Der Krieg, der viele Vaeter gatte
die Lage durch einen von Deutschland geschaffenen „fait accompli"
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erleichtern würde."
Hitler hofft demnach im November 1938 noch immer auf eine Lösung, bei der er den Konflikt begrenzen kann. Ein Krieg mit Polen liegt zu der Zeit offensichtlich nicht in seiner Absicht. Zu wertvoll ist ihm ein intaktes Polen als Puffer zwischen Deutschland und der Sowjetunion.
Auch zu Beginn des Jahres 1939 herrscht der Anschein, als könne es noch eine Lösung im Sinne der deutschen Wünsche geben. Der französische Botschafter in Berlin François-Poncet berichtet, wie er den Stand der Dinge im Januar 1939 sieht:
„Hitler regte an, einen exterritorialen Durchgang mit Autobahn und
Eisenbahnlinie durch den Korridor zu legen, so daß Ostpreußen eine
direkte Verbindung mit dem Reich hatte. Oberst Beck hatte erklärt, daß
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ihm eine derartige Lösung annehmbar erschiene."
Auch der Besuch von Ribbentrops am 26. Januar in Warschau wird noch mit einem gemeinsamen Schlußkommunique beendet, das den Anschein gibt, daß die Tür zu einer deutsch-polnischen Verhandlungslösung für Danzig weiter offenstünde. Hitler nimmt aus seiner Sicht der Dinge an, daß er mit den zwei Minimalforderungen „Danzig und Verkehrsverbindungen", mit dem Verzicht auf das früher überwiegend deutsche Pomerellen und auf Grenzkorrekturen in Oberschlesien den Polen so weit entgegenkommt, daß sie ihm die Hand auf Dauer nicht verweigern können. Er bietet als Gegenleistung außerdem die bereits erwähnte Garantie der Grenzen und die Verlängerung des Nichtangriffspakts für
25 Jahre. Hitler weiß auch, daß kein Nachkriegskanzler vor ihm so weit „Verzicht" geleistet hat. Er fühlt sich in dieser Hinsicht und Polen gegenüber offenkundig als ein Mann des Friedens.
Doch dann kommt im März 1939 Hitlers Sündenfall mit der Tschechei. Die polnische Regierung nutzt blitzschnell die Gelegenheit, die Front zu wechseln und sich die Garantie der Briten und Franzosen gegen Deutschland einzuhandeln. Hitler sieht offenbar nicht ein, daß er es selbst gewesen ist, der Warschau hier die Tür zum Seitenwechsel aufgestoßen hat. Er ist enttäuscht und ändert schrittweise sein weiteres Vorgehen gegenüber Polen. Hitler stellt sich nun darauf ein, die Danzig-Frage wenn nicht auf dem Verhandlungswege, dann mit Gewalt zu lösen. Unklar dabei bleibt, ab wann Hitler wirklich Krieg mit Polen will, und ob er nicht doch bis zum Schluß auf ein Nachgeben der polnischen Regierung hofft.
Viele Historiker vertreten die Auffassung, daß Hitler den Krieg gegen Polen von Beginn seiner Regierungszeit an, spätestens aber seit Anfang 1939 mit Vorsatz angesteuert hat. Sie führen als Beweise an, daß er der Wehrmacht am 3. April
148
Vollendete Tatsache
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Benoist-Méchin, Band 7, Seite 185 150
François-Poncet, Seite 192
1939 den Auftrag gegeben hat, einen Feldzugsplan gegen Polen zu entwerfen. 151 Und sie entnehmen Hitlers sogenannten Schlüsselreden vom 23. Mai und vom
22. August 1939, daß dies sein fester Wille war: Krieg und nicht nur Danzigs Heimkehr in das Reich. Gegen diese Meinung spricht eine ganze Menge.
Am 25. März 1939, als Lipski mit dem erneuten deutschen Verhandlungsangebot in Warschau weilt, als Polen sich das neue Schutzversprechen in England holt, als Hitler noch nicht weiß, daß die Tür zur deutsch-polnischen Verständigung über Danzig gerade zugeschlagen wird, an diesem 25. März gibt er dem Oberbefehlshaber des Heeres, Generaloberst von Brauchitsch, eine neue Weisung zum Verhalten gegenüber Polen, der Tschechei und der Slowakei. 152
Zu Polen ist dort nachzulesen:
„Danziger Frage: Lipski kommt am Sonntag, dem 26. März, aus Warschau zu
rück. (Er) Hatte den Auftrag, dort anzufragen, ob Polen zu
einem Arrangement bzgl. Danzig bereit sei. ... Führer will die
Danziger Frage jedoch nicht gewaltsam lösen. (Er) Möchte
Polen nicht dadurch in die Arme Englands treiben. ...
Polnische Frage: Vorläufig beabsichtigt Führer nicht, die polnische Frage zu
lösen. Sie soll nun aber bearbeitet werden. ..."
Im weiteren wird ausgeführt, daß ein späterer Angriff gegen Polen günstige politische Voraussetzungen haben müßte.
Vom gleichen Tag, dem 25. März 1939, gibt es in den Akten des deutschen Auswärtigen Amtes noch einen weiteren Vermerk, der zeigt, daß Hitler immer noch auf eine weiche Lösung setzt. Dort steht als „Weisung des Führers" notiert:
„Führer will die Danziger Frage jedoch nicht gewaltsam lösen.
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