Der Krieg, der viele Vaeter gatte
alles an dem nächsten Schritt der Polen. Hitler gibt sich gegenüber Polen skeptisch. Für ihn steht jetzt nicht nur Danzig auf dem Spiel, sondern vor allem sein ersehnter Pakt mit England. Und er weiß, daß er in dieser Hinsicht in der Hand der Polen steckt. Göring sieht alles etwas optimistischer. Er glaubt an eine faire Vermittlungstätigkeit der Briten. Schließlich hat er Dahlems die Botschaft mit nach London auf den Weg gegeben, daß der „Führer" ein großzügiges Angebot an Polen vorbereitet. 344
Anstelle eines polnischen Unterhändlers trifft um 17.30 Uhr die Nachricht aus der deutschen Botschaft in Warschau ein, daß seit heute morgen in ganz Polen die Generalmobilmachung öffentlich bekanntgegeben wird. 345
Als auch am Nachmittag noch niemand aus Warschau angekündigt wird, und Hitlers Hoffnung schwindet, bestellt er General von Brauchitsch, den Oberbefehlshaber des Heeres, und General Keitel, den Chef des Oberkommandos der Wehrmacht, in die Reichskanzlei und verschiebt den bisher auf den 31. August festgelegten Beginn des Angriffs gegen Polen noch einmal um 24 Stunden. 346
Neuer X-Tag ist nun der
1. September, Angriffszeit ist 4.45 Uhr. Hitler räumt sich damit selber eine weitere Chance ein, ohne Blutvergießen zum Erfolg zu kommen. Für ihn ist ein Krieg, zwei Tage bevor er ihn eröffnet, offensichtlich noch immer nur der schlechtere von zwei Lösungswegen.
In Warschau ist die polnische Regierung derweil nach wie vor der Überzeugung, daß Hitler blufft und selber in der Klemme steckt. 347
Man hält die letzte Drohung Hitlers, am 26. August in Polen einzumarschieren, nachträglich für ein mißglücktes Einschüchterungsmanöver, dem nun ein zweites folgen wird. Außenminister Beck glaubt, man müsse das nur mit guten Nerven aussitzen. Gerüchte über einen bevorstehenden Aufstand der Wehrmachtsgenerale und die Gewißheit der
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Dahlerus, Seite 102
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AA 1939 Nr. 1, Dokument 13 346
v. Below, Seite 191
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Rassinier, Seite 292
englischen und französischen Waffenhilfe unterstützen Beck in seinem Glauben. Er ist entschlossen, niemand nach Berlin zu schicken.
Auch aus Paris und Washington kommt an diesem Tage kein Impuls an Polen, das Risiko des Kriegsausbruchs zu mindern. Eher gespenstisch wirkt das, was sich zwischen Washington, Paris und Warschau abspielt. Man beschwört sich gegenseitig, hart zu bleiben. Frankreichs Chef des Außenamtes Leger legt Premierminister Daladier darauf fest, die Polen nicht zu zwingen, mit den Deutschen zu verhandeln. 348
Er tut dies – was ja ungewöhnlich ist – im Beisein des amerikanischen Botschafters Bullitt, was einem Signal an Roosevelt gleichkommt. Ganz ähnliches spielt sich zur selben Zeit in Warschau ab. Dort läßt man den amerikanischen Botschafter Biddle wissen, was die Polen von Hitlers Vorschlag halten und wie es weitergehen soll. Um 19.30 Uhr meldet Biddle aus Warschau an Außenminister Hull in Washington, daß der polnische Außenminister Beck zu Hitlers Verhandlungsangebot „40 mal Nein" gesagt hat. 349
Noch immer gibt es keine Warnung der Amerikaner an die Polen, daß sie jetzt auch von Osten her bedroht sind. Am späten Abend wird Biddle noch einmal zu Beck bestellt, der ihm die Gründe auseinandersetzt, warum er keine Kompromisse eingeht. Beck sagt auch, daß er nicht gedenkt, einen Verhandlungsführer nach Berlin zu schicken. Beck hat sich mit dem Offenlegen seiner Absicht den Segen Washingtons geholt, da Biddle ihm nicht abrät.
Bei dieser Haltung Polens fällt der Blick unwillkürlich zurück auf England, den Vermittler in der Krise. Um 10 Uhr morgens, kurz vor Dahlems' Ankunft bei Premierminister Chamberlain, geht dort ein Telegramm vom englischen Botschafter Kennard aus Warschau ein. 350
Kennard berichtet, wie er die momentane Lage in Polen sieht, und er teilt mit, was er selbst von Hitlers so kurz anberaumter Frist und von Berlin als Tagungsort für die deutsch-polnischen Gespräche hält. Kennard ist sich sicher, daß Beck nicht nach Deutschland reisen wird, und daß Polen eher kämpfen und untergehen werde, als daß Beck jemanden nach Berlin entsendet. Kennard schreibt, daß die polnische Regierung, welche die deutschen März-Vorschläge ohne die Rückendeckung Englands abgelehnt hat, nun weitergehende deutsche Forderungen unmöglich annehmen könne, wo sie England und Frankreich als Verbündete an ihrer Seite hat. Was Kennard nicht erwähnt, ist, was er Außenminister Beck denn nun geraten hat. Sein Bericht
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