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Der Krieg der Ketzer - 2

Der Krieg der Ketzer - 2

Titel: Der Krieg der Ketzer - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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eine ausgefräste Metalloberfläche, sodass zahlreiche Funken auf den pulvergefüllten Gänsekiel herabregneten.
    Das gesamte Manöver − die Kanonen hervorholen, laden und wieder ausrichten – dauerte weniger als zwei Minuten. Vom Verstand her hatte Gray Harbor bereits gewusst, dass es mit den neuen Kanonen und diesen Kartuschen so schnell würde geschehen können, doch es jetzt tatsächlich einmal in die Tat umgesetzt zu sehen, machte ihm noch einmal unmissverständlich deutlich, dass sich schon bald die gesamte Kriegsführung auf See grundlegend verändern würde. Einen ›Kraken‹ zum Einsatz zu bringen – mit einer der altmodischen Lafetten ohne Rollen, ohne Kartuschen und mit einem Zündsatz, der noch aus einem Pulverhorn eingefüllt wurde –, hatte mindestens viermal so lange gedauert.
    Nun trat der Graf an das Schanzkleid heran, achtete sorgsam darauf, nicht in den Bereich zu treten, in den der Rückstoß die leichteren ›Karronaden‹ schleudern würde, die Seamount eigens für die Quarter- und Vorderdecks von Schiffen wie der Taifun hatte gießen lassen. Sie schossen ebenso große Kugeln ab wie die neu gebohrten ›Kraken‹, doch sie wogen weniger als die Hälfte dieser gewaltigen Kanonen, sie waren kaum halb so lang, und sie benötigten auch nur eine halb so starke Geschützbedienungsmannschaft. Zudem wurde bei ihnen deutlich weniger Pulver eingesetzt, und sie hatte keine so gewaltige Reichweite, auch wenn die Kugeln – nachdem Seamount die Rohre sorgfältig hatte neu bohren lassen, genau wie bei den überarbeiteten ›Kraken‹ – deutlich weniger Spielraum im Rohr hatten als bei allen bisher üblichen Geschützen der Artillerie. Daher trafen sie über ihre begrenzte Reichweite hinweg ihr Ziel doch stets recht genau.
    Gray Harbor blickte voraus. Die alte Galeere Prinz Wyllym und drei ähnlich alte, kaum noch fahrtüchtige Handelsschiffe waren im Abstand von zweihundert Schritt im relativ seichten Gewässer unmittelbar vor der Trhumahn-Untiefe vor Anker gegangen. Die ausgedehnte Sandbank lag weit genug von den üblichen Schifffahrtsrouten entfernt, sodass die Navy dort unbeobachtet Trainingsmanöver durchführen konnte, und das Wasser war seicht genug, um dort mit Leichtigkeit Schiffe zu verankern, die als Zielobjekte dienen sollten. Jetzt führte Commodore Staynairs Flaggschiff die anderen vier Schiffe seines Geschwaders in geschlossener Linie auf die Ziele zu; nur Marssegel, Klüver und Besan hatte er setzen lassen.
    Im Vergleich zu der alten Galeere, die Gray Harbor befehligt hatte, schien die Taifun bei derart wenig Segelfläche geradezu zu kriechen; trotz der frischen Brise, die hier wehte, erreichte sie bestenfalls zwei Knoten; sie nutzte kaum ein Fünftel ihrer Gesamtsegelfläche. Doch genau die Segel, die der Commodore hier einsetzte, hatten Merlin und Seamount als die ›Gefechtssegel‹ bezeichnet – schon wieder eine Änderung im Vergleich zu dem, was Gray Harbor aus seiner aktiven Zeit kannte, als Galeeren ihre Rahen und die Segel vollständig gefiert hatten, bevor sie sich in die Schlacht begaben.
    Selbst in diesem langsamen, fast schleppenden Tempo legten die Schiffe, die nach wie vor in einer äußerst präzise ausgerichteten Dwarslinie fuhren, in jeder Minute beinahe siebzig Schritt zurück, und die wartenden Zielobjekte kamen näher und näher. Gray Harbor war von der Präzision, mit der Staynairs Captains hier Kurs und Abstand hielten, fast ebenso beeindruckt wie von all den Neuerungen, die Merlin gebracht hatte. Er hatte die Erfahrung gemacht, dass es Galeeren stets schwerfiel, eine genaue Formation zu halten, und Segelschiffe neigten noch weniger dazu, auch wirklich dort zu bleiben, wo man sie eigentlich haben wollte. Andererseits: Sobald ganze Galeerenflotten sich im Nahkampf aufeinanderstürzten – sobald sie in diese Art des Rumpf-zu-Rumpf-Kampfs übergingen, in dem Schlachten stets entschieden wurden –, bestand kaum noch Bedarf für ›saubere Formationen‹. Bei Galeonen, die mit Kanonen bewaffnet waren, würde das gewiss anders sein, und vor genau diesem Hintergrund hatten Seamount und Staynair ihre Mannschaften erbarmungslos gedrillt.
    Da!
    Die Sturmwind ging mit der Prinz Wyllym auf gleiche Höhe, und plötzlich zerriss ein tosendes Bellen die Stille des Nachmittags. Selbst noch auf diese Entfernung – zweihundert Schritt achtern zum Flaggschiff − traf diese plötzliche, gleichzeitige Detonation von achtzehn schweren Kanonen Gray Harbors Ohren wie ein gewaltiger

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