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Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Titel: Der Krieg, der viele Vaeter gatte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schultze-Rhonhof
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nun nicht mehr brauche.

    Dahlems glaubt an einen Durchbruch und ruft um 22.20 Uhr Marschall Göring in der Reichskanzlei an, um zu berichten. Göring wirkt – so Dahlems – sehr nervös. Er erklärt, daß er für jeden Augenblick den Kriegsausbruch befürchtet. Der englisch-polnische Vertrag vom Vormittag, gleichzeitig mit Hendersons Besuch bei Hitler unterzeichnet, werde vom „Führer" als eine ausdrückliche Erklärung Englands dahingehend aufgefaßt, daß es eine friedliche Lösung nun nicht mehr wünsche. Dahlems informiert noch in der gleichen Nacht den Chef der Zentralabteilung des Außenministeriums in London, wie der Vertrag mit Polen auf den deutschen Kanzler wirkt. Der drückt seine Verwunderung darüber aus, daß der Vertrag in Deutschland mißverstanden werde. Dahlems bittet um einen neuen Termin bei Halifax.

    An diesem Freitag, eine Woche vor dem Kriegsausbruch, wiederholt die britische Regierung ihren Schachzug vom 23. März des Jahres. Mit ihrer Unterschrift unter den britisch-polnischen Schutzvertrag bekräftigt sie noch einmal ihre Rückendeckung für die Polen. Die Chamberlain-Regierung will damit Hitler daran hindern, Danzig dem Deutschen Reich ohne englisch-polnische Zustimmung anzugliedern. Doch sie muß auch wissen, daß sie bei der nun noch einmal gestärkten Haltung Warschaus Hitler vor die Wahl stellt, auf Danzig und den Schutz der deutschen Minderheit in Polen zu verzichten, oder Krieg zu führen. Mit der englischen Unterschrift unter den britisch-polnischen Vertrag am heutigen Tag dreht Chamberlain den Schlüssel in der Tür zum Konferenzsaal der deutsch-polnischen Verhandlungen noch einmal um.

    Sonnabend, der 26. August

    Sechs Tage vor dem Kriegsausbruch.
    Um 7.50 Uhr fliegt Botschafter Henderson nach London, um Hitlers Vorschlag an die britische Regierung zu überbringen.
    Um 11 Uhr gelingt es Dahlems, erneut bei Außenminister Halifax vorzusprechen und ihm die Wirkung des britisch-polnischen Vertrags auf Hitler zu berichten. Dahlems kann den Minister überzeugen, daß Marschall Göring in diesem Au

    304
    Die folgende Gespräche sind wörtlich der schriftlichen Dahlerus-Darstellung entnommen. Siehe Dahlems, Seiten 54 f

    genblick auf deutscher Seite die einzige Persönlichkeit von Einfluß ist, die den Frieden jetzt noch retten kann. 305
    Der Schwede bittet Halifax, Göring einen Brief zu schreiben und Englands ernsten Willen zu einer friedlichen Lösung zu bestätigen. Dahlems kehrt mit dem erbetenen Schreiben zurück nach Deutschland und übergibt es Göring. Der hält die Botschaft für so wichtig, daß er sofort zu Hitler fährt und ihn davon in Kenntnis setzt. Inzwischen ist es wieder Mitternacht.

    Der Brief und Dahlems' mündliche Übermittlung machen Hitler nun für eine Zeitlang glauben, daß England an einer friedlichen Danzig-Lösung interessiert sei, aber bei einer einseitigen gewaltsamen Lösung von deutscher Seite Krieg erklären werde. Des weiteren richtet der Schwede aus, daß Botschafter Henderson am nächsten Morgen mit der offiziellen Antwort der britischen Regierung auf Hitlers Sechs-Punkte-Botschaft in Berlin erscheinen wird.

    Kurz nach Mitternacht (27.8.) läßt Hitler Dahlems zu sich in die Reichskanzlei bestellen. Jetzt wird der Schwede vom Vermittler zwischen Göring und der englischen Regierung zum Vermittler zwischen Hitler und den Briten. Die Konferenz zu tiefer Nacht, die nun über eineinhalb Stunden folgt, wird zum Dialog zwischen Hitler und Dahlems. 306
    Der auch anwesende Göring schaltet sich erst ganz zum Ende ein. Bemerkenswert dabei ist, daß Außenminister von Ribbentrop nicht hinzugezogen wird, der Hitler bis dahin in Bezug auf Englands Reaktionen offensichtlich falsch beraten hat. Hitler schildert seine und Deutschlands Lage, so wie er sie sieht. Dem folgt ein Zwiegespräch, bei dem Hitler Dahlems nach seinen England-Erfahrungen befragt. Dann setzt der „Führer" wieder zu einem seiner Monologe an. Er schildert die Unschlagbarkeit des deutschen Heeres und der Luftstreitkräfte. Dahlems seinerseits versucht, dem deutschen Kanzler klar zu machen, daß das Deutsche Reich einen Seekrieg gegen die Seemacht England niemals wird gewinnen können. Zum Schluß geht Hitler sehr erregt in seinem Zimmer auf und ab, ehe er plötzlich innehält und zu dem schwedischen Vermittler sagt:
    „ Sie Herr Dahlems, haben meine Auffassung gehört. Sie müssen sofort
    nach England reisen, um sie der englischen Regierung mitzuteilen. Ich
    glaube nicht, daß

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