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Der Krieg, der viele Vaeter gatte

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Titel: Der Krieg, der viele Vaeter gatte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schultze-Rhonhof
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von Rußland droht. Sowohl Roosevelt als auch Hull unternehmen nichts, um Warschau, London und Paris zu warnen. Statt dessen schickt der Präsident am Abend eine Botschaft an die Regierungen in Warschau und Berlin, man möge eine Lösung der deutsch-polnischen Probleme auf friedlichem Verhandlungswege finden. Eine Warnung noch am gleichen Tage hätte die Polen vielleicht dazu bewegen können, Hitlers Vorschlag vom 28. April zu akzeptieren. Das letzte Hitler-Angebot war ein Freihafen und Wirtschaftsprivilegien in Danzig, die Anerkennung der polnischen Gebietsgewinne von 1920 in Posen, Westpreußen und Südost-Oberschlesien und ein Friedensvertrag für 25 Jahre gegen exterritoriale Wege durch den Korridor und Danzig, das ohnehin nicht polnisch, sondern immer noch Mandatsgebiet des Völkerbundes ist. Eine Warnung an die Briten hätte den Garantievertrag für Polen, der an diesem Tag geschlossen wird, vielleicht verhindert. Doch für Roosevelt ist wichtig, daß Hitler sich im DanzigStreit verfängt und offensichtlich von geringerer Bedeutung, ob Polen überlebt. Roosevelt schweigt, wie er das auch zwei Jahre später vor dem Überfall auf Pearl Harbor tut.

    Polens Beitrag dieses Tages ist, daß es am Vormittag um 11 Uhr die Außengrenzen Danzigs schließt. Die dadurch bald erzeugten Versorgungsschwierigkeiten in der Stadt tragen dazu bei, die Stimmung der Danziger für einen schnellen Anschluß weiter anzuheizen.

    Freitag, der 25. August

    Sieben Tage vor dem Kriegsausbruch.
    Hitler hofft noch immer, daß die polnische Regierung in letzter Stunde einlenkt. Er hat den Angriff der Wehrmacht gegen Polen nach wie vor auf unbestimmte Zeit verschoben. Gegen 8 Uhr startet der schwedische Vermittler Dahlems in Marschall Görings Auftrag mit einer Sondermaschine von Berlin-Tempelhof nach London. Nachmittags gelingt es ihm, zu Außenminister Halifax vorzudringen und Görings Botschaft zu überbringen.

    In Berlin jagt inzwischen eine Nachricht die andere, alle für den „Führer" nicht gerade angenehm. Als erstes flattern ihm die Nachtmeldungen von den deutschpolnischen Grenzen auf den Tisch. 287
    Es sind die Berichte von den Zusammenstößen und Handstreichaktionen beider Seiten. Noch immer werden deutsche Bauernhöfe auf der polnischen Seite der Grenze abgebrannt. Deutsche Stoßtrupps vergelten die Brandstiftungen noch in gleicher Nacht auf der Gegenseite. Auch der Flüchtlingsstrom hält weiter an. Polnische Grenztruppen versuchen, die deutschen Flüchtlingsgruppen mit Gewehr- und MG-Feuer von der

    287
    Benoist-Méchin, Band 7, Seiten 383 f. Die deutschen Vergeltungsmaßnahmen tauchen tags darauf in einer Protestnote der polnischen Regierung an die Reichsregierung wieder auf: ADAP, Serie D, Band VII, Dokument 330
    Grenze wegzutreiben. Deutsche Infanterie dringt auf polnisches Territorium vor und bemüht sich, die Flüchtenden freizukämpfen. Trotzdem sind in der vergangenen Nacht acht Menschen auf der Flucht erschossen worden. Überdies ist wieder ein ziviles Passagierflugzeug auf dem Weg nach Königsberg über der Ostsee von polnischen Flak-Geschützen beschossen worden. Hitler ist empört. Er schreibt spontan an Mussolini und versucht, sich – ohne dies klar anzusprechen – dessen Unterstützung im Streit mit Polen zu versichern:
    „Das Verhältnis Deutschlands zu Polen", so Hitler „ist nicht durch das
    Verschulden des Reichs, sondern wesentlich durch das Zutun Englands
    seit dem Frühjahr unbefriedigend gewesen und war in den letzten Wochen
    einfach unerträglich. Die Nachrichten über die Verfolgung der Deutschen
    in diesem Gebiet sind nicht erfundene Pressemeldungen, sondern nur ein
    Bruchteil einer erschütternden Wahrheit. ... Die Behauptung der pol
    nischen Regierung, daß sie für die unmenschlichen Vorgänge, für die
    zahlreichen Grenzzwischenfälle (heute nacht allein 21 polnische Grenz
    übergriffe), für die Beschießung deutscher Verkehrsflugzeuge ... nicht ver
    antwortlich sei, beweist nur, daß sie die von ihr aufgeputschte Soldateska
    nicht mehr in der Hand hat. ... Niemand kann unter diesen Umständen
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    voraussagen, was die nächste Stunde bringt. ..."
    Kaum daß der Brief an Mussolini abgegangen ist, erreicht Hitler ein Vorabbericht der deutschen Botschaft London. 289
    Es sind das die Auswertung der zwei Reden von Chamberlain und Halifax vor dem Unter- und dem Oberhaus vom Tag zuvor, ein Bild der öffentlichen Meinung, die erste Auswertung der Morgenpresse und die Bestätigung der Unterzeichnung

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