janni ging rückwärts zu seinem Stuhl. Sein Gesicht war bleich, und er zitterte vor Erregung. »Laß mich einen von ihnen kastrieren, Katzenpfote. Das kann unserem Ruf nutzen!«
»Spar deine Energie für die Hexe auf.«
Jannis Miene erhellte sich. Er setzte sich breitbeinig auf seinen Stuhl, als wäre er ein Sattel, stützte beide Ellbogen auf die Tischplatte und stieß den Dolch heftig in das Holz.
»Hast du eine Verabredung mit ihr?«
»Heute nacht bei Hochmond. Trink nicht zu viel.«
Doch es war nicht das Trinken, das sie benebelte, sondern, der Krrf, den sie schnupften: kleine Häufchen zwischen Daumen und Zeigefinger der geschlossenen Hand. Aber die Droge sollte sie wachhalten, denn es war noch eine lange Zeit bis zum Hochmond. Inzwischen mußten sie ihre Runden ziehen, um nach Plünderern Ausschau zu halten, während sie vorzutäuschen hatten, daß sie selbst welche waren. Es war fast mehr, als Niko ertragen konnte. Er hatte sich mit seinem jetzt toten Partner in viele Lager, Paläste und an feindlichen Fronten eingeschlichen, aber das waren saubere, schnellere Unternehmen gewesen, als diese endlose Unterwanderung hier in Freistatt, dem Dreckloch der Welt.
Wenn diese Nacht ein Ende brächte und er sich wieder waschen und rasieren und sein Pferd besser unterbringen könnte, wollte er Elil ein Opfer bringen, das der Gott nicht so schnell vergessen würde.
Eine Stunde später brachen sie zu Pferd zu ihrer Streife durch das Labyrinth auf. Seit der Sache mit dem Erzmagier Askelon und Tempus’ Schwester Cime hatte Niko keine solch unerklärliche Angst mehr empfunden, die ihm schier den Magen verkrampfte. Es war leicht möglich, daß die Nisibisihexe ihn kannte und schon die ganze Zeit gewußt hatte, wer er war. Er war schon einmal von Nisibisi verhört worden und würde sich lieber in sein Schwert stürzen, als noch einmal das gleiche durchzumachen, vor allem jetzt, da der Geist seines toten Partners immer noch in der Zukunft seines Geistes spukte und die Meditation ihm nicht mehr das Asyl bot wie zuvor.
Ein Junge kam, seinen Namen rufend, die Straße entlanggelaufen. Sofort schnaubte sein Rappe, warf den schweren Kopf hoch, legte die Ohren zurück und wartete auf den Befehl, der ihm erlauben würde, zu töten oder zu verwunden.
»Bei Vashankas Schwefeleiern, was ist denn jetzt schon wieder?« wunderte Janni sich laut.
Sie zügelten ihre Pferde in der engen Straße. Der Mond hob sich gerade über die Dächer der baufälligen Häuser. Die Leute schlossen ihre Fensterläden und verriegelten die Türen. Niko spürte Furcht und Abscheu hinter den Fassaden; zwei Berittene in dieser Gegend konnten nur Unruhe bedeuten, gleichgültig wer sie waren.
Der Junge hastete schweratmend näher. »Niko! Niko! Der Herr macht sich Sorgen. Ils sei gedankt, daß ich euch gefunden habe ...« Das leichte Lispeln des zierlichen Eunuchen verriet Niko, wer er war: ein Diener des Bierstubenbesitzers - einer der wenigen Männer hier, die Niko als Freunde betrachtete.
»Was ist los?« Er beugte sich aus dem Sattel.
Der Junge hob eine Hand. Sofort drehte der Rappe den Kopf herum, um danach zu schnappen. Niko puffte das Pferd zwischen die Ohren, während der Junge hastig außer Reichweite wich. »Komm wieder her, er wird es nicht noch einmal versuchen. Also, wie lautet die Botschaft deines Herrn?«
»Tamzen! Tamzen ist ohne Leibwächter fortgegangen, mit . « Der Junge nannte die Namen von sechs unternehmungslustigen Halbwüchsigen aus den besten Familien von Freistatt. »Sie sagten, sie würden bald zurückkommen, waren aber immer noch nicht da, als mein Herr mich wegschickte. Es ist ihr eigenes Fest, das sie versäumt! Mein Herr ist außer sich. Er sagte, wenn Ihr ihm nicht helfen könnt, wird er die Höllenhunde - die Palastwache - rufen oder sich zur Kaserne der Stiefsöhne begeben müssen. Aber die Zeit drängt, sie drängt!« wimmerte der zarte Eunuch.
»Beruhige dich, Junge. Wir werden sie schon finden. Doch sag ihrem Vater, er soll trotzdem Tempus benachrichtigen, es kann nicht schaden, die Obrigkeit einzuschalten. Und richte ihm aus, daß ich helfen werde so gut ich kann. Aber er weiß, daß ich nicht mehr Befugnisse habe als irgendein einfacher Bürger. Wiederhole das!«
Der Junge wiederholte die Botschaft und rannte wieder los. Janni sagte: »Wie willst du an zwei Orten zur selben Zeit sein, Katzenpfote? Warum hast du ihm das
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