Der Krieg, der viele Vaeter gatte
Kolonien und ● der deutsche Wille, zur Vormacht in Ostmitteleuropa aufzusteigen. Es geht hier nicht mehr allein um Danzig und um Transitwege, also um die Fragen, zu denen man in England in der Vergangenheit meist die Auffassungen der Deutschen geteilt hat. Danzig ist für Großbritannien und Frankreich nun die Hürde, vor der sie das Deutsche Reich zum Stehen oder mit der sie das Reich zum Fallen bringen wollen.
Nach dem Gespräch mit Coulondre trifft Mussolinis Antwort auf Hitlers Brief vom gleichen Morgen ein. Der „Duce" teilt dem „Führer" sein volles Verständ
296
Benoist-Méchin, Band 7, Seiten 396 f und Französisches Gelbbuch, Dokument 242 297
Benoist-Méchin, Band 7, Seite 397 und Französisches Gelbbuch, Dokument 242 298
Benoist-Méchin, Band 7, Seite 397 und Französisches Gelbbuch, Dokument 242
nis für die deutsche Haltung gegenüber Polen mit und erkennt an, daß eine so gespannte Lage nicht endlos dauern könne. Aber er schreibt auch, daß Italien nicht kriegsbereit sei, und sich an Auseinandersetzungen mit Polen und dessen Verbündeten bedauerlicher Weise nicht beteiligen könne. 299
Hitler ist bestürzt. Itali
en verweigert seine Unterstützung. England stärkt weiterhin die Polen, statt sie
an den Verhandlungstisch zu drängen, und Frankreich ist fest entschlossen, auf
Polens Seite in den Krieg zu ziehen.
Auch zwischen der englischen Botschaft in Warschau und dem Außenministerium in London gehen viele Telegramme hin und her. Um 1 Uhr fordert Halifax aus London Kennard in Warschau auf, die Polen zu ermahnen, „jede Handung zu unterlassen, die sie in die Rolle des Aggressors versetzen könnte." 300
Um 01:20
Uhr telegraphiert Kennard zurück, daß der französische Botschafter dem polni
schen Außenminister Beck diese Ermahnung bereits in der vergangenen Nacht
übermittelt habe. 301
Um 02.35 Uhr geht ein weiteres Telegramm an Halifax in London. Kennard berichtet, daß er von Außenminister Beck erfahren hat, daß Göring in Berlin versucht hat, mit Lipski ein Gespräch über Polens Haltung zu den deutschen Vorschlägen zu führen. Beck hat dabei offensichtlich mögliche deutsch-polnische Gespräche als einen Bruch von Polens Bündnistreue gegenüber England dargestellt. Und Kennard gibt diese Sicht der Dinge weiter, als wäre sie die seine. Er schreibt im 02.35-Telegramm, daß Göring versucht habe, bei Lipski einen Keil zwischen England und Polen zu treiben.
„ Herr Beck glaubt, " so setzt der Bericht fort, „ daß die deutsche Regierung
jede Anstrengung unternimmt, durch solche Methoden freie Hand im Osten
zu bekommen, und er meint, es sollte zur Kenntnis genommen werden, daß
302 sich Polen nicht in eine solche Intrige hineinziehen lassen will."
Um 14 Uhr schickt Kennard noch eine Einschätzung der Lage an Halifax in London:
„... Ich bezweifele ausgesprochen, daß es irgendeinen Nutzen bringt, wenn
der polnische Botschafter ein Gespräch mit Hitler sucht. Obwohl ich die
Dinge von hieraus natürlich nicht beurteilen kann, scheint es mir doch so
zu sein, daß nach Herrn Hitlers Antwort (Brief vom 23.8., Anm. d. Verf.)
jedes solches Vorgehen als ein Zeichen von Schwäche angesehen würde
303
und ein Ultimatum provozieren würde."
Paris und London sind in Sorge, daß der Krieg von Polen statt von Deutschland losgetreten wird. In Warschau bezeichnet man die Gesprächsversuche von deutscher Seite als Intrige, und Kennard zeigt keine Neigung, die Polen zu Gesprächen mit den Deutschen zu bewegen.
299
ADAP, Serie D, Band VII, Dokument Nr. 271
300
Documents Brit. Foreign Policy, Third Series, Volume VII, Document 272 301
Documents Brit. Foreign Policy, Third Series, Volume VII, Document 273 302
Documents Brit. Foreign Policy, Third Series, Volume VII, Document 263 303
Documents Brit. Foreign Policy, Third Series, Volume VII, Document 270
Mittlerweile hat der schwedische Vermittler Dahlems in London bei Außenminister Lord Halifax vorgesprochen. 304
Etwa um 18.30 Uhr – also Stunden nach der Unterzeichnung des Polnischen-Britischen Beistandspakts – erklärt Lord Halifax, daß er seit dem Besuch von Henderson bei Hitler heute morgen hoffnungsvoll gestimmt sei. Obwohl er noch keinen genauen Bericht über das Resultat dieser Besprechung erhalten habe, hoffe er, daß die Initiative zur Aufnahme offizieller Verhandlungen eine friedliche Lösung ermöglichen würde. Halifax dankt Dahlems für seine Bemühungen und drückt die Hoffnung aus, daß er dessen Dienste
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