Der Krieg der Ketzer - 2
immer schwerfällig und schwierig zu manövrieren waren – und das würden sie auch immer bleiben. Doch die Verbesserungen im Verhalten des Schiffes, die diese neuen Fockmastsegel und der Besan mit sich brachten, musste man einfach selbst miterlebt haben, um sie glauben zu können.
Natürlich reichten sie nicht aus, die Wendigkeit und Luvgier dieser ›Schoner‹ zu erreichen, die Olyvyr jetzt bauen ließ, doch die Klüver und der Besan der Taifun ließen sie immer noch ungleich wendiger werden als alle konventionell getakelten Schiffe. Diese Segel befanden sich weit vor und hinter dem natürlichen Drehpunkt der Taifun, und so hatten sie deutlich mehr Hebelkraft, als die eigentlich doch recht bescheidene Segelfläche das vermuten ließ, und sie konnten härter am Wind segeln als jedes rahgetakelte Schiff zuvor. Das bedeutete, das Schiff musste einen deutlich kürzeren Weg gegen den Wind zurücklegen, wenn es erforderlich war zu halsen, und die Hebelwirkung von Fockmastund Besansegeln beschleunigte das Schiff bei dieser Drehbewegung auch noch. Auf diese Weise konnte es dieses Manöver ungleich schneller und zuverlässiger durchführen. Natürlich bestand für einen unvorsichtigen Skipper immer noch die Gefahr, plötzlich im Wind zu stehen, sodass das Schiff nach Lee abtrieb, aber diese Gefahr war nicht mehr so groß wie früher, und dieser neue Segelriss ermöglichte es auch, ungleich schneller wieder Fahrt aufzunehmen, sollte es eben doch einmal dazu kommen, dass das Schiff backlag.
Gray Harbor wusste genau: Er selbst würde, tief in seinem Herzen, immer ein Galeeren-Kapitän bleiben, doch er war ein schon viel zu erfahrener Seemann, um nicht zu begreifen, welche gewaltigen Verbesserungen Lock Island, Seamount und Merlin hier bewirkt hatten.
Die Taifun beendete ihr Manöver, legte den neuen Kurs an, und Gray Harbor trat wieder an die Reling und bewunderte die Präzision, mit der Commodore Staynair die Schiffe seines Geschwaders hatte manövrieren lassen.
Zusätzlich zu all den anderen Neuerungen, die Merlin bislang hatte einführen lassen, hatte er auch noch das Signalsystem der Navy vollständig überarbeitet. Bei der Royal Charisian Navy hatte sich im Laufe der Jahre eine Reihe eigener Signale eingeschliffen – doch sie alle beschränkten sich auf recht einfache, schlichte Nachrichten. Wenn man beispielsweise eine einzelne rote Flagge am Mars aufzog, dann war das die Aufforderung, zum Angriff überzugehen. Setzte man darüber noch den goldenen Kraken auf schwarzem Grund – die charisianische Nationalflagge –, dann bedeutete es, das Vorgeschwader des Gegners anzugreifen; wehte die Nationalflagge unter der roten, dann hieß das, der Angriff solle von hinten erfolgen. Eine schwarzgelb gestreifte Flagge unter dem Hoheitszeichen bedeutete: ›Linie achteraus zu diesem Schiff bilden‹, wehte Schwarzgelb über dem Kraken, dann war eine Dwarslinie gefordert. Es hatte einfach keinerlei Möglichkeit gegeben, deutlich kompliziertere Befehle zu erteilen … bis Merlin aufgetaucht war.
Baron Seamount war viel zu sehr damit beschäftigt, diese neue, umgebaute Artillerie zu produzieren, um sich auch noch mit dem Problem der Signalgebung befassen zu können, also hatte er diese Aufgabe Sir Domynyk Staynair übertragen. Staynair, der jüngere Bruder Bischof Maikel Staynairs, war eigens von High Admiral Lock Island persönlich ausgewählt worden, Seamounts ›Experimental-Geschwader‹ zu befehligen.
Zum Teil hatte man ihn ausgewählt, weil er das uneingeschränkte Vertrauen seiner Vorgesetzten in seine Treue hatte – und auch seine Fähigkeit, die Geheimnisse der Navy zu wahren.
Doch ein weiterer Grund war einfach seine Erfahrung: Mit seinen siebenunddreißig Jahren konnte er auf mehr als fünfundzwanzig Jahre aktiver Seefahrt zurückblicken – und dabei war Staynair einerseits immer noch jung genug, um noch flexibel zu sein, andererseits aber eben auch erfahren genug, um dem Seijin dabei zur Hand zu gehen, ein vollständiges Vokabular von fast achthundert Standard-Kommandos zu erstellen. Genau diese Kommandos waren in dem Signalbuch verzeichnet, das Midshipman Mahgentees Gehilfe im Topp fest umklammert hatte; und jedem dieser Befehle war ein Zahlenwert zugeordnet worden.
Mit Hilfe dieser neuen Signalflaggen, die wieder auf Merlins ›arabischen Zahlen‹ basierten, konnte jedes dieser Kommandos – die tatsächlich die überwältigende Mehrheit aller möglichen Manöver abdeckten –, mit Leichtigkeit übermittelt
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