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Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Titel: Der Krieg, der viele Vaeter gatte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schultze-Rhonhof
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Westen ausgerichtet.

    Nachdem Hitler die Weisung für den „Fall Weiß" gegeben hat, unterbreitet er der polnischen Regierung am 28. April 1939 immerhin noch ein weiteres Mal sein Angebot:
    „1.Danzig kehrt als Freistaat in den Rahmen des Deutschen Reiches
    zurück.
    2. Deutschland erhält durch den Korridor eine Straße und eine Eisen bahnlinie zur eigenen Verfügung. Dafür ist Deutschland bereit:
    3. sämtliche wirtschaftlichen Rechte Polens in Danzig anzuerkennen;
    4. Polen in Danzig einen Freihafen beliebiger Größe und bei vollständig freiem Zugang sicherzustellen;
    5. damit die Grenzen zwischen Deutschland und Polen endgültig als ge geben hinzunehmen und zu akzeptieren und
    6. einen fünfundzwanzigjährigen Nichtangriffspakt mit Polen abzu 157 schließen."
    Auch dieses Angebot hilft Hitler keinen Meter weiter. Es folgt dann seine sogenannte Schlüsselrede vom 23. Mai vor den Oberbefehlshabern der Wehrmachtsteile. 158
    Selbst diese oft als Beweis zitierte Ansprache vor den Generalen läßt nicht unbedingt darauf schließen, daß Hitler Ende Mai 1939 schon fest vorgesehen hat, im September über Polen herzufallen. Aus der Rede werden immer wieder Sätze wie
    „Es entfällt also die Frage, Polen zu schonen, und bleibt der Entschluß,
    bei erster passender Gelegenheit Polen anzugreifen." Und
    „Danzig ist nicht das Objekt, um das es geht. Es handelt sich für uns um
    die Erweiterung des Lebensraums im Osten."
    als Beleg für Hitlers festen Angriffswillen gegenüber Polen herangezogen. Doch der Gesamtzusammenhang der Rede weist etwas anderes aus. Hitler hat die Oberbefehlshaber und Generalstabschefs der Wehrmachtsteile zu sich bestellt, um ihnen die Einrichtung eines unabhängigen Studienstabes beim Oberkom

    157
    Domarus, Band II Kurzfassung von Seite 1162 158
    Domarus, Band II, Seiten 1196 ff.
    mando der Wehrmacht (OKW) anzukündigen. Er weiß, daß dieses neue Konkurrenzunternehmen bei den Generalstäben der Wehrmachtsteile auf wenig Gegenliebe stößt. Hitler erläutert die Notwendigkeit eines solchen Stabes deshalb mit den Erfordernissen der modernen Kriegführung in der Zukunft. Um das zu begründen, trägt er in dieser seine Gedanken über mögliche Kriege in Europa vor. Dabei geht es in erster Linie um Deutschlands Lage gegenüber den Kontrahenten England, Frankreich und Sowjetunion. Polen spielt in Hitlers Argumentation nur eine Rolle als Trabant der Briten im Rücken Deutschlands. Redepassagen wie:
    „Der Pole ist kein zusätzlicher Feind. Polen wird immer auf der Seite un
    serer Gegner stehen" und
    159
    „Anzustreben bleibt, dem Gegner (gemeint ist hier England
    ) zu Beginn
    einen oder den vernichtenden Schlag beizubringen. ... Dies ist nur mög
    lich, wenn man nicht durch Polen in einen Krieg mit England hinein
    schlittert."
    weisen vielmehr daraufhin, daß Polen im Mai 1939 noch nicht im Mittelpunkt von Hitlers Überlegungen steht. Diese Sätze sind der Reflex auf den Seitenwechsel Polens zwei Monate vor dieser Rede. Die Ansprache vom 23. Mai ist aggressiv, doch sie befaßt sich mit einer späteren Auseinandersetzung mit England, wenn es einmal darum geht, eine der verlorenen Kolonien von den Briten zurückzufordern oder Ersatz dafür in der Ukraine. Das Anliegen dieser Rede ist der neue Studienstab beim OKW. Das Hauptthema zur Begründung dieses Stabes ist eine von Hitler befürchtete spätere Auseinandersetzung mit England. Polen ist trotz der drastischen Redewendungen nicht der Punkt, um den es dabei geht. Doch Polen steht nun – und das ist neu – auf Hitlers „Abschußliste". Am Schluß der Rede sagt Hitler, daß die Wehrmacht 1943 bis
    1944 für einen Krieg gerüstet sein muß. Von Polen und 1939 ist da keine Rede. Wenn die Mai-Ansprache in Bezug auf Polen eines zeigt, dann ist es Hitlers Einsicht, daß seine Politik der Zusammenarbeit gescheitert ist. Ab nun ist Polen für ihn kein potentieller Partner mehr, sondern potentieller Gegner.

    Bis zum Sommer 1939 hat Hitler weder öffentlich noch auf diplomatischen Kanälen mit Krieg gedroht. Bis dato steht nur seine Forderung nach Verhandlungen um Danzig und die Verbindungen durch den Korridor im Raum.

    Neben die Danzig-Frage schiebt sich 1939 noch ein ganz anderes deutsch-polnisches Problem, das in der deutschen Öffentlichkeit viel Zorn entfacht. Im ganzen Jahr verschlechtert sich die Lage der deutschen und der ukrainischen Minderheit in Polen, die auch schon vorher alles andere als zufriedenstellend war. Staatssekretär von

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