Der Krieg der Ketzer - 2
haben.«
»Es wäre dennoch ungleich klüger, zu warten, bis wir unserer Gesamtstärke etwas nähergekommen sind«, merkte nun Hyrst an. »Drei zu zwei klingt ja ganz gut, aber zwei zu eins klingt, Shan-wei noch mal, viel besser, wenn es gegen jemanden wie Charis geht.«
»Das wohl.« Sharpfield nickte. »Ich habe ja auch nicht gesagt, ich sei seiner Ansicht, sondern nur, dass seine Strategie vom Prinzip her gar nicht schlecht ist – oder zumindest wirkt sie auf den ersten Blick so. Und vergessen Sie nicht, Zohzef, wir sollen Haarahld ja eigentlich auch gar nicht angreifen, solange Dohlar und Tarot nicht eingetroffen sind.«
»Dann sollten wir abwarten, bis sie hier eingetroffen sind, bevor wir uns überhaupt in Marsch setzen«, setzte Hyrst dagegen.
»Es sei denn, es würde sich herausstellen, dass wir Haarahld effektiv genug überraschen, um an Lock Island und den Keys vorbeizukommen, bevor er überhaupt merkt, dass wir kommen«, gab Sharpfield zu bedenken. »Ich gebe ja gerne zu, dass das unwahrscheinlich ist, aber möglich ist es schon.«
»Ich nehme an, möglich ist alles, Mein Lord.« Hyrst verzog das Gesicht. »Aber manche Dinge sind nun einmal sehr viel wahrscheinlicher als andere.«
»Das wohl, aber wenn man es nicht versucht, dann erfährt man auch nie, ob es nun möglich war oder nicht, finden Sie nicht auch?«
.V.
Königlicher Palast, Eraystor
»Das war aber gemein, was du da mit meinem Läufer gemacht hast, mein Lieber.«
»Unfug.« Prinz Nahrmahn lachte leise, während er den Onyx-Läufer in das passende Fach des seidenausgeschlagenen Kästchens zurücklegte. »Das ist einfach nur die angemessene Vergeltung für das, was du meinem Turm vor zwei Zügen angetan hast.«
»Dann war es vielleicht nicht ›gemein‹, aber zumindest ›wenig galant‹«, versetzte seine Gemahlin.
»Nun, das«, gab er zu und lächelte in einer Art und Weise, die nur wenige Menschen bei ihm je beobachtet hatten, »mag ein durchaus berechtigter Vorwurf sein. Andererseits …« – er reckte die Nase in die Luft und schniefte vernehmlich – »… bin ich nun einmal ein Prinz, und gelegentlich können sich Prinzen Galanterie einfach nicht leisten.«
»Ich verstehe.« Prinzessin Ohlyvya richtete den Blick wieder auf das Schachbrett, das kunstvoll in die Platte des kleinen Tisches eingelassen war, der zwischen ihnen stand, und ihrem Blick war anzumerken, dass sie sich ihrerseits ein Lächeln verkniff. »Nun, unter diesen Umständen scheue ich mich dann doch nicht, dich darauf hinzuweisen, dass es nicht nur ›wenig galant‹ war, sondern auch ›unklug‹.«
Fragend hob Nahrmahn die Augenbrauen, dann kniff er konsterniert die Augen zusammen, als sie zum nächsten Zug die Hand an einen ihrer Springer führte. Durch diesen Zug bedrohte sie seine Dame … und die konnte sich nicht mehr in Sicherheit bringen, weil der Springer von seiner neuen Position aus auch das Feld absicherte, auf dem sie eben noch gestanden hatte, und nun sein König durch ihren noch verbliebenen Läufer im ›Schach‹ stand. Und das war nur möglich, weil er dadurch, dass er gerade ihren anderen Läufer geschlagen hatte, seinen noch verbliebenen Turm aus der Position herausbewegt hatte, mit dem er das hätte verhindern können.
Mehrere Sekunden lang dachte er über die Lage nach, dann seufzte er und zog seinen König aus dem ›Schach‹ heraus. Und schon stieß ihr Springer zu und nahm seine Dame aus dem Spiel.
»Weißt du«, sagte er, während er sich zurücklehnte, um über seinen nächsten Zug nachzudenken, »mittlerweile sollte ich gelernt haben, dass du mir immer nur dann ein nettes, reizvolles Opfer anbietest, wenn in deinem Köder ein richtig unschöner Haken steckt.«
»Oh nein«, widersprach sie zurückhaltend. »Manchmal werfe ich diese Köder auch aus, ohne dass ein Haken darin wäre. Einfach nur, um dich dazu zu bringen, auch beim nächsten Mal den Köder zu schlucken.«
Nahrmahn lachte und schüttelte den Kopf, dann blickte er sich in der Bibliothek um.
Prinzessin Mahrya saß auf einem der Fenstersitze, in ein Geschichtsbuch vertieft. Mit ihren fast achtzehn Jahren kam sie langsam in das Alter, in dem man daran denken musste, sie zu verheiraten, doch im Augenblick gab es keine geeigneten Kandidaten. Glücklicherweise, so ging es ihm durch den Kopf, während er ihr anmutiges Profil betrachtete, das sich deutlich gegen den Schein einer Lampe neben ihrer Schulter abzeichnete, kam sie deutlich mehr nach ihrer zierlichen, hübschen
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