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Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Titel: Der Krieg, der viele Vaeter gatte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schultze-Rhonhof
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und England gibt. Im Verlaufe des Gesprächs mit Hitler spricht Halifax über eine
    „Änderung der europäischen Ordnung, die wahrscheinlich früher oder
    später eintreten wird. Zu diesen Fragen gehöre Danzig und Österreich
    und die Tschechoslowakei. England sei nur daran interessiert, daß diese
    Änderungen im Wege friedlicher Entwicklungen zustande gebracht wür
    143
    den..."
    Dies Gespräch muß Hitler glauben machen, daß ihm England später bei Verhandlungen mit Polen um den Anschluß Danzigs keine Schwierigkeiten machen wird.

    Nach der Angliederung Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 führen Hitler und sein Außenminister von Neurath am 24. April ein Gespräch, bei dem der Diktator äußert, „er glaube, auf der Höhe seiner außenpolitischen Erfolge zu stehen. Man dürfe", so ist Hitler überliefert „den Bogen nicht überspannen." 144 Hitler rechnet zu der Zeit offensichtlich nicht damit, daß er in naher Zukunft die noch offene Danzig-Frage nicht so wird lösen können, wie das Rheinland-Problem 1936 und die Österreich-Frage kurz zuvor. Es sieht so aus, als habe Hitler sich Illusionen hingegeben, er könnte sich mit Polen bei gehörigem Entgegenkommen gütlich einigen. Dieser Eindruck kommt auch auf, wenn man in der gerade erwähnten Rede vom November 1937 liest, daß Hitler einen Krieg mit England und Frankreich in den Jahren 1943 bis 1945 kommen sieht. Polen ist für Hit

    142
    Rede vom 5. November 1937 im sog. Hoßbach-Protokoll wiedergegeben. 143
    ADAP, Serie D, Band I, Anlage zu Dokument 31
    144
    v. Weizsäcker-Papiere, Seite 126
    ler in den Jahren 1937 und 1938 offensichtlich noch immer der unsichere Kantonist, den er lieber an sich und Deutschland binden würde, als mit ihm Krieg zu führen.

    Diese Haltung bleibt offenkundig bis zur Sudetenkrise unverändert. Am 26. September 1938 verkündet Hitler im Berliner Sportpalast vor großem Publikum:
    „ Wir sehen ein, daß hier zwei Völker sind, die nebeneinander leben müs
    sen und von denen keines das andere beseitigen kann. Ein Staat von 33
    Millionen Menschen wird immer nach einem Zugang zum Meer streben.
    145 Es muß daher ein Weg der Verständigung gefunden werden."
    Im September 1938 kommt es in Folge der Teschen-Frage zur Annäherung zwischen Warschau und Berlin. Hitler hofft nun auf Dank für die Unterstützung in Bezug auf Teschen und auf Kompensation für das Zugeständnis, die überwiegend deutsche Stadt Oderberg an Polen anzugliedern. Hitler, der sonst einen Instinkt für Chancen hat, versäumt es, die Warschauer Regierung bei dieser günstigen Gelegenheit auf eine Danzig-Lösung festzulegen. Er verläßt sich statt dessen mit unangebrachter Zuversicht auf den inzwischen positiven Stand der deutsch-polnischen Beziehungen und läßt ein paar Wochen ungenutzt verstreichen. Hitler und von Ribbentrop bitten die polnische Regierung erst vortastend und dann direkt und später drängend am 24. Oktober und 19. November 1938, am 5., am 25. und
    26. Januar 1939 und schließlich am 21. März und am 28. April, das noch offene Danzig-Problem und die exterritorialen Transitverbindungen durch den Korridor auf dem Verhandlungsweg zu lösen und zu regeln. Der erste Vorschlag von Ribbentrops an Lipski vom 24. Oktober 1938 ist bei der Schilderung der polnischen Bündnispolitik an früherer Stelle dieses Buches bereits im Volltext dargestellt. 146

    Schon bei den ersten zwei Gesprächen, am 24. Oktober und am 19. November läßt Lipski von Ribbentrop wissen, daß Beck in Bezug auf Danzig innenpolitisch keinen Spielraum hat. Am 19. November weist Beck die deutschen Danzig-Wünsche höflich doch verbindlich ab. Hitler läßt nun eine Lösung ohne Polens Segen vorbereiten. Am 24. November gibt der „Führer" dem Heer die Weisung, Vorbereitungen für eine handstreichartige Besetzung Danzigs aus Ostpreußen heraus zu treffen. 147
    Der Weg aus Ostpreußen vermeidet, daß deutsche Truppen polnisches Territorium betreten müssen. Hitler ergänzt seine Weisung gegenüber dem Oberbefehlshaber des Heeres Generaloberst von Brauchitsch durch eine mündliche Erläuterung in der er sagt:
    „Auf jeden Fall habe ich die Absicht, diese Maßnahme nur dann zu er
    greifen, wenn Lipski durchblicken läßt, daß die polnische Regierung eine
    freiwillige Abgabe Danzigs ihrem Volk gegenüber nicht vertreten will und

    145
    Domarus, Band I, Seite 925
    146
    ADAP, Serie D, Band V, Dokument 81
    147
    Weisung vom 24. November 1938, IMT-Dokumente, Band XXXIV
    148 ihr

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