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Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Titel: Der Krieg, der viele Vaeter gatte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schultze-Rhonhof
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Henderson mich verstanden hat, und ich wünsche auf
    richtig, daß eine Verständigung zustande kommt."
    Es wird beschlossen, die Hitler-Position genau zu definieren. Dahlems lernt sie auswendig, um auf dem Flug nach London keine kompromittierenden Papiere mit sich führen zu müssen. Es sind wiederum sechs Punkte, die nun zum Teil schon weiter greifen, als die sechs Punkte, die Hitler Henderson mit auf den Weg gegeben hat:
    „1. Deutschland wünscht ein Bündnis mit England, das alle Streitfragen
    politischer oder wirtschaftlicher Art in Zukunft beseitigen soll."

    305
    Dahlems, Seite 56
    306
    Das folgende Gespräch ist der Dahlerus-Darstellung entnommen. Siehe Dahlems, Seiten 61 ff
    Dieses Angebot gilt also unverzüglich und nicht erst nach der Danzig-Lösung, wie es Hitler vorher vorgeschlagen hatte.
    „ 2. England wird gebeten mitzuwirken, daß Deutschland Danzig und den
    Korridor erhält, jedoch mit Ausnahme eines Freihafens in Danzig, der
    Polen zur Verfügung stehen soll. Polen soll einen Korridor zur Hafenstadt
    Gdingen erhalten und ganz über diese Stadt und ein hinreichend großes
    Gebiet um sie herum verfügen.."
    Hier wird nun mit dem Korridor mehr verlangt, als nur die exterritorialen Transitwege. Da Polen bisher auf die von Hitler vorgeschlagene Minimallösung von sich aus nicht eingegangen ist, hofft er, mit Englands Rückendeckung auch den nicht polnisch bewohnten Teil des Korridors für Deutschland heimzuholen. Göring ergreift einen Atlas, reißt ein Kartenblatt heraus und markiert mit einem Rotstift das Gebiet, das nach dem neuen Wunsch zu Deutschland kommen sollte.
    „ 3. Deutschland verpflichtet sich, Polens Grenzen zu garantieren.
    4. Deutschland wünsche ein Abkommen über Kolonien, über die Rück gabe seiner ehemaligen Besitzungen oder Kompensationen.
    5. Deutschland wünsche Garantien über die Behandlung der deutschen Minderheit in Polen.
    6. Deutschland verpflichtet sich, das Britische Empire, wo immer es an gegriffen werden könnte, mit seiner Wehrmacht zu schützen."
    Dahlems sagt zu, den neuen Vorschlag so schnell wie möglich in London vorzutragen. Es ist inzwischen Morgen, als Hitler, Dahlems und Göring auseinandergehen.

    Am Nachmittag des 26. August, nachdem Halifax Dahlems mit dem Brief an Göring nach Berlin entlassen hatte, empfängt er noch Graf Raczynski, den polnischen Botschafter, und informiert ihn über die Gespräche Hendersons mit Hitler. Dabei gibt er weiter, daß „Hitler nicht die geringste Andeutung gemacht hat, was er als die Lösung der deutsch-polnischen Probleme ansieht." 307
    Hitlers Lösungsvorschlag liegt aber seit dem 24. Oktober vorigen Jahres auf dem Tisch: Danzig und exterritoriale Transitwege gegen Freihafen und Handelsprivilegien in Danzig für die Polen, Grenzgarantien und ein Friedensvertrag für 25 Jahre. Halifax hält das offensichtlich für keinen Lösungsansatz.

    Nachzutragen für den 26. August sind noch die französischen Aktivitäten. Früh um 1 Uhr berichtet Botschafter Coulondre aus der deutschen Hauptstadt nach Paris. Er bringt dabei einen gänzlich neuen Vorschlag in die Debatte ein. Coulondre regt an, einen Bevölkerungsaustausch in sämtlichen deutsch-polnischen Grenzgebieten mit gemischter Bevölkerung vorzunehmen, statt der deutschen Danzig-Forderung nachzugeben. 308
    Der Vorschlag geht noch am gleichen Tag nach Warschau, wo er die Zustimmung des polnischen Außenministers findet.

    307
    Documents Brit. Foreign Policy, Third Series, Volume VII, Document 390 308
    Bonnet, Seite 274

    Am gleichen 26. August erhält Präsident Daladier Hitlers Brief, in dem er schreibt, daß Deutschland von sich aus keinen Krieg gegen Frankreich eröffnen werde. Daladier und Außenminister Bonnet verfassen eine Antwort, welche die drei bekannten Positionen wiedergibt: Die Bündnistreue Frankreichs zu Polen, die Beteuerung des Friedenswillens und der Vorschlag, mit Warschau zu verhandeln. 309
    Erstaunlich ist, daß der Coulondre-Vorschlag mit dem Bevölkerungsaustausch in diesem Schreiben mit keinem Wort Erwähnung findet. Ansonsten ist der Brief kaum hilfreich. Präsident Daladier ergeht sich in einer langen Folge von Friedensbeteuerungen, die alle meinen: „Wir Franzosen sind friedlich, und wer den Danzig-Status anrührt, ist es nicht." Die französische Regierung denkt fünf Tage vor dem Krieg von sich aus nicht daran, das von ihr in Versailles mitgeschaffene deutsch-polnische Problem, den Status des Freistaates Danzig, zur Disposition zu stellen und

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