Der Krieg, der viele Vaeter gatte
entnommen.
auf der Westerplatte neben Danzigs Hafen wird auf 240 Soldaten verstärkt, obwohl der Völkerbund nur 88 zugelassen hat. Die polnischen Zöllner, ursprünglich sechs Beamte, sind inzwischen 110 geworden. 237
Als deutsch-Danziger Behörden die Militärtransporte und die Verstärkung bei dem polnischen Generalkommissar beim Danziger Senat, Herrn Chodacki, beanstanden, weist der die Klagen ab.
Karte 34: Danzig und die Westerplatte (wie Karte 29)
Besonders kritisch im Sommer 1939 wird ein Zwist, der als der „Zollinspektorenstreit" bekannt geworden ist. Ab Mai verschärfen sich Kontrollen und Verhalten der polnischen Zollbeamten gegenüber den Danzigern im kleinen Grenzverkehr, der für die Menschen dort in ihrer Insellage von besonderer Bedeutung ist. Des weiteren maßen sich die polnischen Zollbeamten gegenüber ihren deutschen Kollegen Befehlsbefugnisse an, die sie so nicht haben. 238
Und zur Verärgerung der deutschen Seite wird die Zahl der polnischen Beamten noch wesentlich erhöht. Die deutsche Polizei behauptet, ein Teil der zusätzlichen Zollbeamten gehöre dem polnischen Nachrichtendienst an und werde auf diese Weise nach Danzig
237
Documents Brit. Foreign Policy, Third Series, Volume VI, Document 6
238
Nach dem Vertrag von Warschau sind die poln. Zollbeamten den deutschen weder über- noch untergeordnet.
eingeschleust. Die deutschen Beamten arbeiten daraufhin mit den polnischen nicht mehr recht zusammen. Die wiederum verzögern die Ausfuhr Danziger Agrar- und Fischereiprodukte, die im heißen 39er Sommer besonders leicht verderben. In dieser angespannten Lage schreibt der Präsident des Danziger Senats dem polnischen Generalkommissar, beschwert sich über die beschriebenen Vorfälle und kündigt an, daß deutsche Zollbeamte von den polnischen in Zukunft keine Weisungen mehr entgegen nehmen werden. Der Generalkommissar Chodacki schickt dem Präsidenten Greiser als Antwort postwendend ein Ultimatum, diese Weisung bis 18 Uhr des gleichen Tags zurückzunehmen 239
, andernfalls
„ wird die polnische Regierung unverzüglich Vergeltung gegen die freie
Stadt anwenden".
Außerdem teilt Chodacki mit, daß der polnische Zoll ab sofort bewaffnet werde. 240
Der Streit wird auch noch dadurch angeheizt, daß ein untergeordneter Beamter aus der Senatsverwaltung eigenmächtig und ohne jeden Auftrag an Chodacki schreibt:
„... die Danziger Behörden würden sich mit Gewalt jedem Versuch der
polnischen Zollinspektoren widersetzen, ihren Dienst... mit der Waffe aus
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zuüben".
Hitler, vom Senatspräsidenten um Rat gefragt, drängt, für Entspannung zu sorgen und „die Angelegenheit nicht noch mehr zu vergiften" 242
. Es gelingt dem Prä
sidenten Greiser den Generalkommissar Chodacki zu bewegen, das Ultimatum
aufzuheben.
So belanglos dieser Zwischenfall auch scheint, er zeigt doch, wie nah die Welt am Rand des Krieges steht. Staatssekretär im Auswärtigen Amt von Weizsäcker übermittelt dem polnischen Geschäftsträger in Berlin die Mißbilligung der Reichsregierung zum Zollinspektorenstreit, zum Ultimatum und zur Drohung gegenüber der Danziger Bevölkerung. Der nimmt Rücksprache mit seinem Ministerium in Warschau und teilt von Weizsäcker tags darauf offiziell mit, daß Polen jede Einmischung der Reichsregierung in die polnisch-Danziger Beziehungen zu Lasten Polens als „Angriffshandlung" betrachten werde. 243
Das polnische Außenamt gibt damit zu verstehen, daß schon jedes Parteiergreifen der Reichsregierung zu Gunsten Danzigs und zu Lasten Polens Krieg bedeuten werde. Angesichts des unbedeutenden Zollstreits in Danzig ist das eine ganz massive Drohung, zumal England und Frankreich zugesichert hatten, Polen in jedem von Deutschland ausgelösten Krieg zu unterstützen.
Hitler zeigt sich über das polnische Ultimatum in dieser ohnehin so spannungsreichen Zeit empört, und er spricht davon, daß „die Grenze seiner Duldsamkeit
239
Chodacki-Ultimatum vom 5. August 1939, 01 Uhr, siehe ADAP, Serie D, Band VI, Dokument 774 240
Nach dem Vertrag von Warschau dürfen polnische Zöllner nur Waffen tragen, wenn auch die deutschen Zöllner Waffen tragen.
241
Benoist-Méchin, Band 7, Seite 211
242
ADAP, Serie D, Band VI, Dokument 771
243
v. Weizsäcker Erinnerungen, Seiten 244 f
erreicht ist". Polens Presse gießt nun noch Öl ins Feuer, indem sie schreibt, Hitler habe im Zollstreit „klein beigegeben" und eine einzige ein wenig schroffe Note habe genügt, „ihn in die Knie zu
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