Der Krieg, der viele Vaeter gatte
provoziert völlig überflüssig London und Paris. Bei einer Massenveranstaltung wirft er Briten und Franzosen vor, sich unberechtigt in Danziger Angelegenheiten einzumischen und dabei die Partei der Polen zu ergreifen:
„Es geht sie gar nichts an, wie wir unsere Zukunft gestalten wollen. Wir
Danziger kümmern uns auch nicht darum, wie die Engländer und Franzo
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sen sich ihr Schicksal zu gestalten versuchen".
Auch im Ausland wird der Krieg herbeigeredet und die Stimmung angeheizt, was allerdings nach der Tschechei-Besetzung, nach Italiens Angriff auf Albanien und angesichts der Eskalation in Polen nicht verwundert. Im April 1939 teilt Englands Außenminister Lord Halifax US-Präsident Roosevelt mit, daß die britische Flotte jeden Augenblick Ziel eines deutschen „Blitzangriffs" werden könnte. 249 Am 9. April meldet US-Botschafter Bullit aus Paris an das State Department 250 in Washington:
„Ich sprach heute nacht kurz mit Bonnet (dem französischen Außenmini
ster). Er bat mich, meine Regierung darüber zu informieren, daß es fünf
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Minuten vor zwölf sei. Jeden Augenblick könne der Krieg ausbrechen."
248
249
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STADER TAGEBLATT vom 14. August 1939 249
Note vom 5. April 1939, siehe Tansill, Seite 554 250
US-Außenministerium
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Tansill, Seite 558
Zwei Tage später berichtet Bullitt über ein Gespräch mit dem französischen Ministerpräsidenten Daladier nach Washington. Er schreibt, daß Daladier glaube, daß Hitler und Mussolini „wahrscheinlich in ein bis zwei Wochen zum Krieg schreiten würden". 252
Zu der Zeit versucht die Reichsregierung noch immer, in der Danzig- und der Korridor-Frage auf dem Verhandlungsweg zum Ziel zu kommen.
Auch der August bringt keine Besserung der Lage. Das Deutsche Reich bleibt gegenüber Polen bei den bekannten Forderungen. Die Polen lehnen jede Einigung zu ihren Lasten in der Danzig- und der Transitwege-Frage ab. Engländer und Franzosen versuchen, die Russen gegen Deutschland in den Krieg zu ziehen, ehe Deutschland seinerseits die Russen für die kommenden Auseinandersetzung zur Neutralität verpflichtet. Derweil wird die Hintergrundmusik aus Danzig und aus Polen immer schriller.
Am 16. August versucht Englands Botschafter Henderson noch einmal von Berlin aus zu Vernunft und Mäßigung zu raten. Er schickt Außenminister Halifax ein Telegramm und schreibt:
„Ich würde persönlich empfehlen, der polnischen Regierung nahezulegen
– und zwar sofort nahezulegen – ihren hiesigen Botschafter anzuweisen,
irgendeinen diplomatischen Schritt zu unternehmen, was ihm über Göring
ein leichtes sein sollte. ... Lipski ist, trotz allem was vorgefallen ist, hier
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immer noch „persona grata"
. Die Polen könnten vorschlagen, zum
Verhandlungsstand vor dem März zurückzukehren ... um es zu
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ermöglichen, wieder in Gespräche einzusteigen."
Zwei Telegramme am Folgetag von Halifax an Kennard, den englischen Botschafter in Warschau zeigen keine Reaktion auf Hendersons Empfehlung.
In der letzten Woche vor dem Kriegsausbruch versuchen polnische Flak-Batterien noch ein paar Mal, Passagiermaschinen der Deutschen Lufthansa auf ihrem Flug von Berlin nach Königsberg über der Ostsee abzuschießen. Es kommt zu zahlreichen Schießereien an den Grenzübergängen zwischen polnischen und deutschen Zollbeamten und Soldaten, wobei es viele Tote gibt. Das „Abfackeln" deutscher Bauernhöfe im polnischen Grenzland geht unvermindert weiter. Im August greifen die Überfälle und Brandstiftungen der Polen auch auf die deutsche Seite der Grenze über. Völlig überflüssiger Weise inszeniert der „Sicherheitsdienst des Reichsführers SS" (SD) in den letzten Tagen vor Beginn des Krieges beiderseits der Grenze fingierte Brand- und Sprengstoffanschläge, um die dann für die Propaganda auszuschlachten. 255
Diese illegalen Aktivitäten des SD wären angesichts der Vielzahl der ohnehin geschehenden polnischen Übergriffe
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Tansill, Seite 558
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Erwünschte Person
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Documents Brit. Foreign Policy, Third Series, Volume VII, Document 35 255
Rasmus, Seiten 92f und 357
nicht erforderlich gewesen, um das Ausland gegen Polen aufzubringen oder um noch einen Anlaß für den deutschen Einmarsch in Polen zu schaffen. Die Bevölkerung auf der deutschen Seite sieht den Flüchtlingsstrom, die Schießereien und die Angriffe auf die deutschen Bauern jenseits der Grenze mit zunehmendem Entsetzen. Sie erwartet, daß man dem Treiben bald ein Ende setzt. Am 31.
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