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Der Krieg der Ketzer - 2

Der Krieg der Ketzer - 2

Titel: Der Krieg der Ketzer - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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    Noch nie hatte er gesehen, dass Segelschiffe derart präzise die Formation eingehalten hätten. Das war sein erster Gedanke, als er durch sein Fernglas die vordersten Schiffe der beiden Kolonnen deutlicher erkennen konnte.
    Ich habe auch noch nie so viele Geschützpforten gesehen, dachte er einen Moment später, während er zuschaute, wie diese Schiffe kühn geradewegs durch die schaumgekrönten Wellen von zehn Fuß Höhe und mehr brachen, dass die Gischt nur so spritzte. Offensichtlich hatten die Gerüchte, die Charisianer würden ungleich mehr Kanonen als früher an Bord ihrer Schiffe nehmen, tatsächlich einen wahren Kern. Tatsächlich sah es sogar so aus, als wäre in diesen Gerüchten das wahre Ausmaß der Bewaffnung dieser Schiffe noch untertrieben worden.
    Je länger er sie begutachtete, desto mehr feine Unterschiede zwischen den einzelnen Schiffen bemerkte er. Zumindest die Hälfte von ihnen müssen umgebaute Handelsschiffe sein, entschied er. Sie alle wiesen diesen neuen, charisianischen Segelriss auf, doch diese umgebauten Handelsschiffe waren kleiner als die anderen, auch wenn selbst diese Schiffe noch mehr Geschützpforten zu haben schienen als andere Schiffe, die ungleich größer waren. Thirsk wäre bereit gewesen zu wetten, dass sie auch nicht alle im gleichen Maße wendig sein würden – auch wenn er dafür bislang noch keine Anzeichen gesehen hatte. Dennoch fuhren sie deutlich schneller als seine eigenen Schiffe – sogar fast doppelt so schnell, so kam es ihm zumindest vor –, und das alleine unter Mars- und Fockmastsegeln. Es war offensichtlich, dass sie notfalls noch deutlich schneller und auch deutlich wendiger sein konnten … ganz anders als seine eigenen schwerfälligen Galeeren mit ihren morschen Rümpfen und nur einem einzigen großen Segel.
    Angesichts dieser Gedanken presste er die Lippen zusammen. Diese Wetterbedingungen verschafften den deutlich hochseetauglicheren, deutlich luvgierigeren Galeonen einen immensen Vorteil. Und was fast noch schlimmer war: Er wusste, dass sein eigener Unglaube und sein Entsetzen, diese Schiffe hier und jetzt sehen zu müssen, schon bald die ganze Flotte erfassen würde, sobald die Sichtungen erst einmal bestätigt waren – und das würde die Moral seiner Offiziere und seiner Mannschaften gleichermaßen deutlich senken. Alle Morgengebete und alle Ermahnungen der Schiffskaplane; so kraftvoll sie auch hervorgebracht worden sein mochten, würden daran nichts ändern können. Und wenn die ohnehin schon verängstigten und misstrauischen Mannschaften erst einmal begriffen, welchen gewaltigen Manövriervorteil der Feind hatte, dann würde diese Demoralisierung nur noch schlimmer werden.
    Hör auf damit!, ermahnte er sich selbst. Ja, es wird schlimm werden. Akzeptier’s endlich! Aber du hast immer noch mehr als einhundertfünfzig Schiffe gegen nicht mehr als dreißig! Das ist ein Vorteil von fünf zu eins!
    Kurz nickte er, ließ das Perspektiv sinken, schwang sich dann aus dem Krähennest und kletterte in den Webeleinen wieder auf das Deck hinab. Während des ganzen Rückwegs rief er sich immer und immer wieder dieses Zahlenverhältnis ins Gedächtnis.
    Es half nicht.
    Endlich erreichte er das Deck, drückte einem kalkweißen Midshipman das Perspektiv in die Hand und ging dann gemessenen Schrittes zu Captain Maikel hinüber.
    »Es sind fünfundzwanzig oder dreißig«, sagte er mit ruhiger Stimme und deutete mit einer Hand in die Richtung, in der sich nun das Gewirr der Marssegel vor dem blaugrauen, halb wolkenverhangenen Horizont im Nordosten abzeichnete. »Sie haben sich in zwei Kolonnen formiert. Für mich sieht es so aus, als hätten sie die Absicht, geradewegs in unsere Linien hineinzusteuern … wo auch immer die nun eigentlich sein mögen.« Kurz zuckten seine Mundwinkel, weil ihn dieser Gedanke tatsächlich zumindest ein wenig belustigte, dem Ernst der Lage zum Trotze. »Und dann werden sie versuchen, alles aufzureiben, was sie dazwischen nur einfangen können.«
    Er hielt inne, und Maikel nickte verständig; seine Miene wirkte angespannt.
    »Wenn die den aktuellen Kurs beibehalten, wird ihre luvwärtige Kolonne unseren Kurs etwa fünf oder sechs Meilen vor uns schneiden. Ich vermute …« – wieder lächelte er, doch nun wirkte es nur noch bitter – »… dass die schiere Größe der König Rahnyld ihre Aufmerksamkeit auf sich zieht und sie dieses Schiff zum ersten Ziel auserkoren haben. Wenn das passiert, können wir nichts anderes tun

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