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Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Titel: Der Krieg, der viele Vaeter gatte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schultze-Rhonhof
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des Englisch-Polnischen Beistandspaktes. Hitler erfährt durch den Bericht, daß das englische Volk nach Beurteilung der Botschaft offensichtlich geschlossen hinter der Regierung steht und daß die Parteien von links bis rechts und auch die Presse die Garantie für Polen für einen „nicht mehr diskutierbaren Punkt der Ehre halten". Der Bericht hebt allerdings hervor, daß Chamberlain und Halifax in beiden Reden alles vermieden haben, was die gegenwärtige Lage noch verschärfen könnte. Diese Bewertung aus London macht Hitlers bisherige Zuversicht, England könnte Polen zum Schluß doch fallen lassen, schwankend.

    Die Aussicht, wegen Danzig und der Transitwege in einen Krieg mit England zu geraten, widerspricht allen Zusicherungen Hitlers an die Generalität, dies werde er schon zu verhindern wissen. Es verträgt sich auch nicht mit seinen strategischen Vorstellungen von einer zukünftigen deutsch-britischen Zusammenarbeit und Freundschaft. So beschließt Hitler noch am Vormittag des 25. August, den Angriff gegen Polen weiter aufzuschieben und England erneut ein Angebot zu machen. Er läßt den ursprünglich für morgen vorgesehenen Angriff nochmals auf

    288
    ADAP, Serie D, Band VII, Dokument 266
    289
    ADAP, Serie D, Band VII, Dokument 287, Eingang in Berlin telefon. voraus 25. August, schriftlich am 26. August
    unbestimmte Zeit verschieben. 290 Die Begründung gegenüber Keitel ist wie am Tag zuvor: „Ich brauche Zeit zum Verhandeln". Dann bestellt er den englischen Botschafter Henderson zu sich in die Reichskanzlei.

    Um 13.30 Uhr stehen sich die beiden Männer gegenüber. Hitler spricht – nach Hendersons Gesprächsnotiz – „mit ernster Stimme und mit allen Anzeichen der Aufrichtigkeit". 291
    Er knüpft an das letzte Gespräch an, in dem Henderson die Hoffnung auf eine deutsch-britische Verständigung geäußert hatte und stellt ein großes, umfassendes Bündnis mit England in Aussicht, wenn erst einmal das deutsch-polnische Problem gelöst sei. 292
    Hitler klagt dann über die 21 Grenzzwischenfälle der letzten Nacht und versichert, er werde solche „mazedonischen Zustände" an Deutschlands Ostgrenze in Zukunft nicht mehr dulden. Er bedauert, wenn es bei diesem Streit mit Polen Krieg mit England gäbe. Sofort nach der Lösung der deutsch-polnischen Frage werde er der britischen Regierung ein Vertragsangebot unterbreiten, in dem er den Besitzstand des Britischen Empires garantiere, deutsche Hilfe zusichere, wo immer eine derartige Hilfe benötigt werde, in dem er die Endgültigkeit der deutschen Westgrenze ein weiteres Mal bestätige, und in dem er begrenzte koloniale Forderungen friedlich auszuhandeln wünsche. In der Sache, um die es hier geht, bleibt Hitler hart. Er sagt:
    „Das Problem Danzig und Korridor muß gelöst werden. " Und er legt
    nach: „ Wenn die britische Regierung diese Gedanken erwägen würde, so
    könnte sich daraus ein Segen für Deutschland und auch für das Britische
    Weltreich ergeben. Wenn sie diese Gedanken ablehnt, wird es Krieg
    geben."
    Henderson beharrt auf Englands Bündnis mit den Polen und erwidert, das deutsche Bündnisangebot könne erst in Betracht gezogen werden, nachdem die polnische Frage auf dem Verhandlungswege gelöst worden sei. Hitler kontert, daß er seit sechs Monaten versuche, die Danzig-Frage in Gesprächen mit der polnischen Regierung zu klären, daß er Außenminister Beck dazu mehrmals eingeladen und daß der stets abgesagt habe.

    Nachdem Henderson gegangen ist, beschleichen Hitler offensichtlich Zweifel, daß er den Engländer hat überzeugen können. Er bringt seine Anliegen noch einmal in sechs Punkten zu Papier und schickt sie Henderson unverzüglich in die Botschaft nach. In Punkt zwei der Liste schlägt Hitler einen Ton an, der so bisher gefehlt hat. Er bittet, daß Großbritannien bei der Rückgewinnung Danzigs und des Korridors behilflich ist. 293
    Damit ist der Ball bei England, das nun ver
mitteln könnte oder Polen drängen, auf die moderaten deutschen Forderungen
einzugehen.

    290
    Keitel, Seite 249
    291
    British War Bluebook, Document 69
    292
    Die Stichworte aus dem Gespräch sind den Akten des AA entnommen: ADAP, Serie D, Band VII, Dokument 265 und dem British War Bluebook, Document 69
    293
    Benoist-Méchin, Band 7, Seiten 515 f
    Die Zweifel, die Hitler an diesem Tag beschleichen, betreffen nicht nur die Haltung Englands. Italien hat inzwischen in mehreren Noten scheibchenweise mitgeteilt, daß es sich an einem Kriege Deutschlands gegen

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